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Die Aprilsession ist vorbei – im Juni geht es weiter

Der dritte Tag der Aprilsession des Bündner Grossen Rates ist vorbei. Das Parlament hat im Kongresszentrum in Davos über eine vielfältige Traktandenliste debattiert. Wir haben alles getickert.

21.04.21 - 08:41 Uhr
Politik

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Die Aprilsession des Grossen Rates ist vorbei.
OLIVIA AEBLI-ITEM

Die Aprilsession ist vorbei – im Juni geht es weiter

Standespräsident Martin Wieland erklärte die Aprilsession soeben für beendet und entliess die anwesenden Grossrätinnen und Grossräte sowie die Regierung in den Mittag. Die nächste Session des kantonalen Parlaments ist für den Juni angesetzt, ob diese dann erneut wieder im Kongresszentrum in Davos stattfindet, ist noch offen. 

Zum Schluss geht es noch einmal um den Wolf

Zum Schluss der Aprilsession wird eine dringliche Anfrage von Grossrat Gian Michael (BDP/Schams) behandelt, welche sich ebenfalls mit der Wolf-Frage beschäftigt. Die Grossräte diskutieren über den Handlungsspielraum der Regierung, besonders im Rahmen des kürzlich verabschiedeten, bundesweiten Jagdgesetzes. Konkrete Aussagen könne die Regierung aktuell noch nicht machen, heisst es. Die Regierung teile jedoch die Auffassung, dass die Schadensschwelle sehr tief festgelegt sein müsse. Es sei entscheidend, dass bei Angriffen auf Tiere der Rinder- und Pferdegattung sowie Lamas und Alpakas (Neuweltkameliden) rasch interveniert würde, da mit allen Mitteln verhindert werden müsse, dass sich Wölfe zu stark an diese Tierarten heranwagen. Einzig mit einer Senkung der Schadensschwelle würde ein befriedigendes Wolfsmanagement mittelfristig jedoch nicht zu erreichen sein. 

«Eine Gesetzesrevision, wie sie im Jahr 2020 vorgeschlagen wurde (unter anderem mit Bestandesregulation) und die den Wolfsbestand auch zur Stärkung des Herdenschutzes gezielt steuern lässt, sowohl (a) in der Anzahl Wölfe wie auch (b) im Verhalten der Wölfe, bleibt mittelfristig ein sehr wichtiges Anliegen», schreibt die Regierung.

 

Mehr politische Rechte für Menschen mit umfassender Beistandschaft?

Menschen mit einer Beeinträchtigung sollen künftig mehr politische Rechte erhalten, dies fordert der Erstunterzeichner Philipp Ruckstuhl (CVP/Rhäzüns) in einer Anfrage an der Regierung. Aktuell sei nur der Kanton Genf ein Kanton, in welchem Menschen mit einer umfassenden Beistandschaft nicht nur das aktive, sondern auch das passive Wahlrecht hätten.

Die Regierung antwortet dem Grossrat wie folgt: «Der Regierung ist es wichtig, dass sich Menschen mit einer Behinderung im Kanton Graubünden am politischen Prozess beteiligen können. Eine systematische Verweigerung politischer Rechte gegenüber Menschen mit Behinderung wäre diskriminierend und würde gegen Völkerrecht verstossen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte anerkannte auf der anderen Seite aber auch, dass es unter gewissen Umständen zulässig ist, Personen mit geistiger Behinderung von den politischen Rechten auszuschliessen. Es brauche dafür aber eine individuelle Prüfung.»

Der Kanton Graubünden regele den Ausschluss vom Stimm- und Wahlrecht analog zum Bund. Gemäss Art. 9 Abs. 2 Kantonsverfassung seien [nur] Personen vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen, die wegen dauernder Urteilsunfähigkeit unter umfassender Beistandschaft stünden oder durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten würden. Das heutige Kindes- und Erwachsenenschutzrecht im ZGB trage dem Umstand der politischen Beteiligung von Menschen mit einer Behinderung ausführlich Rechnung und sehe eine Einzelfallprüfung vor.

Die verschiedenen Beistandschaften und die vollständige Antwort der Regierung sind hier ersichtlich.

Auch bei diesem Thema wird Diskussion verlangt, da die Mitunterzeichnenden mit der Antwort der Regierung nur teilweise einverstanden sind.

Die Geschlechterfrage in der Verwaltung

Die SP-Grossrätin Silvia Hoffmann (Chur) möchte in ihrem Auftrag «Kader-und Führungspositionen in der Verwaltung des Kantons Graubünden» mit folgenden Anliegen an die Regierung herantreten:

  1. In Analogie zur Bundesverwaltung sollen bis 2023 Massnahmen ergriffen werden, damit Kaderpositionen, die einer regierungsrätlichen Wahl unterliegen, spürbar und sichtbar geschlechtergerecht besetzt werden.
  2. Die Regierung sorgt dafür, dass sie selbst, die Antragstellenden für die Stellenbesetzung und Headhunter entsprechend geschult sind: beispielsweise wie Stellenausschreibungen formuliert werden und wie der Rekrutierungsprozess geschlechtergerecht gestaltet wird.
  3. Die für den «Aktionsplan Gleichstellung in der Kantonalen Verwaltung» verantwortliche Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann soll mit ihren Fachkenntnissen die Regierung unterstützen.

Die bereits erfolgte, schriftliche Antwort der Regierung gestaltet sich wie folgt:

Der Regierung sei die Tatsache bekannt, dass die Mehrheit der Dienststellen und die Standeskanzlei von Männern geleitet würden. Ebenso seien die Stäbe und die Kaderpositionen der fünf Departemente mehrheitlich von Männern besetzt. Es sei auch nicht von der Hand zu weisen, dass in jüngster Vergangenheit lediglich je eine Frau als Dienststellenleiterin des Amts für Volksschule und Sport sowie als stellvertretende Kanzleidirektorin gewählt worden seien. «Der von den Unterzeichnenden erhobene Vorwurf, dass die Regierung die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt habe, wird hingegen zurückgewiesen», schreibt die Regierung. Es würden laufend Massnahmen umgesetzt, um zeitgemässe Arbeitsbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen. Dadurch erhofft sich die Regierung, dass sich mehr Frauen auch auf vakante Kader- und Führungspositionen bewerben. 

Die vollständige Antwort der Regierung gibt es hier.

Da die Regierung den Auftrag teilweise abändern möchte, kommt es automatisch zur Diskussion. 

Der Vorstoss wird von den Grossrätinnen und Grossräten überwiesen.

Der geforderte Stellenstopp in der Verwaltung gibt zu reden

Ein BDP-Fraktionsauftrag gibt zu reden. Die Grossräte debattieren ausgiebig. Und darum geht es:

Nach Jahren mit sehr guten Ergebnissen bedarf es vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Budgets und Jahresrechnungen eines Kulturwechsels bei der Schaffung von neuen Stellen, wie die Unterzeichnenden im Auftrag schreiben. Es werde wichtiger denn je, die vorhandenen Personalressourcen bedarfs-, ziel- und wirkungsorientiert einzusetzen.

Ziel des Auftrages ist es, die Schaffung zusätzlicher Stellen bis 2024 zu verhindern, ohne Lohnbudgets oder Lohnentwicklungen für bestehende Mitarbeitende zu verhindern, so der Wortlaut.

Aufgrund dieser Ausführungen beauftragen die Unterzeichnenden die Regierung:

  1. Dem Grossen Rat einen Vorschlag zu unterbreiten, wie ein Stellenschaffungsstopp bis Ende 2024 umgesetzt werden kann.
  2. Neue Stellen innerhalb der Verwaltung und innerhalb des anvisierten Zeithorizonts durch Stellenumwandlungen oder natürliche Fluktuationen zu kompensieren.

Die Regierung jedoch beantragt dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen. 

Die BDP zieht nach der Debatte ihren Antrag zurück, unterstützt nun aber den Abänderungsauftrag der CVP. Die Regierung konnte sich bisher nicht zu diesem neuen Auftrag äussern, weshalb sie nicht sagt, ob sie diesen Abänderungsauftrag der CVP ablehnt oder nicht. Da nicht abgeklärt wurde, ob alle Unterzeichnenden den ursprünglichen Auftrag ablehnen, muss auch über den ursprünglichen Auftrag abgestimmt werden. 

Die Abstimmung zeigt denn auch deutlich – der abgeänderte Auftrag wird überwiesen. 

 

Die Fragestunde ist bereits vorüber, weiter geht es unter der Leitung von Martin Wieland, dem Standespräsidenten. Als nächstes steht die Wahl  einer Stellvertreterin oder eines Stellvertreters der Arbeitgeberseite bei der Schlichtungsbehörde für Gleichstellungssachen für den Rest der Amtsperiode 2021–2024 an. Gewählt wurde mit 111 Stimmen Herr Elia Lardi.

Lardi ist 37 Jahre alt und hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig. Nach der Matura an der Bündner Kantonsschule in Chur studierte er Recht an der Universität Bern. Von 2010 bis 2015 war er in einer internationalen Wirtschaftskanzlei in Zürich und London tätig. Von 2015 bis 2019 arbeitete Lardi beim Tiefbauamt Graubünden, zuletzt zwei Jahre als Abteilungsleiter Dienste und Mitglied der Geschäftsleitung. Daneben ist er auch als Dozent an der Höheren Wirtschaftsschule Graubünden (HWSGR) tätig.

Keine Leiterin Amt für das Wirtschaft und Tourismus?

Vera Stiffler (FDP/Chur) möchte von der Regierung wissen, weshalb keine Frau das Amt für Wirtschaft und Tourismus leitet. Konkret geht es um Folgendes: «Kürzlich wurde ein neuer Leiter Amt für Wirtschaft und Tourismus gewählt. Von den 35 leitenden Funktionen in der kantonalen Verwaltung sind also weiterhin nur gerade drei von Frauen besetzt. Die Regierung schreibt in ihrer kürzlich erschienenen Antwort zum Auftrag von Silvia Hofmann über Kader- und Führungspositionen in der Verwaltung, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt habe und laufend Massnahmen umsetze, die vermehrt zu Frauenkandidaturen führen.»

Drei Fragen möchte die Grossrätin nun von der Regierung beantwortet haben:

Wie viele Frauen und wie viele Männer (je) haben sich für die Stelle Leitung Amt für Wirtschaft und Tourismus beworben und sind davon (je) für ein Interview eingeladen worden? Weshalb wurde schlussendlich ein Mann gewählt? Und: Falls wenig Bewerbungen von Frauen eingegangen sind: Was sind die Learnings aus dieser Ausschreibung, um künftig vermehrt Frauenkandidaturen zu erhalten?

Regierungsrat Marcus Caduff beantwortet im Namen der Regierung die Frage wie folgt: 22 Bewerbungen seien eingegangen, 17 von Männern, 5 von Frauen. Je zwei Frauen und Männer seien zum Gespräch eingeladen worden, je eine Frau und ein Mann seien in die nächste Bewerbungsrunde gekommen. Es sei jene Kandidatur gewählt worden, welche die Kompetenzen erfülle und am besten ins Team gepasst habe. Wären die Kandidaten gleichwertig passend gewesen, hätte die Regierung der Frau den Zuschlag gegeben, so Caduff.

Surselva Wolf Wolfsrudel Stagias Welpen Stagiasrudel Rudel
Die Wolfsmutter mit den Welpen vom Wolfsrudel Stagias fotografiert in der Oberen Surselva.
Ervin Monn/Bildagentur Monn

Der Wolf – ein zu lösendes Problem?

Wölfe werden zur hausgemachten Plage – so der mehr als deutliche Titel der Frage von Grossrat Peter Flütsch (FDP/Rheinwald). Er möchte von der Regierung wissen: «Warum stellt sich die Regierung nicht hinter die wolfgeplagte Bevölkerung und verordnet regional gezielte Abschüsse und Regulierungen als Notmassnahme, bis der Bund seine Gesetzgebung angepasst hat?»

In der zweiten Winterhälfte sei es im Rheinwald zu bedrohlichen Begegnungen zwischen Menschen und Wölfen gekommen. Das dürfe nicht passieren, so Flütsch. Gemäss den neuesten Daten des Amts für Jagd und Fischerei (AJF) hat sich die Zahl der Wölfe in Graubünden innert einem Jahr von rund 25 auf rund 50 verdoppelt. Acht Wolfsrudel gelten als gesichert. 

Von der Regierung gibt Regierungsrat Mario Cavigelli (CVP) Auskunft. Die wachsende Population sei tatsächlich eine grosse Herausforderung, besonders im Winter, wenn die Wölfe dem Schalenwild folgen würden. Es sei die Aufgabe des AJF, dies anzugehen. Dessen Mitarbeiter seien dazu angehalten, entsprechende Wolfsvergrämungen vorzunehmen. Erst kürzlich sei dies geschehen, einem Wolf sei dabei ein Senderhalsband angelegt worden. Cavigelli betont aber auch, dass das Gesetz durch den Bund gemacht werde. Abschüsse müssten deshalb viele Bedingungen erfüllen. Würden Wolfsrudel gegenüber Menschen ein problematisches Verhalten, könne der Kanton entsprechend eingreifen. Was als ein «problematisches» Verhalten einzustufen sei, liege allerdings auch in Bundeskompetenz.

Steuererklärung Steuerverwaltung
Noch ist die Abgabe der Steuererklärung nicht wirklich digital möglich,
SYMBOLBILD ARCHIV

Gibt es bald eine Steuererklärung ohne Unterschrift?

Die Standesvizepräsidentin Aita Zanetti (BDP) begrüsst alle zum dritten Tag der Aprilsession. Los geht es sogleich mit der Fragestunde, da keine Nachtragskredite anstehen. Gestartet wird mit der Frage von Grossrat Thomas Bigliel (FDP/ Fünf Dörfer). Er möchte von der Regierung wissen, wann der Steuererhebungsprozess vollständig digitalisiert sein werde. Regierungsrat Christian Rathgeb (FDP) erklärt, dass die Digitalisierung bereits im 2015 Jahr begann. Das geltende Recht verlange die Unterschrift der Steuererklärung, so Rathgeb. Dies soll bald auf Bundesebene angepasst werden. In Graubünden gäbe es bereits eine entsprechende Ergänzung im Gesetz. Sobald das Bundesgesetz diesbezüglich angepasst sei, könne man in Graubünden das geltende Recht entsprechend anpassen. Im Laufe diesen Jahres könne dies bereits geschehen.

Mara Schlumpf ist Redaktorin und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Ursprünglich kommt sie aus dem Aargau, hat ihr Herz aber vor einigen Jahren an Chur verschenkt. Mehr Infos

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