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Einheimische und «Zweitheimische» sitzen im gleichen Boot

Der alpine Tourismus steckt in der Krise. Die Zweitwohnungsbesitzer werden vermehrt mit zum Teil hohen Tourismusabgaben zur Kasse gebeten. Diese fordern einerseits Mitsprache und andererseits Transparenz über den Einsatz der Gelder.

Wohnen
Südostschweiz
09.12.16 - 11:03 Uhr
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Die Zweitwohnungsbesitzer werden vermehrt mit zum Teil hohen Tourismusabgaben zur Kasse gebeten.
Bild Archiv SO

Für die weitere touristische Entwicklung wäre es wichtig, auf eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Ein- und «Zweitheimischen» zu setzen.

Reto Nick / Geschäftsführer des Hauseigentümerverbands (HEV) Kanton Graubünden)

Der Bündner Tourismus steckt in einer schwierigen Situation. Frequenzen und Einnahmen sind im Sinkflug. Einige Regionen und Gemeinden – zum Glück nicht alle – haben nun damit begonnen, ihre abnehmenden Einnahmen mit zum Teil unverhältnismässig hohen Belastungen der Zweitwohnungseigentümer zu kompensieren. Dies darf jedoch nicht zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung zwischen Einheimischen und Zweitwohnungsbesitzern führen. Es ist nicht zielführend, wenn eine Bevölkerungsgruppe herausgepickt wird und ihr Steuern, Abgaben und Gebühren aufgezwungen werden, damit die Hotellerie, das Gewerbe, die Landwirtschaft und der Erstwohnungsbau subventioniert werden.

Immobilienbesitzer sind grundsätzlich «immobil». Deshalb kann man sie eher mit Steuern und Abgaben belasten. Aber viele Zweitwohnungsbesitzer sind auch volatil und haben genügend Substanz, um abzuwandern.

Die kalten Betten sind hausgemacht
Die so genannten kalten Betten wurden in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts durch eine steigende Nachfrage in den Tourismusorten und entsprechende Angebote des Bausektors geschaffen. Dabei wurden Einfamilienhäuser sowie Wohnungen als «Zweitwohnungen» erstellt und über viele Jahre gutes Geld verdient. Auch die Gemeinden und der Kanton profitierten und profitieren immer noch von diesen Gästen. Mit anderen Worten: Die kalten Betten sind hausgemacht.

Die Illusion der warmen Betten
Mit der Zweitwohnungsinitiative, der schwächelnden Konjunktur und mit dem starken Franken sind die Bündner Wirtschaft, aber auch viele Gemeinden unter Druck geraten. Es stellt sich für Graubünden zunehmend die Frage, wie mit dieser Situation umgegangen werden soll?
Dazu wurden von verschiedenen «Playern» Lösungsansätze entwickelt respektive angeregt. Einer davon besteht darin, die kalten Betten in warme, sprich vermehrt bewirtschaftete Betten umzuwandeln. Dies mittels höheren Steuern und Abgaben oder auch mit anderen Anreizen. Dabei nimmt man das auf kantonaler Ebene gescheiterte Tourismusabgabegesetz und adaptiert dieses auf die Regionen. Es zeigt sich jedoch, dass die Auslastung weder mit höheren Abgaben und Gebühren noch mit höheren Steuern verbessert wird. Der Zweitwohnungsbesitzer leistet sich eine Zweitwohnung, weil er diese nicht mit Dritten teilen will.

Zweitwohnungsbesitzer bringen Gäste
Zweitwohnungsbesitzer sind eine bedeutende und kostenlose Marketingorganisation für die jeweiligen Tourismusgebiete und bringen zusätzliche Gäste für Hotels, Restaurants und Bahnen in die Region. Anstatt diese oft langjährigen Gäste zu schätzen, wird ihnen vorgeworfen, sie bezahlten die Infrastruktur nicht und seien mit ihren kalten Betten eine Belastung für die Gemeinde.

Alle sitzen im gleichen Boot
Die Zweitwohnungsbesitzer müssen sich an der Tourismusfinanzierung beteiligen, das ist klar. Sie verlangen dafür erstens ein gewisses Mitspracherecht und zweitens Transparenz in Bezug auf den Einsatz der Mittel.

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