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Mit einem etwas anderen Blick durchs Kirchner Museum

«Spot on! Eine Tour vom WC zum Zauberlicht» – so wird auf der Homepage des Kirchner Museums eine neuartige Führung angepriesen.

Andri
Dürst
23.04.22 - 12:00 Uhr
Kultur
Aussenansicht Kirchnermuseum
Aussenansicht Kirchnermuseum

Die Idee dahinter: Für einmal sollen nicht die Werke Kirchners im Vordergrund stehen, sondern andere Facetten aus seiner Biografie, die in Zusammenspiel mit Wissenswertem zum Museumsbau vermittelt werden.

Am Samstag wurde die neue Führung erstmals für die Öffentlichkeit angeboten. An die 20 Personen fanden sich dafür ein. Die bunt gemischte Gruppe wartete gespannt auf die Ausführungen von Barbara Ryf, die die Gruppenleitung übernahm. Gleich zu Beginn rückte sie das wohl bedeutendste Merkmal des Museumsbaus in den Fokus: das Licht. Um die Ausgangslage für das Architektenduo Gigon/Guyer zu veranschaulichen, versammelte Ryf die Gruppe vor dem bekannten Gemälde «Davos im Sommer». «Als Kirchner dieses Bild 1925 malte, gab es in Davos noch sehr viele Giebeldächer. In den darauffolgenden Jahren hielt aber das Flachdach Einzug, und schliesslich wurde es 1961 im Baugesetz für Häuser im Zentrum vorgeschrieben», erklärte sie dazu. Für die Museumsarchitekten war somit klar: Ein Haus mit Flachdach muss her, das aber trotzdem Licht ins Innere lässt. So entwickelten Annette Gigon und Mike Guyer zu Beginn der 1990er-Jahre ein auf das Museum zugeschnittenes Konzept mit Oberlichtern, damit die Helligkeit durch vertikale Fensterscheiben in die Lichthöfe eintritt und – gedämmt durch Milchglasscheiben – die Säle im Museum erreicht. Doch wie genau funktioniert das? Ryf öffnete im Korridor eine unscheinbare Türe, hinter der sich eine ganz schmale, steile Treppe verbarg. Jemand dürfe nun dort hochsteigen und den Lichthof begutachten, meinte sie. Leider war dieses Erlebnis aber nur einer einzigen Person vorbehalten. Teilnehmer Jürg erklärte sich dazu bereit und erhaschte stellvertretend für alle einen Blick in der luftigen Höhe. Rasch war er wieder zurück und konnte sogleich anschaulich erklären, was er gesehen hatte.

Jürgs Ausflug blieb nicht das einzige interaktive Element während der Führung. An vielen weiteren Orten – das Museum wurde sogar für einige Zeit verlassen – konnte man nebst der Vermittlung von Wissen selber Hand anlegen. So konnte die eine oder andere neue Erfahrung gemacht werden. Fans von Architektur und Liebhaber von den «etwas anderen» Geschichten sind hier sicherlich gut aufgehoben.

Bilder: Walter Dürst, wdfotografie.ch

Kirchner, der übrigens selber Architekt war, scheint fasziniert gewesen zu sein vom St. Johann-Kirchturm. Barbara Ryf ging auf die Entstehung des «verdrehtesten Davosers» ein und analysierte zusammen mit der Teilnehmendenschar das Gemälde, das mit seinem zweigeteilten Himmel einige Fragen offen lässt.
Kirchner, der übrigens selber Architekt war, scheint fasziniert gewesen zu sein vom St. Johann-Kirchturm. Barbara Ryf ging auf die Entstehung des «verdrehtesten Davosers» ein und analysierte zusammen mit der Teilnehmendenschar das Gemälde, das mit seinem zweigeteilten Himmel einige Fragen offen lässt.
Ein Katzensprung vom Museum entfernt befinden sich diese beiden Kunstwerke. Es handelt sich hierbei um Abgüsse einer von Kirchner geschnitzten Holztüre. Die Gemeinde kaufte vor Jahrzehnten diese beiden Stücke für 120 000 Franken und brachte sie beim damaligen Haupteingang des Kongresszentrums an. Dort – auf der Ebene des Kurparks – geht heute aber kaum noch jemand ein und aus, und die Abgüsse wirken hinter Veloständer und Abflussrohren völlig deplatziert. Hoffentlich lässt sich für den «Tanz
Ein Katzensprung vom Museum entfernt befinden sich diese beiden Kunstwerke. Es handelt sich hierbei um Abgüsse einer von Kirchner geschnitzten Holztüre. Die Gemeinde kaufte vor Jahrzehnten diese beiden Stücke für 120 000 Franken und brachte sie beim damaligen Haupteingang des Kongresszentrums an. Dort – auf der Ebene des Kurparks – geht heute aber kaum noch jemand ein und aus, und die Abgüsse wirken hinter Veloständer und Abflussrohren völlig deplatziert. Hoffentlich lässt sich für den «Tanz
«Wählt einen Bildpunkt mit eurer Lieblingsfarbe und schiesst davon ein Foto», lautete der Auftrag in diesem Saal. Es zeigte sich rasch, dass die Teilnehmenden ganz unterschiedliche Geschmäcker hatten. Als jeder ein Foto gemacht hatte, wurden die Handys nebeneinander auf eine Sitzbank gelegt, und ein äusserst interessantes Gesamtkunstwerk ergab sich daraus.
«Wählt einen Bildpunkt mit eurer Lieblingsfarbe und schiesst davon ein Foto», lautete der Auftrag in diesem Saal. Es zeigte sich rasch, dass die Teilnehmenden ganz unterschiedliche Geschmäcker hatten. Als jeder ein Foto gemacht hatte, wurden die Handys nebeneinander auf eine Sitzbank gelegt, und ein äusserst interessantes Gesamtkunstwerk ergab sich daraus.
Dieses Bett erschuf Kirchner für seine Partnerin Erna Schilling. Doch zwei Fragen trieben die Anwesenden um. Wieso schnitzte der Künstler nur auf der rechten Seite Figuren in den Querbalken? Und wieso erschuf er ein Einzelbett, wenn Erna ja seine Freundin war? Im Plenum wurde über diese Fragen philosophiert – die Wahrheit wird man aber nie erfahren.
Dieses Bett erschuf Kirchner für seine Partnerin Erna Schilling. Doch zwei Fragen trieben die Anwesenden um. Wieso schnitzte der Künstler nur auf der rechten Seite Figuren in den Querbalken? Und wieso erschuf er ein Einzelbett, wenn Erna ja seine Freundin war? Im Plenum wurde über diese Fragen philosophiert – die Wahrheit wird man aber nie erfahren.
Ab in den Untergrund: Für einmal durfte das Publikum ins Untergeschoss des Museums eintauchen. Der zur Kurgartenstrasse ausgerichtete Saal beherbergt eine Bibliothek sowie weitere Gegenstände, die das Museum früher oder später mal wieder brauchen könnte. Für die Besuchenden lautete in diesem Zimmer der Auftrag: «Sucht euch einen Gegenstand und macht ein Selfie damit». Denn nicht nur in der heutigen Zeit wird die Selbstinszenierung praktiziert, auch Kirchner selber war ein Meister darin. Nebst Selbst
Ab in den Untergrund: Für einmal durfte das Publikum ins Untergeschoss des Museums eintauchen. Der zur Kurgartenstrasse ausgerichtete Saal beherbergt eine Bibliothek sowie weitere Gegenstände, die das Museum früher oder später mal wieder brauchen könnte. Für die Besuchenden lautete in diesem Zimmer der Auftrag: «Sucht euch einen Gegenstand und macht ein Selfie damit». Denn nicht nur in der heutigen Zeit wird die Selbstinszenierung praktiziert, auch Kirchner selber war ein Meister darin. Nebst Selbst
Auch in der Garderobe wurde halt gemacht. «Dieser Raum kommt ganz anders daher als die anderen», erklärte Ryf. Tropenholz an den Wänden und ein geschliffener Terrazzo-Boden – das findet man sonst im Museum nirgends. Im Anschluss an die Garderobe sind die Toiletten untergebracht. «Das ist ein grosser Kritikpunkt an die Architektur», findet man beim Museums-Team. Denn pro Geschlecht steht lediglich ein Urinal zur Verfügung. Beim Empfang von grösseren Gruppen sei dies oft zu wenig, sodass längere Wa
Auch in der Garderobe wurde halt gemacht. «Dieser Raum kommt ganz anders daher als die anderen», erklärte Ryf. Tropenholz an den Wänden und ein geschliffener Terrazzo-Boden – das findet man sonst im Museum nirgends. Im Anschluss an die Garderobe sind die Toiletten untergebracht. «Das ist ein grosser Kritikpunkt an die Architektur», findet man beim Museums-Team. Denn pro Geschlecht steht lediglich ein Urinal zur Verfügung. Beim Empfang von grösseren Gruppen sei dies oft zu wenig, sodass längere Wa
Auch heute noch fasziniert die Architektur des 1992 eröffneten Hauses die Besuchenden. Das Licht wird je nach Ausstellung «dosiert» und erhellt die Säle je nach Bedarf unterschiedlich.
Auch heute noch fasziniert die Architektur des 1992 eröffneten Hauses die Besuchenden. Das Licht wird je nach Ausstellung «dosiert» und erhellt die Säle je nach Bedarf unterschiedlich.
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