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«Man sollte auch bei einem ernsten Thema lachen können»

Jan-Eric Macks Kurz-Spielfim «Facing Mecca» gehört zu den Entdeckungen des Nachwuchs-Filmschaffens. An den Solothurner Filmtagen spricht der Zürcher Regisseur über den Film und seine Beziehung zum Glarnerland.

31.01.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Eine Parabel für menschliches Handeln: Jan-Eric Mack präsentiert an den Solothurner Filmtagen «Facing Mecca».
Eine Parabel für menschliches Handeln: Jan-Eric Mack präsentiert an den Solothurner Filmtagen «Facing Mecca».
CLAUDIA KOCK MARTI

Am Anfang und Ende stehen Kühlschränke. Ein Bild, das die frostige Atmosphäre der Schweizer Bürokratie in «Facing Mecca» einfängt. Im knapp halbstündigen Spielfilm von Jan-Eric Mack möchte ein syrischer Flüchtling seine an Krebs verstorbene Ehefrau in einer kleinen Gemeinde nach muslimischen Ritus bestatten – Richtung Mekka. Ein Schweizer Rentner hat Verständnis. Er hilft. Unbürokratisch.

Der Film ist Macks Master-Abschlussarbeit an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und eine Co-Produktion von Dschoint Ventschr mit dem Schweizer Fernsehen (SRF) und dem Kanton Glarus. Er wurde bei den internationalen Student Academy Awards mit der Silbermedaille ausgezeichnet.

Herr Mack, Sie kommen gerade von einem Festival in Deutschland nach Solothurn. Wie ist es gelaufen?

Gut. Für junge Filmemacher ist das Saarbrücker Filmfestival Max-Ophüls-Preis eines der wichtigsten Festivals im deutschsprachigen Raum. Das Publikum war sehr interessiert und wir hatten äusserst positive Rückmeldungen. Gerade die tragikomischen Momente von «Facing Mecca» sind gut angekommen.

Die Erwartungen diese Woche waren sicher hoch. Bei der Oscar-Nominierung für Kurzfilme in den USA ist Ihr Film leider nicht weitergekommen. Sind Sie sehr enttäuscht?

«Der Bestatter im Film ist der wahre Bestatter. Auch ein Überangebot an Kühlschränken gab es.»

Klar ist man im Moment enttäuscht, aber damit muss man rechnen. Den Hauptpreis in Palm Springs, einen Studenten-Oscar und den Sprung auf die Shortlist für die 90th Academy Awards, das alles hat unsere Erwartungen bei Weitem übertroffen.

Wie sind Sie mit Ihrer Partnerin und Drehbuchautorin Anna Schinz auf die Geschichte gestossen?

Es ist eine wahre Geschichte, die wir gemeinsam mitverfolgt haben. Wir haben die Familie, das heisst einen Vater mit vier Kindern, nach dem Tod der Frau und Mutter kennengelernt. Als wir hörten, dass für den Entscheid der Friedhof mit einem Geomatiker ausgemessen wurde, hatten wir das perfekte Bild für einen Film über die aktuelle Flüchtlingsdebatte.

Warum haben Sie den Film aus der Perspektive des Rentners und nicht aus der des Syrers erzählt?

Für uns war es wichtig, dass wir für den Zuschauer einen guten Zugang zur Hauptfigur schaffen und so weniger ins Klischee fallen. Der Schweizer ist uns da viel näher, als wenn wir zuerst eine ganze Kultur miterzählen und als Filmemacher erst verstehen müssen.

Wie viel Fiktion steckt in der filmischen Umsetzung?

Wir haben uns herausgenommen, den Wendepunkt anders zu schreiben. Der Bestatter im Film ist übrigens der wahre Bestatter. Auch ein Überangebot an Kühlschränken gab es.

In Niederurnen etwa wurde der Friedhof auch vermessen, als man eine Lösung suchte, die dann mit allen Parteien gefunden wurde. Hat sich in der Schweiz da nicht schon einiges bewegt?

Ich denke schon. Die Gemeinde in der wahren Geschichte hat sich auch sehr bemüht, eine Lösung zu finden. Uns als Filmemacher geht es um die exemplarische Problematik oder im übergeordneten Sinn um das Verständnis und um eine menschliche Lösung.

Welche Rolle spielt der Humor?

Der ist in allen meinen Film wichtig. Es gibt im Leben immer beide Seiten. Und für mich ist der Mensch ein tragikomisches Wesen. Auch bei einem ernsten Thema sollte man lachen können.

Wie war die Zusammenarbeit mit Drehbuchautorin Anna Schinz?

Wir sind glücklicherweise gemeinsam als Paar in die Geschichte hineingerutscht . Das war unsere erste Zusammenarbeit in dieser Form.

Der Film ist vom Kanton Glarus unterstützt worden. Was für eine Beziehung haben Sie zum Kanton?

Näfels ist mein Heimatort. Ein Teil meiner Verwandtschaft stammt aus Glarus Nord und lebt zum Teil noch dort. Meine verstorbene Grossmutter Margrit Landolt war das 13. Kind einer grossen Familie. Sie ging dann nach St. Gallen, wo mein Vater aufwuchs.

Wie gut kennen Sie Glarus?

Ich habe das Glarnerland ganz frisch entdeckt . Für die Produktion von «Wilder» habe ich Drehorte gesucht. Da bin ich alles abgefahren, um etwa die Strasse für den Unfall im Film zu finden. Ich kenne das Glarnerland aber auch vom Skifahren in Braunwald oder Elm. Der Urnerboden hat es mir ebenfalls angetan. Dort habe ich den Trailer mit Anna Schinz für die Winterthurer Kurzfilmtage gedreht.

Ende Mai läuft Ihr Film in der Kurzfilmnacht des Wortreich-Kinos in Glarus. Das wäre eine Gelegenheit, wieder nach Glarus zu kommen.

Für mich ist die direkte Resonanz des Publikums zentral. Es wäre eine Möglichkeit, den Glarnern etwas zurückzugeben. Anfang Mai bekommen Anna und ich unser erstes Kind. Dies wird unser Leben mit Sicherheit auf den Kopf stellen. Deshalb: Wenn ich Zeit habe, komme ich unbedingt.

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