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Geschwächtes Wild wird von Hunden gehetzt

Rehe sind in strengen Wintern mit viel Schnee nicht nur entkräftet, weil es wenig Futter gibt. Es kommt auch zu mehr Rissen durch wildernde Hunde.

Ursina
Straub
11.05.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Besser angeleint: Hunde sollten an der Leine geführt werden, damit sie nicht wildern.
Besser angeleint: Hunde sollten an der Leine geführt werden, damit sie nicht wildern.

Insgesamt 70 Rehe wurden seit vergangenem Juni bis heute von Hunden gerissen. Zudem töteten Hunde vier Hirschkälber und bissen eine Gämse tot. Das sind aber erst vorläufige Zahlen. Ausgewertet wird jeweils ein Jagdjahr. Und das dauert von Anfang Juni bis Ende Mai.

Am meisten Wildtiere werden von Januar bis April von Hunden gejagt und durch Bisse tödlich verletzt, wie der kantonale Jagdinspektor Adrian Arquint sagt. «Die aktuellen Zahlen zeigen, dass sich die Fälle nach einem strengen Winter mit viel Schnee häufen. Weil sich das geschwächte Wild dann oft in Siedlungsnähe aufhält.»

In diesem Jagdjahr wurden viel mehr Rehe von Hunden erbeutet. Im Durchschnitt sind es nämlich jährlich rund 50 Rehe. Das geht aus der eidgenössischen Jagdstatistik hervor. Bis zu sieben Prozent des gefundenen Fallwilds gehen gemäss Jagdinspektor Arquint auf das Konto von Hunden. «Das ist immer eine Tragödie», sagt er. «Und es ist ein Tierschutzproblem.» Denn so weit dürfte es gar nicht kommen. «Der Hund muss vom Hundehalter kontrolliert geführt werden», betont Arquint. Er appelliert deshalb an die Hundehalter, ihre Hunde in strengen Wintern vermehrt an der Leine zu führen.

Kadaver nahe bei Siedlungen

Laut eidgenössischer Jagdstatistik wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten – abgesehen von vier Ausnahmen – jährlich mehr Rehe von Hunden gerissen als von Grossraubtieren. Arquint erklärt diese Zahlen so: «Von einem Reh bleibt fast nichts übrig, wenn es von einem Wolfsrudel gerissen wird. Deshalb finden wir weit weniger Wild, das von einem Luchs, Bär oder Wolf gerissen wurde.» Dazu komme, dass Hunde die Wildtiere oft in Siedlungsnähe attackierten. «So stösst die Wildhut viel eher auf die Kadaver.»

Gesamthaft machen die Risse von Hunden und Grossraubtieren aber nur einen kleinen Teil des Fallwilds aus. Fast zehn Mal mehr Rehe verenden im Verkehr, es ist die häufigste Todesursache beim Fallwild. Und rund fünf Mal mehr Rehe sterben an Alter, Krankheit oder Schwäche.

Nur die Hälfte wird verzeigt

Um die Wildtierrisse durch Hunde tief zu halten, würden Warntafeln angebracht, erklärt Amtsvorsteher Arquint. Es würden Kontrollen durchgeführt, und in Notsituationen ordne das Amt für Jagd und Fischerei einen Leinenzwang an. Zudem sensibilisiere man Hundehalter, und fehlbare Halter würden durch die Wildhut verzeigt.

Allerdings kann nur in rund der Hälfte aller Fälle der Hundehalter ermittelt werden. Im vergangenen Jahr kam es zu 19 Verzeigungen. 23 Verzeigungen waren es im Vorjahr.

Raubtier gut erkennbar

Ein Hund greift das Wild anders an als ein Grossraubtier. Die Risse sind offenbar gut unterscheidbar. «Unsere Wildhüter sind diesbezüglich sehr erfahren», sagt Arquint. «Sie können in der Regel einen Hunderiss von einem Riss durch ein Grossraubtier unterscheiden.» Nötigenfalls könne auch eine DNA-Analyse hilfreich sein.

Der Luchs beispielsweise geht seine Beute gemäss einem Merkblatt der Grossraubtierfachstelle Kora nicht wie ein Hund an. Er sei ein Überraschungsjäger, steht im Merkblatt. Das heisst, der Luchs schleicht seine Beutetiere an, überwältigt sie ohne lange Verfolgungsjagd und tötet mit einem gezielten Biss in die Kehle. Zu den Kadavern kehren die Luchse mehrmals zurück. Sie decken diese deshalb mit Laub oder Schnee zu.

Tod durch Schütteln

Bei einem Hunderiss hingegen ist das Gewebe des Beutetiers durch das «Todschütteln» oft stark zerrissen, wie es auf dem Kora-Merkblatt weiter heisst. Das Beutetier weist häufig Bissverletzungen an Bauch und Beinen auf. Der Kadaver ist aber selten angefressen.

Hunde beissen das Wild nicht unbedingt tot – die Tiere verenden auch später durch die Verletzungen. «Wie das Tier zu Tode kommt, hängt vom Verhalten des Hundes und von der Kondition des Beutetiers ab», so Arquint.

Ursina Straub schreibt als Redaktorin der «Südostschweiz» für den Regionalteil der Zeitung und für Online. Ihre Themenschwerpunkte sind Landwirtschaft, Alp, Jagd, Grossraubtiere, Natur; zudem berichtet sie regelmässig aus dem Grossen Rat. Die gelernte Journalistin, diplomierte Landwirtin und Korrektorin EFA ist auch Leiterin Qualität. Mehr Infos

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SO schreibt:
"Überraschungsjäger Luchs schleicht seine Beutetiere an, überwältigt sie ohne lange Verfolgungsjagd und tötet mit einem gezielten Biss in die Kehle.
Bei einem Hunderiss hingegen ist das Gewebe des Beutetiers durch das «Todschütteln» oft stark zerrissen, wie es auf dem Kora-Merkblatt weiter heisst. Das Beutetier weist häufig Bissverletzungen an Bauch und Beinen auf. Der Kadaver ist aber selten angefressen. Hunde beissen das Wild nicht unbedingt tot – die Tiere verenden auch später durch die Verletzungen. «Wie das Tier zu Tode kommt, hängt vom Verhalten des Hundes und von der Kondition des Beutetiers ab», so Arquint."
Das finde ich "unter jedem Hund bzw. Hundebefürworter". Der natürliche Wolf gibt quasi einen Volksaufstand, die unnatürlichen Hunde nicht?
Ich finde das auch schlecht für Tourismus und Einheimische.
Siehe Kommentar:
https://www.suedostschweiz.ch/ereignisse/2018-05-07/felssturz-im-scalae…

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