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Ostergitzi schmeckt auch an Pfingsten noch gut

Gitzi gibts an Ostern. Das hat Tradition. Für die Produzenten wärs allerdings besser, die Konsumenten würden das ganze Jahr über Gitzifleisch kaufen.

Ursina
Straub
25.03.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Ein Bergsommer für Feinschmecker: Die Gitzi der Alpgeissen werden erst im Herbst geschlachtet.
Ein Bergsommer für Feinschmecker: Die Gitzi der Alpgeissen werden erst im Herbst geschlachtet.
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In den kommenden Tagen wird Gitzifleisch gekauft. Denn über Ostern wird traditionellerweise am meisten Gitzifleisch gegessen. Das ist gut für die Bündner Ziegenhalter. Sie bringen alle schlachtreifen Zicklein zur Metzg. «Allein über die Branchenorganisation Proviande werden rund 2000 Tiere vor Ostern verkauft», schätzt Stefan Geissmann, Berater für Kleinwiederkäuer am Plantahof. Viele Gitzi finden zudem über andere Kanäle zu den Konsumenten oder werden direkt vermarktet.

«Der Verkauf konzentriert sich auf dieses enge Zeitfenster», sagt Geissmann, der auch Geschäftsführer des Bündner Ziegenzuchtverbandes ist und Präsident des Schweizerischen Ziegenzuchtverbandes. Das wiederum ist schlecht für die Bündner Ziegenhalter. «Denn die Zucht lässt sich nicht exakt auf die Osterwoche programmieren.»

Beliebte Ziegenmilchprodukte

Die Ziegenzüchter stehen vor einer wiederkehrenden Herausforderung: Die Konsumenten kaufen zwar immer mehr Ziegenmilchprodukte – das ist erfreulich, wie Geissmann sagt. Aber für Milch braucht es erst die Geburt eines Zickleins. Und Ziegenfleisch ist kaum bekannt. Lediglich 70 Gramm pro Jahr und Kopf werden in der Schweiz gegessen. Beim Rindfleisch sind es 50 Kilogramm. «Das stellt uns vor Probleme.»

Der Direktverkauf des Fleisches laufe zwar besser als noch vor einigen Jahren, sagt Geissmann. Aber es gebe immer wieder Kunden, die das Gitzi genau zu Ostern wollten. Er formuliert deshalb absichtlich etwas überspitzt: «Gitzifleisch ist auch an Pfingsten gut.» Und wirbt das ganze Jahr über für Ziegenfleisch.

Herbst- statt Ostergitzi

Zusammen mit der Stiftung Pro Specie Rara propagiert er etwa das Herbstgitzi als Alternative. Anders als die kleinen Ostergitzi erleben die Herbstgitzi von Bündner Strahlenziegen einen Sommer auf Alpweiden und liefern im Herbst rotes, fettarmes und feinfaseriges Fleisch.

Ausgeliefert werden die Gigots, Kotelettes und Vorderviertel im Oktober. Sie müssen aber jetzt bei Pro Specie Rara bestellt werden.

Gitzi sei keineswegs bloss für Gourmetmenüs, unterstreicht Geissmann. Und das Fleisch gehöre auch nicht zum Hochpreissegment. «Natürlich passen Braten, Bäggli und Schulter zu einem festlichen Essen. Aber es gibt auch wenig aufwendige Stücke wie Gehacktes und Voressen, Bratwürste für den Grill oder Trockenfleisch.»

Tonnenweise Import an Ostern

Die Konsumenten müssten einfach den Mut haben, in der Metzgerei und beim Detailhändler nach dem kalorienarmen Gitzifleisch zu fragen, so Geissmann. Und zwar nach einheimischem. Ihm stösst sauer auf, wenn er übers Jahr hört, es brauche kein Gitzifleisch. Das sei vom Konsumenten nicht gewünscht – und wenn dann der Markt zu Ostern mit tonnenweise importiertem Gitzifleisch geschwemmt werde. «Von dem man nicht wissen möchte, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten wurden.» Das Tierwohl rücke da in den Hintergrund.

Konsumenten überzeugt man am besten über den Geschmack, weiss Ziegenfachmann Geissmann. Er bietet deshalb Ziegenwürste, Salsiz oder Mostbröckli an Messen an. Als Nächstes an der Agrischa in Chur.

Ursina Straub schreibt als Redaktorin der «Südostschweiz» für den Regionalteil der Zeitung und für Online. Ihre Themenschwerpunkte sind Landwirtschaft, Alp, Jagd, Grossraubtiere, Natur; zudem berichtet sie regelmässig aus dem Grossen Rat. Die gelernte Journalistin, diplomierte Landwirtin und Korrektorin EFA ist auch Leiterin Qualität. Mehr Infos

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