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Davoser Netzwerk fürs Gehirn

Der Gesundheitsplatz Davos hat einen vielversprechenden Zuwachs erhalten. Die Stiftung Global Neuro will mit Ausbildungsangeboten weltweit den Wissenstransfer in der Neurochirurgie fördern.

Béla
Zier
03.01.18 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Geschäftsführerin Linda Domeisen.
Geschäftsführerin Linda Domeisen.
PRESSEBILD

Die Davoser AO Foundation ist in Chirurgenkreisen rund um den Globus bekannt. In keiner Weise abschätzend, sondern vielmehr neckisch werden die dort Forschenden auch als Knochenschlosser betitelt. Ihr Kerngebiet ist die Forschung, Entwicklung und Lehre in der chirurgischen Frakturversorgung. Darunter fällt etwa die Traumatologie (Unfallchirurgie) sowie auch Behandlungen an der Wirbelsäule oder von Gesichtsfrakturen.

In der Öffentlichkeit kaum bekannt ist, dass sich die AO-Stiftung auch mit Neurochirurgie – Schädel-Hirn-Verletzungen – befasst. Der Bereich AO Neuro ist ein Pilotprojekt, welches 2013 auf Initiative der AO-Stiftung hin ins Leben gerufen wurde. Seither wurden auf diesem Gebiet alljährlich Ausbildungskurse in zahlreichen Ländern durchgeführt. Mit der im vergangenen Monat erfolgten Gründung der am AO-Hauptsitz in Davos ansässigen Global-Neuro-Stiftung wurde diese Disziplin jetzt in die Selbstständigkeit überführt. Die Pläne sind ambitiös.

AO-Stiftung als Unterstützerin

Zu Beginn des letzten Jahres habe die AO-Stiftung beschlossen, sich wieder vermehrt auf ihren Kernbereich, Knochen, zu konzentrieren und die Initiative AO Neuro per Ende 2017 zu beendigen, führt Linda Domeisen aus. Umsonst, so sagt die Geschäftsführerin der Stiftung Global Neuro, sollte die in den zurückliegenden Jahren geleistete Aufbauarbeit aber nicht gewesen sein.

«Die bei AO Neuro engagierten Chirurgen wollten das nicht einfach versanden lassen. Deshalb entschied die AO-Stiftung, dass man sie bei der Stiftungsgründung unterstützt und mit einer Anschubfinanzierung hilft», erklärt Domeisen, die bislang als Managerin AO Neuro geleitet hat.

Alles für das Patientenwohl

Kernaufgabe der Stiftung Global Neuro sei, es Ärzte auszubilden, um die Behandlungsergebnisse im Bereich der Neurowissenschaften, insbesondere der Neurochirurgie, zu verbessern, führt Domeisen aus. «Bei unserer Ausbildung geht es vor allem um das praktische Handwerk, in Zukunft wird vielleicht auch die Forschung ein Thema werden.»

Die Kurse wolle man vor allem auch in jenen Regionen der Welt anbieten, in welchen die Menschen medizinisch unterversorgt sind. In dieser Hinsicht könne man auch von einem Wissenstransfer sprechen, so Domeisen. «In einem Global-Neuro-Kurs können junge Ärzte neues Wissen aufbauen, und ältere Chirurgen ihr Wissen auffrischen sowie neue Operationstechniken dazulernen.»

Wachstum in Davos erhofft

In der Aufbauphase der Stiftung Global Neuro werde noch vieles ganz eng mit der AO-Stiftung verknüpft erarbeitet, sagt Domeisen. «Wir können nicht von einem auf den anderen Monat eine komplett selbstständige Organisation auf die Beine stellen.» Man stehe derzeit mit verschiedenen Indus-triebetrieben zwecks Partnerschaft in Verhandlungen, um die blutjunge Stiftung langfristig finanzieren zu können. Domeisen ist optimistisch: «Es sieht sehr erfolgversprechend aus.»

Derzeit beschäftige die Stiftung drei Personen, zwei davon in Davos. «Wenn es nach uns ginge, würden wir gerne in Davos wachsen», hofft die Geschäftsführerin der Stiftung Global Neuro.

Kurse in China und Italien

Die Stiftung Global Neuro wird ihre ersten Ausbildungskurse in diesem Jahr in den USA, China, Österreich und Italien organisieren. Laut Domeisen kann man mit dieser Anzahl aber langfristig nicht überleben.

Die Vorgängerorganisation, AO Neuro, habe alleine im gerade zu Ende gegangenen Jahr insgesamt 18 Kurse durchgeführt und das müsse auch die Global-Neuro-Stiftung erreichen. Um die Chancen, dieses Ziel zu erreichen, scheint es nicht schlecht bestellt. Domeisen: «Es bestehen ganz viele regionale Neurochirurgie-Organisationen, aber im Moment niemanden, der sich weltweit auf Ausbildung spezialisiert hat.»

Béla Zier ist Redaktor der gemeinsamen Redaktion Online/Zeitung «Südostschweiz» und «suedostschweiz.ch» und berichtet über die Region Davos und das Prättigau. Er ist seit 1993 für die Medienfamilie Südostschweiz tätig und arbeitet dort, wo er auch wohnt. In Davos. Mehr Infos

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SO schreibt:
Davos: "Stiftung Global Neuro: Blutjunge Knochenschlosser-Stiftung", ja, so verstehe ich leider auch den "offiziellen GR-Regierungs-"Gesundheitstourismus": Kliniken aufstellen (was man allerorts kann, Metoo statt essenzieller USP darstellt) - während ich das weit höhere Einsparungspotenzial an Krankenwesenkosten und -Leiden in der Vorbeugung sehe: Wenn sogar Menschen - so wie ich es tagtäglich erlebe - mit Schlaganfall und Dauerkopfschmerzen - denen ärztlich RUHE-Notwendigkeit verschrieben/attestiert wird - unter Dauerlärm insbesondere in ihrem Schlafzimmer zusätzlich leiden müssen, für welchen sogar für Gesunde der Artikel von Dr. Theo Löbsack in DIE ZEIT "Folter unserer Zeit: Lärm" gilt - so orte ich GR eklatantes ein Manko an sozialer und Medizinischer Zuwendung bzw. ein Gesundheitsaufhol-Potenzial.

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