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Wie Christophe Darbellay die CVP mit dem EWR irritiert

Der CVP-Präsident lanciert die EWR-Debatte neu. Allem Anschein nach, ohne dies in seiner Partei angekündigt zu haben.

Südostschweiz
30.11.12 - 01:00 Uhr
News

Von Doris Kleck

Bern. – Geplant war die Diskussion der CVP-Bundeshausfraktion zur Schweizer Europapolitik schon seit einiger Zeit. Für den nächsten Dienstag hat die Fraktion Franz Blankart, den einstigen EWR-Chefunterhändler sowie Carl Baudenbacher, Präsident des Efta-Gerichtshofes, eingeladen. Blankart und Baudenbacher sehen den bilateralen Weg der Schweiz am Ende. Sie optieren für den Beitritt der Schweiz zum EWR – und haben offenbar CVP-Präsident Christophe Darbellay überzeugt.

Darbellay lancierte in der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens die Debatte um einen EWR-Beitritt neu. Eine Mitgliedschaft im EWR brächte der Schweiz einen besseren Marktzugang und Rechtssicherheit. Deshalb solle der EWR-Beitritt dem Schweizervolk erneut unterbreitet werden. Bedingung wäre jedoch der vorherige Rückzug des EU-Beitrittsgesuchs durch den Bundesrat, das seit 1992 in Brüssel liegt.

Mit seinem medialen Vorpreschen dürfte dem CVP-Präsidenten eine hitzige Europadiskussion in der Fraktion garantiert sein – denn sie erfolgte ohne parteiinterne Absprachen. Zwar stärkte ihm Fraktionschef Urs Schwaller gestern demonstrativ den Rücken. Man müsse Darbellay zugutehalten, dass er eine Diskussion zu einem heiklen Thema anstosse. Die Europafrage erinnere an das Bankgeheimnis, wo sich ebenfalls jahrelang niemand bewegt habe: «Und nun ändern wir alle drei Monate unsere Position und geben Stück für Stück das Bankgeheimnis auf», sagte Schwaller.

Einige Fraktionsmitglieder aber zeigten sich verärgert darüber, dass Darbellay seine Idee zuerst in den Medien präsentiert. Andere sprachen hinter vorgehaltener Hand gar von einem «Eigengoal»: Darbellay liefere SVP-Nationalrat Christoph Blocher beste Munition für seine Gedenkveranstaltung vom Sonntag anlässlich der EWR-Abstimmung vor 20 Jahren. Gar nicht erst äussern wollte sich CVP-Nationalrat Gerhard Pfister (Zug), der als interner Gegenspieler von Darbellay gilt.

Offensiver als ihre Deutschschweizer Kollegen sprachen sich gestern die Romands aus. Aussenpolitiker Luc Barthassat (CVP, Genf) bezeichnet den Moment für eine EWR-Diskussion als falsch. Zunächst müsse die Schweiz ihre Probleme mit den Banken lösen, dann könne man die Europafrage in aller Ruhe angehen. Derzeit fände sich in der Bevölkerung keine Mehrheit für einen EWR-Beitritt. Eine Meinung, welche Darbellays Parteifreunde in der aussenpolitischen Kommission des Ständerates, Jean-René Fournier (Wallis) und Anne Seydoux-Christe (Jura), teilen.

Vor einem Jahr: «Bilaterale plus»

Das letzte Positionspapier der CVP Schweiz trägt den Namen «Bilaterale plus». Es ist noch nicht einmal ein Jahr alt. Darin spricht sich die CVP dezidiert gegen die automatische Übernahme von EU-Recht aus – womit die Partei einen EWR-Beitritt ausschloss. Darauf verweist der Appenzeller

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