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Poker um acht Churer Kinosäle

Ursprünglich wollte Thomas Domenig senior sein Multiplex-Kino bereits im vergangenen Herbst eröffnen. Jetzt sind noch nicht einmal die Bagger aufgefahren. Chur und sein Glücksspiel um das Multiplex-Kino – eine Analyse.

Südostschweiz
03.03.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Visualisierung Kinokomplex Domenig Chur
Wo führt der Kampf um das Churer Grosskino noch hin?
VISUALISIERUNG DOMENIG ARCHITEKTEN

Die Pläne sind gemacht. Das Bauvorhaben hat die Stadt Chur bewilligt. Eine Betreiberin ist gefunden. Ebenso aber eine lautstarke und kampfeslustige Gegnerin. Anwohner werden nach deren eigener Angabe von ihr koordiniert. Und sie folgen ihr: Einsprachen gegen das Kinoprojekt wurden erhoben. Diese sind nach wie vor beim Bündner Verwaltungsgericht hängig. Seit Mitte Juli 2017 hat sich in der Sache um das Churer Multiplex-Kino deshalb nichts getan.

Niemand äussert sich

Gemeinhin war erwartet worden, dass sich das Bündner Verwaltungsgericht bis Dezember des vergangenen Jahres zu den hängigen Einsprachen äussern würde. Dieser Termin ist seit knapp zwei Monaten verstrichen. Seither hat das Verwaltungsgericht darüber kein Sterbenswörtchen verloren.

Kein Wort sagen auch die Domenig Immobilien AG, die Stadt Chur, die Kinogegner sowie die designierte Kinobetreiberin Kino-Theater AG (Kitag). Allesamt verweisen sie auf das laufende Verfahren. Langwierige Juristerei. Wissensvakuum. Stillstand.

Das Kino-Seilziehen kurz erklärt:

Nutzen tut diese Situation der Gegnerin. Mit jedem Tag, der verstreicht, gewinnt die Kino Chur AG mit Geschäftsführerin Rita Kalberer. Sie spielt auf Zeit.

Je länger das Bündner Verwaltungsgericht für seinen Entscheid benötigt, desto besser für Kalberer, welche gerade Unterschriften für eine Initiative sammelt. Sollte der Entscheid nicht nach dem Gusto der Kino Chur AG ausfallen, haben die Einsprecher aber so oder so versichert, dass sie ihre Anliegen ans Bundesverwaltungsgericht weiterziehen werden («Südostschweiz»-Ausgabe vom 5. September 2017).

Vorteil Kalberer

Alle Schritte der Einsprecher werden von der Churer Kinomäzenin unterstützt: «Frau Kalberer ist unser ‹Mann auf Platz›, sie koordiniert alles», gab einer der insgesamt sieben Einsprecher damals anonym der «Südostschweiz» zu verstehen.

Domenig vs. Kalberer: Das grosse Duell um die Kinovormacht. VISUALISIERUNG GIAN ANDREA ACCOLA

Sollte der Entscheid des Bündner Verwaltungsgerichts nicht im Sinne der Domenig Immobilien AG ausfallen, ist anzunehmen, dass auch die Seite der Kinobefürworter den Entscheid ans Bundesverwaltungsgericht weiterziehen würde. Dadurch dürfte sich der Bau um Jahre verzögern. Wieder: Vorteil Kalberer.

Damit nicht genug. Wie bereits erwähnt hat Kalberer bis zum 20. Juli Zeit, für Ihre Kino-Initiative 800 Unterschriften zu sammeln. Kommt die Initiative, die explizit die Bebauung des betreffenden Grundstücks mit einem Kino verbieten will, zustande, wird sie spätestens Ende 2019 dem Stimmvolk unterbreitet. Vorausgesetzt, die Initiative ist rechtsgültig.

Der Deckmantel der Raumplanung

Ob die Initiative rechtlich zulässig ist, hat der Gemeinderat zu befinden. Und zwar dann, wenn ihm der Stadtrat die zustande gekommene Initiative Kalberers zusammen mit seiner eigenen Rechtsempfehlung unterbreitet.

Die Anzeichen deuten darauf hin, dass die Initiative ungültig sein dürfte. Der renommierte Berner Staatsrechtsprofessor Pierre Tschannen wollte im Falle der Churer Kinoinitiative zwar keine Prognose wagen, wie er gegenüber der Zeitung «Südostschweiz» (Ausgabe vom 18. September 2017) sagte. Es sei aber nach geltender Praxis des Bundesgerichts klar, «dass unter dem Deckmantel der Raumplanung keine Massnahmen getroffen werden dürfen, deren primärer Zweck darin besteht, das ansässige Gewerbe vor Konkurrenz zu schützen».

So sähe die Kinolandschaft mit einem zusätzlichen Multiplex-Grosskino in Chur aus. VISUALISIERUNG RICO KEHL

Sollte die Initiative aber wider Erwarten trotzdem gültig sein und vom Churer Stimmvolk angenommen werden, wären davon alle zum Zeitpunkt der Annahme noch nicht rechtskräftig genehmigten Bauvorhaben betroffen.

Hier kommt für das geplante Grosskino der Faktor Zeit ins Spiel. Sollten die Einsprachen gegen das Bauvorhaben nicht bis spätestens Ende 2019 endgültig vom Tisch sein, könnte Kalberer den Bau des Grosskinos mit ihrer Initiative verhindern. Und ob das Bundesverwaltungsgericht sein endgültiges Wort bis dahin bereits gesprochen hätte, ist mehr als fraglich.

Würdet Ihr der Initiative gegen das Churer Grosskino zustimmen, wenn sie rechtsgültig ist?

Klarer Fall: Ja!
16%
Eher Ja
4%
Eher Nein
7%
Ganz sicher nicht!
74%
807 Stimmen

Mit jedem Tag, der vergeht, gelingt es der Kino Chur AG, den Bau des Grosskinos weiter hinaus zu zögern. Wenn auch die Chancen auf eine kategorische Verhinderung des Baus aus verfassungsrechtlicher Sicht eher gering sind.

Ein unvernünftiger Gamble

Die einzige Unbekannte in der Churer Kino-Gleichung: Wie lange sieht sich die Kitag das Theater noch an? Dass die Betreiberin abspringt, ist die wahrscheinlichste Option, um das Grosskino wirklich noch zu verhindern. Und genau darauf dürfte Kalberer im Endeffekt pokern. Sie scheint aber schlechte Karten in der Hand zu haben.

Was bleibt ihr also anderes als ein Bluff in Form der Kino-Initiative? Mit den Einsprachen der Anwohner stellt Kalberer all ihre Chips in die Mitte des Pokertisches. Es ist ihr einziges Gewicht, das sie derzeit gegen das Grosskino in die Waagschale werfen kann. Und das mit einer Poker-Hand, die nur gewinnt, wenn der eine Fall eintritt, dass die Kino-Königin zurück ins Kartendeck verschwindet. Am Pokertisch wäre dieser Gamble unvernünftig.

Kommentieren
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Ich finde das einfach nur traurig was da passiert. Eine Gruppe von wenigen Personen schafft es, 99.9% aller Einwohner der Region dermassen ans Bein zu pis... Wieso ist in unserem Rechtsstaat sowas überhaupt möglich? Im Recht sind die Verbraucher, die Einwohner. Und die leiden durch die Kino Chur AG.
Es benötigt wohl ein geschlossenes Boykott damit die mal endlich mit diesem erbärmlichen Theater aufhören.
#KinoChurBoykott

So ein Schwachsinn! Haben Sie (als mutmasslicher Anstifter zu KinoChurBoykott) mal mit der Familie Kalberer Kontakt aufgenommen, wozu Sie schon mehrmals aufgefordert wurden? Als ob die Verbraucher und Einwohner Churs daran leiden würden - also bitte! Kino ist kein Menschengrundrecht. Vielleicht leiden die Anwohner dann eher am grösseren Verkehrs- und Lärmaufkommen. Oder wohnen Sie vielleicht in der Nähe des geplanten Kinos? Ich bezweifle es...
Und ja, genau darum ist so etwas in einem Rechtsstaat möglich, damit jeder seine Meinung vertreten kann und nicht nur die Grossen mit dem dicken Geldbeutel alles bestimmen können.

Eine Schweinerei der Kino Chur AG. Nur weil sie selber lieber nur Leute abzocken, statt in die eigenen Kinos Geld zu investieren. Behindern Sie dieses tolle Projekt für Chur und die Region. Zu feige um sich dem freien Markt zu stellen.

Was Frau Kalberer hier abzieht ist eine Frechheit.
Ihr Unternehmen hatte in Chur über lange Jahre ein Monopol, daraus gemacht haben Sie nichts. Jetzt wo Herr Domenig die Stadt Chur aufwerten will mit einem Grosskino, schreit Frau Kalberer aus alle Löchern. Ich hoffe sehr das Herr Domenig das ganze zustande bringt und das Frau Kalberer mit ihren Kinos Gnadenlos untergeht, was anderes hat man nach so einem unnötigen Aufstand nicht verdient. Einfach nur lächerlich!

Ich finde es eine Frechheit was diese Dame sich erlaubt, machen wird sie nicht wenn das neue Kinocenter nicht gebaut würde und zur Rechenschaft kann man sie auch nicht, dies ist nun mal frei Marktwirtschaft, nach dem Prinzip wenn es mir nuetz ist alles erlaubt und wenn ich dabei verliere, aber ich habe moralisch gewonnen, was nachher kommt oder nichts ist mir egal. Für so Sachen ist die Stadt Chur ein guter Freund, (Föhn und der Neid), nach Prinzip alles behindern aber nachher fluchen das nichts mehr geht.

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