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Wiesner Seilbahn nicht länger eine Utopie

An seiner nächsten Sitzung wird der Grosse Landrat (GL) über ein Konzept zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs nach Wiesen beraten.

Andri
Dürst
25.10.22 - 07:00 Uhr
Politik
Bei Wiesen Station könnte dereinst die Talstation der Seilbahn zu stehen kommen.
Bei Wiesen Station könnte dereinst die Talstation der Seilbahn zu stehen kommen.
Andri Dürst

Die Wiesner staunten nicht schlecht, als sie Ende März im Rahmen einer Podiumsdiskussion von den möglichen Varianten einer ÖV-Verbesserung für ihr Dorf erfuhren: Die Gemeinde teilte mit, dass sie unter anderem eine Luftseilbahn von Wiesen Station hoch ins Dorf in Betracht ziehe.

Keine Notwendigkeit für Halbstundentakt

Anlass für die erwähnte Podiumsdiskussion war ein von SVP-Landrat Scott Rüesch eingereichtes Postulat für einen Ausbau des ÖV in Wiesen, das im August 2021 vom GL überwiesen worden war. Der Kleine Landrat (KL) wurde angewiesen, dem GL ein Konzept zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs vorzulegen. Um den Puls bei der Wiesner Bevölkerung zu fühlen, lud die SVP darum zwischenzeitlich zu einem Diskussionsabend, der von rund 50 Personen besucht wurde. Die dort gewonnen Erkenntnisse waren nun für den KL bei der Ausarbeitung seines Konzeptes nicht ganz unwichtig, wie die Botschaft für die GL.-Sitzung vom 10. November zeigt. In diesem Papier nennt der KL folgende Wortmeldungen, die am Podium herausgestochen hätten: 

Objektiv betrachtet lassen die heutigen Frequenzen keinen Halbstundentakt zu – dieser wird auch nicht als notwendig empfunden.

Abends wären zwei zusätzliche Kurse bis 22 Uhr gewünscht.

Die Erschliessung von Obergasse/Riedweg muss nicht vorangetrieben werden.

Eine Pendelbahn zum Bahnhof wäre sehr attraktiv und prüfenswert.

Auf dieser Basis machte man sich bei der Gemeinde an die Arbeit für ein ÖV-Konzept. «Wir machen nun mal einen Anfang mit neu geführten Nachtkursen», erklärt der zuständige Departementsvorsteher, Statthalter Stefan Walser, gegenüber der DZ. Denn durch das neue Albula-Fahrplankonzept ergeben sich per 11. Dezember auch für Davos einige Änderungen (siehe DZ vom 9. September). Unter anderem wird Wiesen dank einer zusätzlichen Abendverbindung – mit Umsteigen in Glaris – besser an das Davoser Zentrum angebunden. Die für das nächste Jahr anfallenden Mehrkosten von knapp 4000 Franken würden verdankenswerterweise durch Postauto übernommen, hält der KL fest. «Für die Fahrplanjahre 2024 und folgende wird die Mehrabgeltung voraussichtlich über die ordentliche Offerte seitens AEV [Amt für Energie und Verkehr Graubünden] abgegolten werden», heisst es weiter. Und: «Falls die Frequenzen zusätzliche Kurse rechtfertigen würden, wurde vom AEV die Unterstützung bei einem allfälligen zusätzlichen Fahrplanausbau zugesagt.

Machbarkeitsstudie für Seilbahn 

Längerfristig könnte Wiesen aber dennoch zu einem Halbstundentakt kommen, wenn auch nicht auf der Strasse, sondern auf der Schiene und in der Luft. Denn die RhB werde voraussichtlich ab 2028 einen Halbstundentakt auf der Strecke Davos Platz–Filisur anbieten. Mittels einer Pendelbahn könnte nun Wiesen, das sich rund 250 Meter über dem Bahnhof befindet, an die Eisenbahn angeschlossen werden. «Wir lassen nun dafür eine Machbarkeitsstudie erstellen – diese wird sich aber noch auf einer recht hohen Flughöhe bewegen», erklärt Walser. Zu den möglichen Standorten der Bergstation könne er also noch keine Auskunft geben. Er hoffe aber, im November eine erste Kostenschätzung zu haben, um eine entsprechende Anfrage beim AEV einreichen zu können. Zur Finanzierung hält der Statthalter fest, dass die Anfangsinvestitionen zwar sehr hoch seien, eine vollautomatische Pendelbahn mit Kabinen für rund 15 Personen aber wegen ihres geringen Personalbedarfs längerfristig aber günstig sei. Walser werde die Idee auf jeden Fall weiterverfolgen und sich gegebenenfalls auch im Grossen Rat dafür engagieren.

Bleibt kaum mehr was übrig?

Nicht ganz so glücklich mit der Reaktion des KL ist man beim Wiesner Dorfverein, wie dessen Präsident Andreas Palmy gegenüber der DZ erklärt: «Vom ursprünglichen Postulat ist nichts übrig geblieben. Darin wurde eine Anbindung analog Glaris gefordert. Alle 17 Mitglieder des Grossen Landrates haben das Postulat unterzeichnet. Es darf somit die Frage gestellt werden, ob hier dem Willen des Davoser Parlaments Rechnung getragen wird.» Zwar freue man sich über die bessere Anbindung in den Abendstunden, jedoch erachte man die Auswertung der Podiumsdiskussion als sehr einseitig. «Es gab genügend Wortmeldungen, die sich einen Ausbau zu Pendlerzeiten und touristischen Stosszeiten gewünscht haben.» Dem Wiesner Dorfverein sei bewusst, dass der ÖV immer mit Steuergeldern finanziert werde. Deshalb sei eine Kosten-Nutzen-Abwägung sehr wichtig und dem Steuerzahler auch geschuldet. «Zur Zeit kann in Sachen ÖV vermutlich nicht mehr gefordert werden.»

Wenig zufrieden ist man zudem mit der Kommunikation. «Der Wiesner Dorfverein musste mehrmals nachfragen, um dann nur spärliche Informationen zum aktuellen Stand des Konzepts zu erhalten.» Ein versprochener Infoabend zum Zwischenstand des Konzepts sei trotz Nachfragen nicht durchgeführt worden.

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