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Hohe Mieten – braucht es einen Mietpreisdeckel?

Regulatorische Eingriffe in den mehrheitlich gut funktionierenden Mietwohnungsmarkt der Schweiz sind immer wieder ein Thema – vor allem bei Fehlentwicklungen. Welche Folgen hätten solche Eingriffe? Beispiele aus dem Ausland geben mögliche Antworten auf diese Frage.

Wohnen
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17.11.20 - 11:15 Uhr
Mieten deckeln, ja oder nein?
Mieten deckeln, ja oder nein?
zVg

von Remo Fetz, MAS ZFH in Real Estate Management/Eidg. Dipl. Immobilientreuhänder, Montana AG Liegenschaften, Chur

Regulierungen im Mietwohnungsmarkt sind historisch betrachtet ein häufig verwendetes Instrument. Das Thema «Preisgünstiger Wohnraum» stellt dabei ein zentrales Bedürfnis der Gesellschaft dar. Die Diskussionen sind dabei geprägt von individuellen Wünschen und Bedürfnissen und resultieren in emotionalen Grundhaltungen. Dies wird verstärkt, je höher der Anteil der Mieter ist, welcher von Mietzinsen und deren Entwicklung direkt betroffen ist.

Warum wurde oder wird reguliert?

Regulatorische Eingriffe werden dann getroffen, wenn eine unerwünschte Situation eintritt. So musste in den Nachkriegsjahren massiv in Objektförderung investiert werden, um der Bevölkerung überhaupt genügend Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. Weiter wird speziell dann der Staat angerufen, wenn sich die Mietzinsen schnell erhöhen. 
Die Ursachen werden jedoch nicht alleine durch regulatorische Eingriffe bekämpft. So hat die Einführung einer Mietpreisobergrenze in Berlin sowohl einen kurz- als auch langfristigen Einfluss auf das Angebot und die Nachfrage. In einem funktionierenden Markt, wie er in der Schweiz herrscht, führt dies aus Sicht der Investoren zwangsläufig zu einer marktwirtschaftlichen Verzerrung und zur Verknappung des Angebots aufgrund des Attraktivitätsverlusts. Im Weiteren werden sich die Renditen gegenüber den Investitionen reduzieren, was mittel- und langfristig die Substanz der Bauqualität des Immobilienparks in der Schweiz leiden lässt. 
Dies zeigt sich beispielsweise in Genf, wo aufgrund von zusätzlichen Regulierungen im Bereich der Investitionen und deren Umwälzung auf die Mieter falsche Anreize gesetzt werden und darum Bauqualität und Unterhalt vernachlässigt werden. Ein staatlicher Eingriff macht deshalb lediglich bei einer wirtschaftlichen Instabilität Sinn, da in Krisen das Wohnen meist zu teuer wird. 

Ein Blick ins Ausland

In Ländern, in denen die Mietpreiskontrollen der ersten Generation angewendet wurden (beispielsweise in den USA), kann man sehen, dass mit einer Mietpreisbegrenzung das gewünschte Ziel nicht erreicht wurde. Die Mietpreisdeckelung in Grossstädten kann flächendeckend und international als gescheitert bezeichnet werden. Regulierungen bringen langfristig eine hohe Anzahl an alten Wohnungen mit schlechtem Ausbaustandard und schlechter Bausubstanz. Der Mietpreisdeckel, welcher in Deutschland bereits seit 2015 besteht, wurde in Berlin Anfang 2020 nochmals verschärft. Bereits jetzt spürbare Folgen: fehlende Investorenanreize und «Ghettoisierung».

Blick ins Inland

Die Einführung einer schweizweiten Mietpreisdeckelung ist in Agglomeration- und Landgebieten aufgrund der steigenden Leerstandsquote ohnehin nutzlos, da die Nachfrage bereits heute vor allem in peripheren Gebieten durch das vorhandene Überangebot problemlos gedeckt wird und die Preise dadurch tendenziell sinken dürften. In den Grossstädten wird durch die Mietpreisentwicklung der Nachfragedruck noch höher. Natürlich profitieren bestehende Mieter davon, neue Mieter oder Umzugswillige sehen sich jedoch mit hohem Suchaufwand und steigenden Mietkosten konfrontiert. Auch Experten aus allen politischen Lagern sind der Meinung, ein Mietzinsdeckel sei das falsche Instrument.

Deregulierung oder Regulierung? 

Braucht es in der Schweiz überhaupt eine hohe Regulierung des Mietwohnungsmarktes oder ist eher eine Deregulierung vonnöten? Schweden musste aufgrund des durch Regulatoren entstandenen Schattenmarkts erst kürzlich eine Deregulierung einführen. Eine Umfrage bei diversen Experten hat aufgezeigt, dass eine Deregulierung Sinn machen kann – alle Experten waren sich aber einig darüber, dass es Grundregulatoren braucht. 

Ist unser System zu komplex?

Das heute gültige Schweizer Mietrecht ist sehr komplex. Laien sehen sich in der Praxis ohnehin oft überfordert, weshalb Anstrengungen unternommen werden müssten, das Schweizer Mietrecht zu vereinfachen. Speziell die Definition der «missbräuchlichen Miete» führt in der aktuellen Rechtssprechung immer wieder zu Problemen. Eine Deregulierung im Sinne eines einfacheren und klaren Mietrechts, das für jedermann verständlich ist, könnte sich somit positiv auf den gesamten Schweizer Mietwohnungsmarkt auswirken.

Fazit

Diverse Analysen und Expertenmeinungen bestätigen, dass die Schweiz im Grundsatz einen gut funktionierenden Mietwohnungsmarkt hat. Es gibt jedoch kaum ein emotionaleres politisches Thema als das Mietrecht. Die politischen Verzahnungen und Positionen sind klar –eine Mehrheit wird in der aktuellen Konstellation im Bundeshaus nicht zu mobilisieren sein, umfassende Änderungen der geltenden Regulierungen anzupacken. Realistisch wäre eine umfassende Reform wohl nur, wenn sich die Schweiz infolge Unruhe, Krisen oder anderweitiger Szenarien (markanter Zinsanstieg/Referenzzins u.a.) mit einem erhöhten wirtschaftlichen oder sozialen Druck konfrontiert sähe. Der Leidensdruck ist hierfür aber aktuell zu klein und das politische Risiko zu gross. Somit kann festgehalten werden, dass ein Mietzinsdeckel für die Schweiz nicht das richtige Instrument ist.
 

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