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Sogar bei der Landsgemeinde: Glarus will clever sparen, so funktioniert das aber nicht

Der Kanton Glarus will 7,6 Millionen Franken einsparen. Die 60 Massnahmen, welche der Regierungsrat vorgestellt hat, treffen fast alle Glarnerinnen und Glarner. So bleiben wird es aber nicht.

Sebastian
Dürst
03.10.24 - 17:03 Uhr
Glarus
Sparen macht keinen Spass, das weiss auch Redaktionsleiter Sebastian Dürst
Sparen macht keinen Spass, das weiss auch Redaktionsleiter Sebastian Dürst
Archivbild
Die Glarner Regierung hat am Donnerstag unmissverständlich kommuniziert: Das Sparprogramm des Kantons fokussiert auf einen Leistungsabbau bei den Bürgerinnen und Bürgern. Sie begründet dass damit, dass die Verwaltung jetzt schon so effizient sei, dass man sie nicht ohne Verzicht kleiner machen könne.

Tatsächlich ist es wohl sogar so, dass die Glarner Verwaltung dermassen schlank ist, dass sie gerade deswegen nicht so effizient wie möglich ist. Wenn die eine Person, die für ein Thema zuständig ist, in den Ferien weilt, bleibt ein Anliegen vielfach einfach liegen. Das wissen wir Journalisten aus eigener Erfahrung, wenn wir nach einer Auskunft fragen.

Gut, dass es einen Verzicht gibt

Dieses Massnahmenpaket zeigt uns schmerzlich auf, dass Sparen vor allem Verzicht auf handfeste Leistungen bedeutet. Ganz offensichtlich hat die Regierung bei der Ausgestaltung des Programms darauf geachtet, dass möglichst viele von uns davon etwas mitbekommen: Die Autofahrerinnen können bei den Steuern weniger Geld fürs Pendeln abziehen, die Sportler verlieren die Sportschule, die Jägerinnen zahlen höhere Gebühren. Die Glarneragenda wird gestrichen, gleich wie Geld für die Neophytenbekämpfung. Es gibt aber auch weniger Polizeiautos, und es wird sogar geprüft, ob psychisch kranke Verbrecher früher entlassen werden können. Ja, sogar die Landsgemeinde bekommt ihr Fett weg: Der Gratis-ÖV am ersten Sonntag im Mai wird gestrichen!

Entscheidend ist der Entscheidungsort

In der Summe hat die Regierung ein rundes Sparpaket geschnürt, bei dem ganz solidarisch (fast) alle etwas kürzertreten müssen. Das ist aber nur ein Drittel der Wahrheit. Denn die Massnahmen unterscheiden sich durch zwei wesentliche Faktoren:

Erstens durch die Einsparungen, die mit ihr erzielt werden können. So rechnet man zum Beispiel bei tieferen Pendlerabzug mit 1,2 Millionen an Einsparungen (respektive: Mehrkosten für die Autofahrer), die Erhöhung der Jahresgebühren für die Landesbibliothek soll hingegen gerade 20’000 Franken einbringen. Nur weil also ganz viele Anspruchsgruppen verzichten müssen, heisst das also noch lange nicht, dass es bei allen um gleich viel Geld geht. Und natürlich werden genau diese Zahlen von den Interessengruppen genutzt werden, um Stimmung für das eine oder andere zu machen. 

Wirklich entscheidend ist aber die dritte Charakterisierung der 60 Massnahmen. Es geht nämlich darum, wer die Massnahmen absegnen kann. Bei den Massnahmen in der Kompetenz der Regierung ist der Mist geführt. Das betrifft zum Beispiel den Verzicht auf Beiträge an die Glarner Seilbahnen oder der reduzierte Unterhalt der Strassen. 

Ein zweites Paket von Massnahmen wird vom Landrat beschlossen. Das ist zum Beispiel der Verzicht auf die Sportschule oder die Löhne der Kantonsangestellten. Hier haben die Lobbyisten eine realistische Chance, die Politikerinnen und Politiker davon zu überzeugen, dass ihr Anspruch gerechtfertigt ist. Es ist gut möglich, dass so die eine oder andere Massnahme auf der Strecke bleibt.

Und beim dritten Paket ist die Landsgemeinde zuständig. Sie entscheidet über den tieferen Fahrkostenabzug, die Abschaffung der Steuerrekurskommission und die Optimierung bei der Fischerei. Was hier vom Sparwillen übrig bleibt, wenn jedes Einzelinteresse verfolgt wird, kann man sich denken. 

Fazit: Das mindestens oberflächlich austarierte Sparpaket wird wohl so enden, wie es meistens mit Sparpaketen passiert. Gespart wird dort, wo sich die Betroffenen am wenigsten wehren können. 

Sebastian Dürst ist Redaktionsleiter der «Glarner Nachrichten». Er ist in Glarus geboren und aufgewachsen. Nach Lehr- und Wanderjahren mit Stationen in Fribourg, Adelboden und Basel arbeitet er seit 2015 wieder in der Heimat. Er hat Religionswissenschaft und Geschichte studiert. Mehr Infos

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