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Bündner Pfirsiche aus Zentralasien

Noch setzen erst wenige Bündner Bauern auf Pfirsiche. Der Domleschger Andi Schmid möchte das ändern und Pfirsiche als Nischenprodukt fördern. Mit Sorten aus dem Hochgebirgsland Tadschikistan.

Ursina
Straub
23.05.18 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Noch sind sie in Quarantäne
Noch sind sie in Quarantäne
OLIVIA ITEM

Rund 1000 Pfirsichsteine keimen zurzeit in einem Gewächshaus der Forschungsanstalt Agroscope in Wädenswil (Zürich). Das Gewächshaus ist hermetisch abgeschlossen. Denn die kleinen Pfirsichpflänzchen sind in Quarantäne. Sie dürfen erst ins Freiland gesetzt werden, wenn sicher ist, dass sie frei sind von schädlichen Organismen.

«Eine Saison lang werden die Sämlinge in einer Isolationskabine beobachtet», sagt Markus Bünter. Er ist Leiter der Forschungsgruppe Agroscope Pflanzenschutzdienst. «So gehen wir sicher, dass mit den Samen keine Krankheiten wie Viren, Pilze oder Bakterien als blinde Passagiere in die Schweiz importiert wurden.»

Die Pfirsichsteine stammen nämlich aus dem zentralasiatischen Land Tadschikistan. Der Scharanser Obstbauer und Ingenieur Andi Schmid hat sie einfliegen lassen. Er will damit ein neues Nischenprodukt fürs Berggebiet schaffen. Noch pflanzen nämlich erst wenige Bündner Bauern Pfirsiche an. «Im Hochgebirgsland Tadschikistan hingegen hat der Anbau von Pfirsichen eine lange Tradition», weiss Schmid. «Die Sorten sind besonders krankheits- und frostresistent.» Das seien gute Voraussetzungen dafür, dass die Obstbäume auch im hiesigen Klima gedeihten.

Kreuzung bringt neue Sorte

Schmid will die Pflänzchen, die jetzt in Quarantäne sind, im Herbst in seinem Zuchtgarten in Scharans im Domleschg auspflanzen. Er wird testen, welche Sorten besonders robust sind. Bei welchen geschmackvolle Früchte reifen. Und diese Sorten wird er dann mit einheimischen Sorten einkreuzen. «Ich suche nach der Stecknadel im Heuhaufen», sagt der Ingenieur für Obst- und Rebbau.

«Ich suche die Stecknadel im Heuhaufen.»

Kaum Handelskanäle

Nicht ganz einfach ist es offenbar gewesen, das Ausgangsmaterial für die Züchtungen in Zentralasien zu beschaffen und in die Schweiz zu bringen. «Es gibt erst wenige funktionierende Handelskanäle zwischen Zentralasien und dem Westen», erklärt Schmid.

Er war deshalb auf die Fair-Trade-Pionierin Gebana angewiesen, die Produkte von Bauern weltweit in die Schweiz importiert. Dank ihrem jahrelangen Engagement für faire Handelsbeziehungen pflegt die Organisation enge Kontakte zu den lokalen tadschikischen Produzenten. So gelang es, Mitte Februar die Pfirsichsteine in die Schweiz einzuführen. Für Obstbauer Schmid ging damit ein lang gehegter Traum in Erfüllung. «Denn dieses Ausgangsmaterial könnte für die Schweizer Pfirsichzüchtung von grossem Nutzen sein.»

Früchte als Kundenmagnet

Bis sich eine neue Sorte etabliert hat, kann es bis zu fünfzehn Jahre dauern. Schmid sieht dennoch viel Potenzial; vor allem in Tallagen wie dem Domleschg, Misox, Puschlav, Bergell oder der Bündner Herrschaft. «Tafel- pfirsiche können als Kundenmagnet für weitere Hofprodukte dienen. Und in Rebbaugebieten könnten sogenannte Weinbergpfirsiche angebaut werden.» Aus ihnen kann Pfirsichschnaps gebrannt oder Konfitüre, Sirup und Glace produziert werden.

Von der neuen tadschikisch-schweizerischen Sorte haben aber nicht nur Einheimische etwas. Auch die Bauern in Tadschikistan sollen profitieren. Ihre Produkte – etwa getrocknete Aprikosen – sollen dadurch hierzulande bekannter werden.

Ursina Straub schreibt als Redaktorin der «Südostschweiz» für den Regionalteil der Zeitung und für Online. Ihre Themenschwerpunkte sind Landwirtschaft, Alp, Jagd, Grossraubtiere, Natur; zudem berichtet sie regelmässig aus dem Grossen Rat. Die gelernte Journalistin, diplomierte Landwirtin und Korrektorin EFA ist auch Leiterin Qualität. Mehr Infos

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