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Drei Anfragen und nun das grosse Fest

Am vierten und letzten Tag der Augustsession sind einige wenige Aufträge oder Anfragen behandelt worden. Anschliessend fährt das Bündner Kantonsparlament zur Standespräsidentenfeier.

Philipp
Wyss
03.09.22 - 09:18 Uhr
Politik
Der Extrazug für die Standespräsidentenfeier steht am Bahnhof Chur bereit.
Der Extrazug für die Standespräsidentenfeier steht am Bahnhof Chur bereit.

Ticker

Mehr kantonale Unterstützung bei der Wohnungsnot

Zuletzt geht es um das Thema Wohnungsnot in Graubünden. Grossrat Martin Bettinaglio (Mitte, Serneus) hat eine Anfrage betreffend mehr Wohnraum für Bündnerinnen und Bündner eingereicht. Bettinaglio stört sich daran, dass die Regierung das kantonale Problem den Gemeinden überlässt. Ich bin enttäuscht, dass die Regierung hier keine Hilfestellung leistet, so Bettinaglio. Der Kanton könnte beraten, und helfen, beispielsweise mit runden Tischen organisieren.

Auch Grossrat Andri Perl (SP, Chur) ist von der Antwort der Regierung nicht befriedigt. Es ist unbefriedigend, dass der Kanton zu dieser Problematik nicht mehr macht. Wir müssen beim Problem Wohnraum politisch weiter aktiv bleiben, so Perl.

Regierungsrat Marcus Caduff (Mitte, Morissen) sagt, dass der Kanton zur Behebung der Problematik beigetragen hat. Er lädt interessierte Grossräte ein, beim Amt für Raumentwicklung vorbeizuschauen. Wir müssen 100 Ortsplanrevisionen umsetzen. Bisher sind vier von der Regierung verabschiedet. Wir beraten und wollen diese Ortsplanrevisionen nicht zurückweisen. Caduff sagt aber auch, dass das Thema Wohnraum für die Gemeinden eine grosse Aufgabe sei.

Jetzt geht es um die Wasserkraft

Als zweites debattiert das Bündner Kantonsparlament über eine Fraktionsanfrage der Mitte betreffend Verhandlungsstärke der Gemeinden in der Wasserkraftstrategie.

Mit der Umsetzung der Heimfallstrategie kommt dem Wissen über die Wasserkraft eine zentrale Bedeutung zu. Die Fraktionsanfrage der Mitte hat den Blick auf die betroffenen Gemeinden. Kanton und Gemeinden müssen sich zusammen auf die Heimfälle vorbereiten, sagt Grossrat Ernst Sax (Mitte, Obersaxen). Er plädiert für eine Plattform für den Austausch von Involvierten und Betroffenen. Der Kanton ist bei jedem Heimfall involviert. Betroffene Gemeinden jedoch jeweils nur einmal. Gegenüber den Gemeinden sitzen laut Sax am Verhandlungstisch nämlich Profis. Mit einer Plattform würde das Wissen innerhalb des Kantons steigen.

In Graubünden wird rund ein Fünftel des Stroms aus Wasserkraft der Schweiz produziert. Zwischen 2035 und 2050 laufen im Kanton Graubünden die Konzessionen einer grossen Anzahl von Wasserkraftwerken aus. Diese liefern rund 70 Prozent des im Kanton produzierten Stroms. Die Konzessionsgemeinden und der Kanton sind heute mit rund 20 Prozent am Kraftwerkpark beteiligt. Mehrheitlich gehören die Kraftwerke ausserkantonalen Stromgesellschaften. Die Wertschöpfung aus der Wasserkraft im Kanton Graubünden ist beträchtlich. Der grösste Teil davon fällt dennoch ausserhalb Graubündens an.

Es geht los

Als erstes behandelt das Bündner Parlament eine Anfrage von Grossrat Fabian Collenberg (Mitte, Sumvitg) betreffend Abgabe von Kantonsstrassen an Gemeinden. Seit Inkrafttreten des revidierten kantonalen Strassengesetzes 2016 wird der Anspruch auf eine Kantonsstrasse, die Aufnahme ins kantonale Strassennetz sowie der Ausschluss aus dem kantonalen Strassennetz teilweise neu geregelt. Ebenfalls werden seither die kantonalen Verbindungsstrassen zu den Fraktionen bezüglich der Anspruchsberechtigung periodisch überprüft. Jede Gemeindefraktion hat Anspruch auf eine kantonale Verbindung, sofern sie mindestens 30 Personen mit ständigem Wohnsitz zählt und die Mindesteinwohnerzahl während drei aufeinander folgenden Jahren nachgewiesen ist.

Die Übernahme von Kantonsstrassen bedeutet eine zusätzliche Belastung für die Gemeinden. Da die finanziellen Mittel bei der Spezialfinanzierung Strassen beim Kanton Graubünden vorhanden sind, stellt sich Frage, ob es förderlich für den Kanton Graubünden ist, die finanzielle Belastung den Gemeinden zu übergeben. Die aktuelle Gesetzgebung berücksichtigt ausschliesslich die Einwohnerzahl für die Beurteilung. Dafür könnten laut Collenberg aber auch andere Interessengruppen wie beispielsweise Zweitheimische, Touristen, Land- und Forstwirtschaft sowie die finanzielle Lage der Gemeinden hinzugezogen werden.

In ihrer Antwort argumentiert die Regierung, dass betroffene Gemeinden bereits bei der Totalrevision des Strassengesetzes im Jahr 2005 eingewandt haben, dass die Totalrevision die schwächsten Gebiete des Kantons treffe, welche bereits übermässig von Umstrukturierungen betroffen seien. Für ausserordentliche Belastungen, welche eine Gemeinde in eine finanzielle Notlage bringen würden, ist ein individueller Härteausgleich vorgesehen.

Seit Inkrafttreten des revidierten kantonalen Strassengesetzes wurden 25,9 Kilometer vom Kanton an die Gemeinden übergeben, davon 6,67 Kilometer aufgrund einer Quorumsunterschreitung. Die übrigen Eigentumsübertragungen erfolgten zum Beispiel aufgrund des Baus einer Ortsumfahrung, eines Abtausches mit Gemeindestrassen oder aufgrund eines Gesuches der Gemeinde zur freiwilligen Übernahme. Im gleichen Zeitraum übernahm der Kanton von den Gemeinden 13,35 Kilometer Strassen, davon 6,54 Kilometer aufgrund des Quorums.

Der Aufnahme von weiteren Kriterien steht die Regierung kritisch gegenüber, schreibt sie in ihrer Antwort. Insbesondere ist bei der Aufnahme von sogenannt «weichen» Kriterien Vorsicht geboten, um eine Gleichbehandlung aller Gemeinden im Kanton nicht zu gefährden. Zudem würde die Einführung von «weichen» Kriterien, ähnlich wie die Beibehaltung der Härtefallregelung, dem System des Finanzausgleichs zuwiderlaufen. Mit der heutigen Regelung lässt sich einfach und für alle transparent ermitteln, ob der Anspruch auf eine Kantonsstrasse zu einer bestimmten Fraktion besteht, schreibt die Regierung.

Technische Probleme

Zum Auftakt des vierten Sessionstages teilt Standespräsident Tarzisius Caviezel (FDP, Davos) mit, dass die Mikrofon- und Abstimmungsanlage «wieder einmal» nicht funktioniert. Die Debatte beginnt deshalb mit einem Mikrofon, das weitergereicht wird. Nach der ersten Anfrage wird die gesamte Anlage heruntergefahren, so Caviezel.

Was wisst ihr über den Grossen Rat?

Während die Stimmen für die Wahl des Standesvizepräsidenten ausgezählt werden, hier ein Quiz über den Grossen Rat. Wer beantwortet alle Fragen richtig?

Hier gehts zum Quiz.

Guten Morgen

Guten Morgen zu Tag 4 der diesjährigen Augustsession des Bündner Grossen Rates. Traditionsgemäss findet sich das Parlament jeweils im Grossratsgeäude ein, behandelt einige wenige Aufträge oder Anfragen und reist dann zur Standespräsidentenfeier in den Wohnort der höchsten Bündnerin oder des höchsten Bündners. Nach der kurzen Debatte geht es nach Davos, wo Standespräsident Tarzisius Caviezel (FDP, Davos) gefeiert wird. Er wurde am Mittwoch mit 106 von 113 gültigen Stimmen zum protokollarisch höchsten Bündner gewählt.

Hier geht es zum Verzeichnis der bisherigen Standespräsidenten Graubündens.

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos

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