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Kaum aufgetaucht, schon nagen Biber am Linthdamm

Biber breiten sich seit Kurzem an der Linth aus. Punkto Hochwasserschutz kann das dereinst gefährlich werden. Die Frage ist: Wo am Damm gräbt die nächste Generation ihre Biberbaue?

Fabio
Wyss
07.02.23 - 04:30 Uhr
Ereignisse

Etliche Äste, Baumrinden und -strünke – allesamt sind sie angeknabbert. «Je heller das Holz, desto frischer ist die Spur», erklärt Ralph Jud. Auf einem Kontrollgang zeigt der stellvertretende Linthingenieur in der Grynau ganz frische Biberspuren. «Unten in der Bätzimatt gibt es einen Bau», weiss der Kaltbrunner.

Für das Linthwerk ist das Nagetier nicht unproblematisch. Denn seine Baue bergen ein Risiko für den Hochwasserdamm. Der Eingang eines Biberbaus befindet sich unter Wasser – zum Schutz vor anderen Tieren. Dieser Umstand erschwert es auch dem Menschen, Biberbaue zu entdecken.

Einer, der das am eigenen Leib erfahren hat, ist Linthaufseher Pius Kistler. Als der Wasserstand kürzlich tief war, watete er in Fischerstiefeln durch die Hintergräben. Zwischen Giessen und Grynau untersuchte er von den Seitenkanälen her den Hochwasserdamm auf Biberbaue. In diesem Abschnitt ist der Damm besonders hoch. Unterirdische Kanäle wären folgenreicher als anderswo. Bei Hochwasser sickere Wasser im Hochwasserschutzdamm ab. So kann es konzentriert durch den Biberbau fliessen, wie ETH-Ingenieur Jud sagt. Durch das Mitschwemmen von Material vergrössere sich die Schwachstelle laufend. Im Fachjargon wird das «innere Erosion» genannt. Sie kann zu einem Dammbruch führen.

Biber bloss ober- und unterhalb

Dieses Szenario ist momentan aber bloss Theorie. Denn der Reichenburger Kistler kann entwarnen: «Entdeckt haben wir bislang keine Biberbaue.» Das sei kein Zufall, fügt Jud an. «Der dortige Hochwasserdamm erschwert es dem Biber aufgrund seiner stabilen Bauweise, sich dort niederzulassen.»

So kommt es, dass die Biber just an jener neuralgischen Stelle des Linthkanals nicht vorkommen. Dafür fallen die Nager neben der Grynau auch in Weesen auf – knapp einen Kilometer nach dem Ausfluss aus dem Walensee. «Jetzt hat er wieder viel genagt», sagt Linthaufseher Kistler, als er auf die Böschung blickt.

Am Fluss unten im neu ausgeschiedenen Naturschutzgebiet Landig finden sich ganze Biberdämme und -burgen. Auf einer kleinen Insel befindet sich eine «Zweitwohnung», wie Kistler die dortige Biberburg nennt. Denn diese «Ferienresidenz» sei nur bei Niedrigwasser bewohnbar. «Wenn der Wasserstand steigt, flutet das den Bau», sagt er.

Auch am Escherkanal gibt es Biberspuren wie gefällte Bäume. «Im Hauptgewässer breiten sie sich nicht aus, eher in den Nebengräben», erklärt Ralph Jud. Zum Beispiel beim Rütelibach in Mollis hat er einen Bau entdeckt. Bis anhin würden die Biber dort aber noch keine Probleme machen. Zusammen mit den Wildhütern haben sie ein Monitoring gestartet, um mehr über die Population zum Beispiel mithilfe von Wildtierkameras zu erfahren.

Linth schränkt Lebensraum ein

Wie viele Biber an der Linth wohnen, kann niemand genau sagen. Auch Wildhüter Benedikt Jöhl nicht: «Eine genaue Anzahl Tiere ist schwierig zu nennen, da die Biber nachtaktiv sind.» Er geht derzeit von zwei bis drei Revieren aus. «Die unnatürliche Gewässerstruktur an der Linth grenzt den Lebensraum der Biber etwas ein.»

Andernfalls stünde das Linthwerk vor einem Problem. Sollten sich Biber am Hochwasserdamm im Mittelteil des Kanals niederlassen, können sie nicht einfach vertrieben werden. Sowohl das Tier als auch seine Bauten sind geschützt. «Wenn tatsächlich eine wegen Hochwasser kritische Baute entdeckt wird, kann diese nicht einfach zugeschüttet werden», sagt Jöhl.

Darum hofft Ralph Jud vom Linthwerk, dass der Biber im Ober- und Unterlauf des Kanals bleibt. Er traut der ganzen Sache aber noch nicht so recht: «In Zukunft wird uns das weiter beschäftigen», sagt der stellvertretende Linthingenieur. Das liege daran, dass sich der Biber erst seit wenigen Jahren wieder im Linthgebiet ansiedelte. «Die Biber haben zurzeit vereinzelte Reviere pro Familie. Die Frage ist, was mit dem Nachwuchs passiert.»

Sicher ist bloss: Angeknabberte Bäume, Biberburgen oder Stauungen sieht man künftig öfters an der Linth. Und mit viel Glück schwimmt auch mal ein Biber vorbei. «Ich hab mal am helllichten Tag einen gesehen», sagt Linthaufseher Kistler.

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Das ist doch eine einmalige Chance für das Kundertriet, dort will ja die Linthverwaltung selber mit teurer Maschinenarbeit den Linthdamm zerstören. Das macht nach ihrer Theorie der Biber nun doch wesentlich günstiger?

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