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HCD-Präsident Domenig: «Können bis im Herbst überleben»

Die Coronakrise erschüttert die professionellen Sportbetriebe in ihren Grundfesten. Im exklusiven Interview gibt HCD-Präsident Gaudenz Domenig einen Einblick über die aktuellen Vorgänge im HC Davos. Zudem erklärt er, in welchem Fall der Rekordmeister auf Gelder des Bundes angewiesen wäre und wie der HCD zu den beschlossenen Modusänderungen steht.

Südostschweiz
15.05.20 - 04:30 Uhr
Eishockey
Kann im Herbst nicht vor Zuschauern gespielt werden, ist der HCD auf Gelder des Bundes angewiesen.
Kann im Herbst nicht vor Zuschauern gespielt werden, ist der HCD auf Gelder des Bundes angewiesen.
KEYSTONE

Herr Domenig, vor rund zwei Monaten wurde die Eishockey-Saison frühzeitig abgebrochen. Wie ist es der Hockey Club Davos AG seither ergangen?

Gaudenz Domenig: Wir hatten zum Ende der Saison die zwei Geisterspiele und danach fielen die Playoffs aus. Bisher haben wir genügend Liquidität, um zu überleben. Nun wird es zunehmend schwieriger. Die Einnahme-Ausfälle der Playoff-Spiele schmerzen. Jedoch können wir diese doch einigermassen verdauen.

Auch im HC Davos wurde Kurzarbeit eingeführt. Wie funktioniert der Betrieb im Klub aktuell?

Dieser wird jetzt langsam wieder hochgefahren. Teile der Geschäftsstelle arbeiten schon intensiv. Im Verkauf kann noch nicht wirklich gearbeitet werden, das kommt nun aber bald dazu. Ebenso hat die erste Mannschaft das Training wieder aufgenommen.

Wie der HCD am Montag ins Training startete

Sommertraining-Start unter besonderen Umständen

Seit letzten Montag hat beim HCD die Saisonvorbereitung angefangen. Die Spieler sind in kleinen Gruppen ins Sommertraining gestartet. Als erstes standen umfangreiche Leistungstests auf dem Programm, um die Ist-und Soll-Zustände jedes einzelnen Spielers zu erfassen. Details im neusten INSIDE-MAGAZIN, dass nun auch digital daherkommt. Wie beim HCD die strengen BAG-Richtlinien im Sommertraining gar als Chance genutzt werden sollen, lest ihr am Freitag auf www.hcd.ch.

Posted by Hockey Club Davos on Thursday, May 14, 2020

Diverse Klubs im Fussball und im Eishockey berichten über Lohnverzichte bei den Spielern. Ist das auch beim HCD ein Thema?

Bisher arbeiten wir ohne Lohnreduktionen. Wie bei anderen Klubs auch haben die Spieler fixe Verträge, bei denen die rechtlichen Mittel für einen Lohnausfall fehlen. Jedoch gehen wir davon aus, dass die Spieler bereit wären zu helfen, sollte es «ums Lebige gehen». Wir haben erst gerade die alte Saison abgeschlossen. Diskussionen wie diese, stehen bei uns erst am Beginn.

Am Mittwoch hat der Bundesrat Darlehen für die Schweizer Profi-Fussball- und Eishockeyklubs gesprochen. Wird der HCD diese beanspruchen?

Wir gehen davon aus, dass wir bis im Herbst überleben werden. Will heissen: Spielen wir ab September normal und mit Zuschauern, können wir den Sommer überdauern. Danach sieht es jedoch nicht unbedingt aus. Es ist unsicher, was passiert. Damit ist schon mal der ganze Saisonkartenverkauf, der jetzt anlaufen würde, infrage gestellt. Können wir den Spielbetrieb mit Zuschauern nicht im September oder spätestens im Oktober aufnehmen, wird es ganz schwierig. Länger werden unsere Reserven nicht reichen. Dann wären auch wir auf die Gelder des Bundes angewiesen.

«Sollte die Situation für uns prekär werden, müssten wir auf die Spieler mit bestehenden Verträgen zugehen und sie um Hilfe bitten.»

Die aktuelle Situation wird sich auch auf dem Spielermarkt auswirken.

Wenn wir die Hilfsgelder beanspruchen, was durchaus denkbar ist, sind wir dazu verpflichtet, die Löhne um 20 Prozent zu reduzieren. Das ist natürlich happig.

Die Ligaversammlung hat beschlossen, dass nächste Saison niemand absteigt. Kann der HCD die Situation nutzen, um finanzielle Einsparungen vorzunehmen?

Grundsätzlich haben wir die Mannschaft für nächste Saison ja beisammen. Vielleicht haben ein oder zwei Spieler noch keinen Vertrag. Auch das Coaching-Team steht. Wir haben also gar keinen wirklichen Spielraum, um da etwas zu schrauben. Sollte die Situation für uns prekär werden, müssten wir auf die Spieler mit bestehenden Verträgen zugehen und sie um Hilfe bitten. Sonst – zumindest war dies die Ausgangslage vor dem Bundesratsentscheid – müssten wir Konkurs anmelden. Glücklicherweise hat sich diese Situation durch das zugesicherte Hilfspaket etwas entschärft.

«Wir befinden uns zwar in einer Krise. Aus der Krise erwächst aber auch eine Chance.»

Blicken wir aufs Sportliche. Nächste Saison gibt es «Pre-Playoffs». Auf Rang 7 ist man noch nicht automatisch in den Playoffs, dafür kann man von Rang 10 aus noch Meister werden. Wie steht der HCD zu dieser Änderung?

Für diese Übergangssaison und allenfalls noch eine weitere Saison ist das eine pragmatische Lösung. Es gilt nun einfach, zuerst diese Krise zu bewältigen. Alle haben Verständnis dafür, dass es nächste Saison keinen Absteiger gibt. Klubs, die noch nicht den gesamten Kader bestückt haben, können nun mit weiteren Verpflichtungen abwarten. Klar ist, dass die beschlossenen Modusänderungen nicht für die nächsten 100 Jahre bestehen müssen. Was sich bewährt, kann immer noch beibehalten werden.

Blicken wir noch etwas weiter in die Zukunft. Denken Sie, die Corona-Krise führt bei den Klubs zu einem nachhaltigen Umdenken in der Art und Weise, wie sie wirtschaften?

Ich hoffe sehr, dass das der Fall sein wird. Wir sind ein Klub, der sehr danach bestrebt ist, nachhaltiger zu wirtschaften. Der Bund verlangt ja, dass die Klubs künftig in einen Fonds einzahlen, der den Profibetrieb über sechs Monate – und das ist eine lange Zeit – ohne Einnahmen sicherstellen könnte. Wie das umzusetzen ist, werden wir sehen. Grundsätzlich finden wir es gut, dass alle Klubs finanziell stabiler werden. Wir befinden uns zwar in einer Krise. Aus der Krise erwächst aber auch eine Chance.

(grd/krt)

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