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Unterschiedliche Interessen bei der Sanierung von Stockwerkeigentum

Nach Einführung des Stockwerkeigentums im Jahr 1965 erlebte die Erstellung von Mehrfamilienhäusern gerade in Tourismusregionen einen Boom. Mittlerweile sind die Gebäude in die Jahre gekommen, und es stellen sich bei unterschiedlicher Interessenslage Fragen der Instandhaltung.

Wohnen
Südostschweiz
28.10.16 - 13:26 Uhr
Wohnen
Unterschiedliche Interessen bei der Sanierung von Stockwerkeigentum
Bild Archiv SO

Autor: Thomas J. Meile / Rechtsanwalt bei der Rechtsberatungsstelle HEV Oberengadin/Unterengadin

Anlass zu Diskussionen liefert häufig die in die Jahre gekommene Heizanlage. Eine Stockwerkeigentümergemeinschaft (StWEG) muss dann entscheiden, ob sie allein die Heizung ersetzen oder eine allgemeine wärmetechnische Sanierung des Hauses vornehmen will. Es wird dabei im Einzelfall abzuklären sein, welche baulichen Massnahmen nötig, welche wünschbar und welche Kosten damit verbunden sind. Dies ist wichtig für die Eigentümer, damit sie die Finanzierung bereitstellen können, weil der Erneuerungsfonds gerade bei umfassenden Renovationen oftmals nicht ausreicht.

Was ist zu beachten?
Zunächst geht es darum, den baulichen Ist-Zustand durch einen Fachmann zu ermitteln. Daraus ergibt sich der Umfang des Sanierungsbedarfs im Detail. Das dafür benötigte Kapital ist anhand Vergleichsofferten zu bestimmen. Danach kann die sorgfältige Planung, eventuell mit einer Etappierung der Überholung, an die Hand genommen werden.
Auch in rechtlicher Hinsicht sind einige Punkte zu beachten. Da es sich um gemeinschaftliches Eigentum handelt, hat die Stockwerkeigentümerversammlung entsprechende Beschlüsse zur Sanierung, zur Bewilligung der Kosten sowie zur Finanzierung zu fassen. Dabei sind nicht überall die gleichen Mehrheiten erforderlich. Steht nur der Ersatz der bestehenden Heizung zur Diskussion, gilt nach Gesetz das einfache Mehr der Stockwerkeigentümer. Wird darüber hinaus eine wärmetechnische Sanierung der Gebäudehülle beabsichtigt, ist die doppelte Mehrheit nach Köpfen und Wertquoten erforderlich. Indessen ist es denkbar, dass die Mehrheiten in einzelnen Gemeinschaften anders geregelt sind. Darum ist es unentbehrlich, das Reglement der betreffenden StWEG zu konsultieren. Ist zum Beispiel der vollständige Ersatz von Aussenputz oder Fenstern vorgesehen, so gilt dies als Umbau. Dafür sind die massgebenden Energievorschriften von Bund und Kanton einzuhalten. Diese verlangen, dass Umbauten und Umnutzung bestehender Gebäude, die zur Erfüllung ihres Zwecks Energie benötigen, nach dem aktuellen Stand der Technik geplant und ausgeführt werden.

Unterschiedliche Interessenlagen
Die heute mehr oder weniger sanierungsbedürftigen Gebäude wurden oft zusammen mit den ursprünglichen Stockwerkeigentümern alt. Ist ein solcher ohne Erben und will die Wohnung so lange nutzen, wie dies für ihn möglich ist, so fehlen ihm häufig die finanziellen Möglichkeiten oder auch die Lust, im AHV-Alter noch Kapital für eine Sanierung, welche über das Nötigste hinausgeht, zu beschaffen oder zu binden. Demgegenüber hat der Erwerber einer solchen Alt-Wohnung – sei es zufolge Verkaufs oder Erbgangs – einen langfristigen Zeithorizont und ist tendenziell Befürworter von weitgehenden, werterhaltenden und gar wertsteigernden baulichen Massnahmen, zumal Förderbeiträge der öffentlichen Hand einen zusätzlichen Anreiz schaffen. Diesen Konflikt muss jede StWEG auf ihre eigene Art aufgrund ihrer besonderen Gegebenheiten lösen.

Individuelle langfristige Planung
Umfassende Überholungen älterer Liegenschaften sind auf jeden Fall begrüssenswert, und zwar aus Sicht von Energiebehörde, Wirtschaft und nicht zuletzt – wegen der Erhaltung und qualitativen Verbesserung der Bausubstanz – aus Sicht des Stockwerkeigentümers. Für diesen empfiehlt sich deshalb eine frühzeitige individuelle Planung seiner eigenen Zukunft und derjenigen seines Stockwerkeigentums.

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