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Der Bonus ist endgültig weg

Der ehemalige Projektleiter bei Marenco Swisshelicopter (MSH), Mike Schneider, fordert von seinem früheren Arbeitgeber vor Gericht eine Bonuszahlung ein. Keinen grossen Bonus mehr gibt er seinem früheren Projekt.

Marco
Häusler
14.10.17 - 12:00 Uhr
Wirtschaft
Jüngster Stand: So zeigt Marenco Swisshelicopters das Modell SH09 auf ihrer Webseite zurzeit als grafische Darstellung.
Jüngster Stand: So zeigt Marenco Swisshelicopters das Modell SH09 auf ihrer Webseite zurzeit als grafische Darstellung.
PRESSEBILD

Die Verhandlungen am Glarner Kantonsgericht haben unter der Leitung des Präsidenten Daniel Anrig viele Parallelen zum Streit, den der einstige Chief Executive Officer (CEO) der Marenco Swisshelicopter AG (MSH), Martin Stucki, vor Anrigs Amtskollege Andreas Hefti austrägt (siehe Hauptartikel) Mit einer «Forderung aus Arbeitsvertrag» steht in diesem Fall Mike Schneider als Kläger ohne Anwalt seinem ehemaligen Arbeitgeber gegenüber, den MSH Chief Financial Officer (CFO) Marcel Klaus und Rechtsbeistand Markus Gnädinger vertreten.

Für Schneider geht es um 18 750 Franken, auch bei ihm steht das Urteil noch aus. Noch unter Stuckis Führung hatte er als Projektleiter an der Entwicklung des SKYe SH09 gearbeitet, dem ersten Helikopter, der einst vollständig in der Schweiz hergestellt werden soll. «Ich habe am 7. Dezember 2016 aus Loyalität zum damaligen Geschäftsführer gekündigt», beginnt Schneider zu erzählen.

Denn Stucki, der Gründer der MSH und geistiger Vater des Helikoptermodells wurde per Anfang Jahr von Andreas Löwenstein ersetzt, nachdem der damalige Chief Operating Officer (COO) Bruno Gubser das Zepter einen Monat lang interimistisch übernommen hatte.

Dumm gelaufen ist es mit Schneiders Kündigung per 31. März 2017 aus dessen Sicht gleich mehrfach. Denn er sei danach freigestellt worden, schildert er, «und ich hatte mir auch noch den Fuss gebrochen.» So habe er den ganzen Dezember gefehlt und danach nicht mehr begonnen zu arbeiten.

Den Bonus von 15 000 Franken für 2016 habe er zwar erhalten. Weil MSH mit seiner Kündigung aber jegliche Kommunikation abgebrochen habe, sei ihm erst später zu Ohren gekommen, dass dieser Bonus verdoppelt worden sei. Diese zusätzlichen 15 000 Franken und weitere 3750 Franken – pro rata temporis für das laufende Jahr – stünden ihm samt aufgelaufenen Zinsen zu, findet Schneider, denn: «Ein Kollege, der drei Monate später kündigte, erhielt alles.»

Weihnachtsgeschenk verpasst

Der «Kollege» war COO Bruno Gubser, wie sich im Verlauf der Verhandlung zeigt, und der habe erst am 6. April gekündigt, führt MSH-Anwalt Gnädinger aus. Die Bonusverdoppelung sei «eine freiwillige Zusatzzahlung des Investors» gewesen, also des russischen Oligarchen Alexander Mamut. Und bekannt gegeben habe das seine Statthalterin im MSH-Verwaltungsrat, Vizepräsidentin Marina Grönberg, bereits am Weihnachtsessen vom 8. Dezember 2016, also einen Tag nach Schneiders Kündigung. «Die Zahlung sollte das Vertrauen in die Erreichbarkeit der Ziele 2017 festigen», fährt Gnädinger fort.

Die Bonusverdoppelung sei somit zukunftsgerichtet und nur für Angestellte in ungekündigtem Verhältnis gedacht gewesen. Nichts davon mitbekommen habe Schneider, weil er krankheitsbedingt abwesend gewesen sei, schiebt MSH-CFO Klaus nach.

«Der Prototyp 3 ist noch keinen Meter weit geflogen.»

Auch Schneider wird Anrigs Urteil schriftlich erhalten, und wie bei Stucki kommt es zu keiner aussergerichtlichen Einigung. Ausserhalb des Gerichtssaals zweifelt Mike Schneider im Gespräch mit der «Südostschweiz» dann aber einzelne Meldungen an, die MSH offiziell verbreiten liess. So gehe es unter der Führung des neuen CEOs Löwenstein mit dem Projekt nicht vor-, sondern rückwärts. Noch unter Stuckis Führung sei der Prototyp 2 (P2) auf 2000 Fuss Höhe (rund 600 Meter) und mit 120 Knoten (gut 220 Stundenkilometer) geflogen worden. Jetzt, nach zahlreichen Modifikationen, sei der Helikopter wieder nur für langsame Flüge knapp über Boden zugelassen. Und den «Rollout» des P3 habe MSH zwar gefeiert, wie das beschrieben worden sei. «Durchaus geschickt», wie Schneider attestiert. «Geflogen ist dieser Prototyp 3 aber noch keinen Meter.» Diese Aussage bestätigt Löwenstein im MSH-Newsletter, der im September erschien. Mit P 3 werde in den «kommenden Monaten» geflogen, hält er darin fest. «Hoffentlich im Frühsommer», hatte er im Interview mit der «Südostschweiz» noch Mitte Februar gesagt.

«Es fehlt noch viel»

An gleicher Stelle hatte Löwenstein jedoch auch betont, dass im Prozess bis zur Typenfreigabe nicht «fast jede», sondern «jede Schraube» zertifiziert werden müsse. Und er kündigte an, noch ziemlich am Modell zu schrauben: «Es fehlt noch viel, bis die Entwicklung abgeschlossen ist.» Als Beispiel nannte Löwenstein damals das Design, das noch nicht definitiv sei. Trotzdem wolle er die ersten Helikopter 2018 ausliefern können.

Diesen Termin korrigierte MSH Chief Commercial Officer (CCO) Mathias Sénès im Mai dann auf 2019, und Löwenstein erklärte im Juli, er gehe davon aus, dass MSH ab 2020 oder 2021 «positive Zahlen» schreiben könne.

Das bezweifelt Schneider auch. «Dafür wäre ein Wunder nötig, sagt er, «oder besser gleich mehrere.» Und er fragt sich sogar, ob der Helikopter je fliegen werde, zumal der MSH mit dem Zusammenbruch der russischen Bank Ot- kritie jetzt auch fi- nanzielles Ungemach drohe.

Marco Häusler ist Dienstchef der Zeitungsredaktion «Glarner Nachrichten». Er absolvierte den zweijährigen Lehrgang an der St. Galler Schule für Journalismus und arbeitete bei der ehemaligen Schweizerischen Teletext AG und beim «Zürcher Unterländer», bevor er im Februar 2011 zu Somedia stiess. Mehr Infos

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