Kongressort Davos – und das seit 1436
Davos ist weltbekannt als Kongressort, seit über 50 Jahren trifft sich hier die politische und wirtschaftliche Elite zum Weltwirtschaftsforum. Die Wurzeln als bedeutender Kongress- und Versammlungsort reichen aber bis ins Mittelalter zurück.
Davos ist weltbekannt als Kongressort, seit über 50 Jahren trifft sich hier die politische und wirtschaftliche Elite zum Weltwirtschaftsforum. Die Wurzeln als bedeutender Kongress- und Versammlungsort reichen aber bis ins Mittelalter zurück.
Hauptort des Zehngerichtebunds
Davos hat aber eigentlich eine viel ältere Geschichte als Kongress- und Versammlungsort, die mindestens bis ins Jahr 1436 zurückgeführt werden kann. Am 8. Juni 1436 versammelten sich hier die Abgeordneten der Gerichtsgemeinden Davos, Klosters, Castels, Schiers, St. Peter, Langwies, Churwalden, Belfort, Maienfeld und Malans und beschworen den Bund der Zehn Gerichte. Sie versprachen, einander zur Wahrung ihrer Rechte beizustehen, nur gemeinsam andere Bündnisse einzugehen, das Recht beim Richter des Wohnortes zu suchen und den Bund alle zwölf Jahre wieder zu beschwören.
Davos wurde zum Hauptort des Zehngerichtebunds gewählt, und der Davoser Landammann Ulrich Beeli zum Bundslandammann. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass die Gebiete drohten, österreichisch zu werden. Dem Zugriff Österreich-Habsburgs konnte man sich zwar nicht entziehen und geriet Ende des 15. Jahrhundert bis Mitte des 17. Jahrhunderts für 150 Jahre unter österreichische Herrschaft. Mit dem Zehngerichtebund wurde aber eine Einheit geschaffen, die sich zu einem eigenständigen Staatsgebilde entwickeln sollte, welches sich 1524 mit dem Gotteshausbund und dem Grauen Bund zum Freistaat der drei Bünde zusammenschloss.
Die Versammlungen der Gerichtsgemeinde Davos und die Versammlungen des Zehngerichtebunds fanden in Davos statt. In einem Turnus mit Ilanz und Chur wurden auch die Zusammenkünfte der Abgeordneten der Drei Bünde, die sogenannten Bundstage, in Davos abgehalten. Ort der Versammlung war das Rathaus, ab 1564 in der noch heute erhaltenen Grossen Stube.
Versammlungen in früherer Zeit
Kongresse sind heute begleitet von einem üppigen Rahmenprogramm. Gerade in Davos kennt man das nur zu gut, wenn während des WEF ganze Strassenzüge für zwei Wochen ein neues Gesicht erhalten. Pop-up-stores und Bars schiessen wie Pilze aus dem Boden und mit den Delegierten kommt ein Begleittross an Beratern, Bediensteten und Unterhaltungskünstlern. So unterschiedlich waren die bedeutenden Versammlungen auch in früheren Zeiten nicht.
Während die wichtigsten Gäste per Helikopter und Staatskarossen ins Landwassertal chauffiert werden, war um 1500 das Pferd das beliebteste Verkehrsmittel. Das aber auch nur für diejenigen, welche sich dies leisten konnten. Die anderen kamen zu Fuss. Die Anreise war zwar beschwerlich, stellte aber kein Hindernis dar. Einmal am Ort angekommen, wollten die Kongressreisenden verpflegt werden, und dauerte die Versammlung länger, musste auch eine Herberge gefunden werden. Von grösseren mittelalterlichen Kongressen weiss man, dass zu den Verhandlungen immer auch ein Unterhaltungsprogramm aus Gauklern, Schaustellern und auch Prostituierten gehörte. Welcher Gestalt die Unterhaltungsbeiträge bei den Versammlungen in Davos waren, entzieht sich der Kenntnis des Autorenteams des vorliegenden Beitrages.
Bussgelder «vertrinken»
Zu Speis und Trank der Abgeordneten und der Dorfbewohner weiss aber Florian Hitz in seinem Buch «Fürsten, Vögte und Gemeinden» (2012) doch einiges zu berichten. So spielte bei Gerichtssitzungen und Gerichtsbesetzungen – der «Bsatzig» (Richterwahlen) – die sogenannte «Gastung» eine wichtige Rolle. Dabei traten die Amtsträger und die Bevölkerung in Kontakt zueinander. So hatte der Landvogt (ein von Österreich eingesetzter Verwalter) die Gastmähler der Abgeordneten zu übernehmen. Beim «Bsatzigs»-Mahl nahmen die neu gewählten und die bisherigen Amtsträger teil. Dazu gehörten der Landammann, Schreiber, Weibel und Geschworene. Der Landvogt musste aber nicht zwingend selbst für ein Festmahl sorgen, er konnte auch die Zeche im Wirtshaus übernehmen. Aus einem Landbuch von Klosters aus österreichischer Zeit überliefert Florian Hitz: «Diese umfasste ein halbe Mass Wein am Morgen, ein imbiss sowie ein znacht oder nachtmahl für jeden Amtsträger. Und […] falls sie wegen einfallender Nacht oder schlechten Wetters nicht mehr nach Hause gehen konnten, am folgenden Tag ein zimblich gebührlich morgenbrot.» Bei der Bsatzig in den einzelnen Gerichtsgemeinden war es auch möglich, dass ein Teil der ebenfalls bei Anlass der Bsatzig eingezogenen Bussgelder «den Dorfgenossen zum gemeinsamen Vertrinken überlassen» wurde.
Ähnlich wird es auch am neuzeitlichen Bundstag am 20. Juli in Davos sein. Für die geladenen Gäste wird im «Alten Pöschtli» ein Festmahl veranstaltet, und für die Bevölkerung gibt es zwar keine Bussgelder zum Vertrinken, aber Häppchen von Speisen aus fünf Jahrhunderten – vom Habermues und Härdöpfelribel über Brottatsch bis zum Vanille-Glace mit Griifla. Und wer bereits am 17. Juli in den Kulturplatz Davos kommt, der erfährt von Adrian Collenberg und Staatsarchivar Reto Weiss, was in den Bundstagsprotokollen steht. Und vielleicht auch sonst noch die eine oder andere kleine Anekdote zu den historischen Bundstagen in Ilanz, Chur und Davos.
Projektteam Bundstag Davos,500 Jahre Freistaat der Drei Bünde
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