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Gratisabos der Arosa Bergbahnen: Der Weckruf ist angekommen

Seit das Angebot der Arosa Bergbahnen AG (ABB) von vergünstigten Abos an Mitglieder des Parlaments und des Gemeindevorstandes von Arosa in den Medien ist («Südostschweiz» berichtete), führt die Staatsanwaltschaft Vorermittlungen. Grund sind die von Amtes wegen zu verfolgenden Delikte des Gewährens und des Annehmens von «nicht gebührenden Vorteilen». Das Verbot zum Schutz der Unabhängigkeit von Behörden und Beamten richtet sich sowohl an die gebende als auch die nehmende Seite und beide können sich strafbar machen.
Im vorliegenden Fall gibt es aber einen relevanten Unterschied zwischen den beiden Seiten: Während die ABB als Geberin ein an einer Börse kotiertes Unternehmen mit Juristen im Verwaltungsgrat ist, sind die Behördenmitglieder Bürgerinnen und Bürger, welche vielleicht zum ersten Mal in eine kommunale Milizbehörde gewählt wurden. Von ihnen kann nicht die gleiche Rechtskenntnis verlangt werden, wie von der ABB. Die meisten werden sich beim Angebot der ABB gesagt haben, wenn das «Geschenk» von der ABB kommt und schon so lange verteilt wird, wird es schon in Ordnung sein. Dieses Informationsgefälle zwischen Geberin und Nehmern war denn auch der Grund, weshalb in einem ersten Schritt versucht wurde, den Verwaltungsrat der ABB davon abzubringen, diese «Tradition» weiterzuführen und das Angebot zurückzuziehen. Leider gelang das nicht. Vielleicht bewirken dies nun die mediale Aufmerksamkeit und die drohende Strafuntersuchung.
Bezüglich Strafverfahren ist zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft gestützt auf das Opportunitätsprinzip nach den Vorermittlungen keine Untersuchung gegen die Behördenmitglieder einleitet. Denn würde eine Untersuchung an die Hand genommen, müsste sie konsequenterweise gegen sämtliche Aroser Mandatsträger geführt werden, die jemals das Angebot angenommen haben und wofür die Verjährung noch nicht eingetreten ist. Zu diesem Kreis könnten alle, seit der Fusion im Schanfigg in ein solches Amt gewählten Personen gehören. Das scheint unverhältnismässig und für die Vermeidung erneuter Verstösse seitens der Behördenmitglieder nicht notwendig.
Denn: Selbst, wenn strafrechtliche Konsequenzen ausbleiben, der Weckruf ist in Arosa angekommen.

Reto Thomas Ruoss
18.05.21 - 16:42 Uhr
Leserbrief
Ort:
Arosa
Zum Artikel:
«Gratisabos für Aroser Politik sorgen für kritische Fragen», Ausgabe vom 29. April
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Aroser hören nicht gerne zu: weder ABB iS gratisabo. noch Hoch-Bauamt das nicht bewilligte Änderungen zu schützen versucht statt Erlass einer rückbauverfügung!

Des Aroser Parlamentariers und Rechtsanwalts Ruoss quasi Exkulpation der Gewählten scheint opportun, tatsächlich finde ich sie unlogisch:
1)
Wenn man Parlament, Gemeindevorstand, Beamten nicht zumuten dürfte, über diese Gesetze (wie Artikel 322 im Strafgesetzbuch) Bescheid zu wissen, wieso gibt es diese Gesetze überhaupt?
2)
Zudem wird es dem "Personal" Arosa sogar explizit buchstabiert (in der Personalverordnung der Gemeinde Arosa, die zu lesen zumutbar bzw. Pflicht sein dürfte wie die Steuererklärung, falls das StGB schon nicht zu den Romanen auf dem Nachttischlein zählen sollte):
Zitat SO: Während im Strafgesetzbuch nicht klar festgelegt ist, ab wann es sich um einen «nicht gebührenden Vorteil» handelt, steht in der Personalverordnung der Gemeinde Arosa klipp und klar: Geschenke über einem Wert von 200 Franken fallen unter das Geschenkannahmeverbot.
https://www.suedostschweiz.ch/tourismus/2021-05-15/arosa-ist-wegen-skia…
3)
Gibt es im vorliegenden Fall nicht klare Indizien, dass Betreffende sogar NACH zusätzlicher Spezialaufklärung sich uneinsichtig zeigen? Siehe drei Zitate aus SO:
3.1) Arosa-Gemeindepräsidentin Yvonne Altmann : «Aber ich sehe darin SICHER keine Korruption.»
https://www.suedostschweiz.ch/politik/2020-10-25/yvonne-altmann-ist-ers…
3.2) Höherer Beamter ist Roger Friess, Leiter des Aroser Tiefbauamts. Gegenüber dieser Zeitung sagt Friess: Er habe keinen Brief von den Bergbahnen bezüglich vergünstigten Skitickets erhalten. Ob er jedoch generell kein Gratisskiabo von den Bergbahnen erhalte, darüber wolle er keine Auskunft geben.
3.3) Lorenzo Schmid, langjähriger Verwaltungsrat der Arosa Bergbahnen und ehemaliger Gemeindepräsident sagt klipp und klar, dass sich der Verwaltungsrat bereits entschieden habe, die Praxis auch im nächsten Jahr fortzusetzen. Generell sieht er die Verflechtungen zwischen Bergbahnen, Arosa Tourismus und Behörden nicht als etwas Schlechtes an, im Gegenteil. «Es hat nur Vorteile», betont er. «Arosa ist ein Unternehmen – hier ziehen alle am gleichen Strang.»
https://www.suedostschweiz.ch/tourismus/2021-04-29/parlamentarier-kriti…
Ich frage:
Family Business? NOCH dicker auf den Punkt (des Ausrufezeichens) bringen, als es der Ex-Gemeindepräsident (2010 bis 2020) und Bergbahnen-Verwaltungsrat von Arosa, Lorenzo Schmid (Wikipedia: juristischer Berater des EHC Arosa und Rechtsanwalt in Arosa und Chur), tut, könnte man es mutmasslich nicht im Kanton des Baukartellskandals, in dem ich seit rund sechs Jahren die "Strategien" von Graubünden Ferien (GRF) kritisiere.
Siehe auch meinen Kommentar:
https://www.suedostschweiz.ch/aus-dem-leben/2021-05-07/es-droht-eine-an…

Bei Schliessung wegen Corona im Frühjahr 2020 gab es keinerlei Teilrückerstattung für gekaufte saisonabo ‚s, an langjährige Gäste, wohl aber für Tages- und Wochenkarten.
Und jetzt das mit Gratisabo‘s.! Komische Politik. Ich kaufe kein saisonabo mehr!

Endlich mal ein Volksvertreter, der den Sorgen und Nöten der Bürger auf den Grund geht und sich für die Interessen von ganz Arosa einsetzt. Machen Sie weiter so Herr Ruoss!

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