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Wegen Linth-Limmern droht dem Kanton noch ein Loch

Der Kanton Glarus verkauft seinen Stromanteil an der Kraftwerke Linth-Limmern AG. Das war während der Bauzeit des Pumpspeicherwerks Limmern ein Verlustgeschäft. Jetzt droht noch ein weiteres Millionenloch.

Fridolin
Rast
21.04.18 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Nicht nur Sonnenschein: Aus dem Wasser des Limmernsees wird Strom, der dem Kanton Glarus Verluste bringt – und nun noch Ärger mit Bern.
Nicht nur Sonnenschein: Aus dem Wasser des Limmernsees wird Strom, der dem Kanton Glarus Verluste bringt – und nun noch Ärger mit Bern.
SASI SUBRAMANIAM

Der Limmernsee war 2015 und 2016 ziemlich leer. Anders hätten die Bauarbeiter den Anschluss des neuen Muttsee-Pumpspeicherwerks «Linthal 2015» an diesen Wasserspeicher nicht bauen können. Denn dieser Anschluss liegt weit unter dem normalen Wasserspiegel.

Die Folge dieses Tiefstands und überhaupt der Bauarbeiten für die Kraftwerke Linth-Limmern AG (KLL): Auch das alte Kraftwerk im Tierfehd produzierte weniger (Winter-Spitzen-)Strom. Doch die Kosten entstanden trotzdem.

Laut Jahresrechnung 2016 hat der Kanton Glarus 32,8 Millionen Franken ausgegeben für seinen Stromanteil von der KLL. Effektiv bezahlt hat er zwar nur 17,4 Millionen, denn 15,4 Millionen davon gingen in eine Reserve, die der Kanton anlegte. Für den Fall, dass er im Streit mit der KLL-Miteigentümerin Axpo unterliegt und künftig auch die Verluste beim neuen Kraftwerk mittragen muss. Diese Verluste entstehen durch die teuren Investitionen und die aktuell tiefen Strompreise.

Eingenommen wurden aber nur 11,6 Millionen für den Kantonsanteil am verkauften Strom. Und es blieb so oder so ein markanter Verlust von knapp sechs Millionen. 2017 waren die Erträge immerhin wieder um etwa vier Millionen Franken höher als die Aufwände. Allerdings auch nur darum, weil nun mit knapp fünf Millionen aus der Reserve die laufende Rechnung aufgehübscht werden konnte.

Streit um die Mehrwertsteuer

Als ob das nicht schon kompliziert genug wäre: Nun kommt auch noch die Eidgenössische Steuerverwaltung, die ESTV ins Spiel. Mit ihr muss der Kanton die Mehrwertsteuer abrechnen.

Auf der einen Seite nimmt der Kanton die Mehrwertsteuer für den verkauften Strom ein. Auf der anderen Seite liefert er den Pumpstromlieferanten und der Kraftwerkbetreiberin für ihre Leistungen Mehrwertsteuer ab. Diese wird als Vorsteuer bezeichnet.

Subvention oder nicht?

An die ESTV bezahlen muss der Kanton nur die Differenz zwischen der eingenommenen Mehrwertsteuer und der Vorsteuer. Jedenfalls theoretisch. Warum es in der Praxis anders sein könnte, beschreibt der Regierungsrat im Kommentar an den Landrat, der die Jahresrechnung genehmigen muss. Denn der Kanton stellt 2,2 Millionen Franken zurück, die er vielleicht doch noch zusätzlich als Mehrwertsteuer abliefern muss.

Die ESTV stellt sich auf den Standpunkt, der Kanton dürfe nicht die ganze Vorsteuer für sich behalten – und fordert das Geld nach. Das kommt davon, dass die Defizitdeckung, die der Kanton auf seinem Stromverkauf in den mageren Jahren 2012 bis 2017 geleistet hat, aus Sicht der ESTV eine Subvention ist. Womit der Kanton der KLL den zu teuren Strom vergütet. Und wer Subvention bezieht, muss zwar auf der Subvention keine Mehrwertsteuer zahlen, er dürfe aber auch den entsprechenden Vorsteuer-Anteil nicht für sich behalten.

Es resultiert eine Kürzung, mit welcher der Regierungsrat nicht einverstanden ist: «Der Kanton Glarus bestreitet jedoch, dass es sich bei der Defizitdeckung um eine Subventionierung im Sinne des Mehrwertsteuergesetzes handelt.»

Trotzdem hat der Kanton vorsichtshalber den Betrag bereits zurückgestellt und damit auf eine Nachforderung der ESTV reagiert. Verfügt habe dies die ESTV noch nicht, heisst es beim Finanzdepartement. Kommt es aber zum Rechtsstreit, so müsste der Kanton gegen eine Verfügung bei der ESTV rekurrieren. Weist diese den Rekurs ab, so könnte der Kanton dagegen laut Gesetz ans Bundesverwaltungsgericht gelangen.

Finanzkommission wartet ab

Entschieden sei die Frage noch nicht, erklärt Kaspar Becker, Präsident der landrätlichen Finanzaufsichtskommission und gewählter künftiger Regierungsrat. Es sei darum eine richtige Vorsichtsmassnahme, dass das Geld zurückgestellt wurde. Die Kommission stütze aber die Praxis der Regierung und hoffe, die Forderung werde in diesem Sinn bereinigt. Sprich: Der Kanton müsse nicht nachzahlen und damit für den aktuell verlustreichen Pumpstrom noch mehr zahlen.

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Jetzt hört doch endlich mal zum Jammern auf! Die ganze Problematik ist doch "hausgemacht", weil alle die irgendwie mit der Sache im Kanton Glarus zu tun haben, geschlafen haben resp. die Innovationen vorbeiziehen liessen. Die Photovoltaik-Anlage hätte man gleich beim Vergrössern der Staumauer anbringen können und nicht erst - voraussichtlich - 2019; siehe Pumpspeicherwerk Krümmel in Deutschland. Auch hätte man die Anlage durch Windenergie ergänzen können, um zusätzlichen - kostenlosen - Pumpstrom zur Verfügung zu haben - da gibt es einige Beispiele in Nachbarländern -. da hätte es sicherlich weniger Widerstände seitens der Bevölkerung gegeben, als jetzt beim Projekt Linth-Wind in Glarus Nord. Bevor man immer "gegen alles ist", sollte man sich überlegen, was ist das "geringere Übel" bei den Herausforderungen über die zu erwartende Energiesituation. Aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es so, dass alle keine Ahnung haben und da viel. Eben, mit "Management by Jeans" kommt man nicht weiter.

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