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Der Gemeinderat haucht dem Museum neues Leben ein

Der Churer Gemeinderat korrigiert sich selber – jedenfalls teilweise. Er belässt den Beitrag an das Domschatzmuseum im Budget und will noch einmal über die Angelegenheit diskutieren.

Olivier
Berger
15.12.17 - 04:30 Uhr
Politik
Vor einem Monat wurde das geplante Domschatmuseum einstimmig versenkt - nun korrigiert sich der Churer Gemeinderat.
Vor einem Monat wurde das geplante Domschatmuseum einstimmig versenkt - nun korrigiert sich der Churer Gemeinderat.
SÜDOSTSCHWEIZ

Einen Monat nach der denkwürdigen Gemeinderatssitzung, an welcher der städtische Beitrag an das geplante Domschatzmuseum mit 11:10 Stimmen versenkt worden war (Ausgabe vom 17. November), kam das Churer Stadtparlament gestern auf seinen Entscheid zurück. Mit 16:4 Stimmen bei einer Enthaltung votierte er überraschend klar dafür, den vom Stadtrat bereits aus dem Budget gekippten Kredit über 600 000 Franken wieder in dieses aufzunehmen. Neben der geschlossenen FDP-Fraktion stimmte lediglich ein Mitglied der SVP gegen dieses Vorhaben.

Mit dem gestrigen Entscheid ist klar: Das Domschatzmuseum kommt noch einmal vor den Gemeinderat. Mit der Aufnahme des Beitrags ins Budget ist nämlich noch gar nichts beschlossen. Der Stadtrat muss dem Parlament jetzt eine neue Botschaft vorlegen, welche dieser erneut diskutieren wird. Erst, wenn der Gemeinderat dieser Vorlage zustimmt, können die Museumspläne des Bistums unterstützt werden.

«Formalismus» und der Druck

Vorangegangen war dem Entscheid des Gemeinderates eine über halbstündige Debatte unter anderem darüber, ob das Parlament ohne ein gesondertes Gesetz überhaupt Mittel für das Museum sprechen kann – unter anderem an dieser Frage war die Vorlage des Stadtrats im ersten Anlauf gescheitert. CVP-Gemeinderat Romano Cahannes hatte sich in der Zwischenzeit in der juristischen Fachliteratur kundig gemacht. Resultat: Nach einer Einschätzung aus Zürich wäre das Beharren auf einem gesonderten Gesetz «nicht vertretbarer Formalismus».

Allein auf formaljuristische Details vermochte sich der erklärte Museumsbefürworter Cahannes allerdings nicht berufen. Die Reaktionen der Öffentlichkeit in den letzten Wochen hätten gezeigt, dass das Nein des Gemeinderats «tendenziell eher nicht vom Volk getragen» werde, sagte er. Obwohl selber ein Befürworter der Museumspläne, mochte Ratskollege Jürg Kappeler (GLP) dieses Argument nicht gelten lassen. Es könne nicht sein, dass der Rat seine Meinung wegen «drei Leserbriefschreibern und zwei Kommissionspräsidenten» ändere, sagte er. Auch BDP-Gemeinderat Marco Tscholl meinte, der Rat solle sich nicht «durch Druck von aussen zu etwas drängen lassen».

Sowohl Anita Mazzetta (Freie Liste Verda) als auch Mario Cortesi (SVP) erklärten dagegen, sie empfänden den neuen Anlauf zum Museum nicht als Zwängerei. Immerhin sei der Entscheid vor Monatsfrist «mit einem Zufallsmehr» gefallen, so Cortesi. Der formelle Antrag, die 600 000 Franken im Budget zu lassen, kam schliesslich von der SP, die diesmal geschlossen hinter dem Museumsprojekt stand. Noch im November hatten zwei SP-Mitglieder für das damals überraschende Nein gesorgt.

Die FDP bleibt hart

Nichts von einem neuen Anlauf in Richtung Museumsfinanzierung wollte die FDP wissen. Man sehe «den touristischen und kulturellen Wert auch», betonte Hans Martin Meuli. Und es gehe auch nicht nur um die rechtlichen Kompetenzen des Gemeinderats, die notwendigen Mittel zu sprechen. Die FDP störe sich vielmehr daran, dass es dem ganzen Projekt nach wie vor an Transparenz fehle. Ausserdem könne der Museumsbeitrag ja auch über eine Volksinitiative gefordert werden und die Möglichkeit einer sogenannten Wiedererwägung innert eines Jahres gebe es auch noch.

Stadtpräsident Urs Marti erklärte, der Stadtrat habe mit seiner Streichung der Mittel aus dem Budget den Entscheid des Gemeinderats vom November «zu 100 Prozent respektiert». Darauf, dass der Gemeinderat das Recht habe, die Gelder zu sprechen, habe der Stadtrat schon im November hingewiesen. Wenn der Stadtrat eine solche Aussage mache, «dann dürfen Sie uns auch einmal glauben».

Die SP hatte in ihrem Antrag ursprünglich sogar fordern wollen, dass der Stadtrat das Museumsgeschäft dem Gemeinderat bereits in der nächsten Sitzung erneut vorlegen sollte. Weil dies aus formellen Gründen nicht möglich war, blieb es beim klaren Verdikt des Rates für die 600 000 Franken im Budget – und einem Zeichen der Hoffnung.

Olivier Berger wuchs in Fribourg, dem Zürcher Oberland und Liechtenstein auf. Seit rund 30 Jahren arbeitet er für die Medien in der Region, aktuell als stellvertretender Chefredaktor Online/Zeitung. Daneben moderiert er mehrmals jährlich die TV-Sendung «Südostschweiz Standpunkte». Mehr Infos

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SO titelt:
"Dem Museum neues Leben einhauchen."
Ich Churer wünsche mir in Chur:
"Dem Leben Leben einhauchen!"
Investments für weniger ungesundes Leben hier.

Komisch. Ein Leserbriefschreiber meinte, der "Domschatz" sei touristisch erheblich, nun kippt der Gemeinderat seine Entscheidung, meinend "dass das Nein des Gemeinderats «tendenziell eher nicht vom Volk getragen» werde.
Quizfrage: Wer hat noch näher mit der Kirche zu tun vom Volk - bietet diese Kirche nur einen Millimeter näher als Welten entfernt das lebensessentielle-existenzielle-Elixier, das in meinen Augen Eugen Drewermann verkörpert, insbesondere in seiner Warnung vor der Zerstörung nicht nur Europas?
Eugen Drewermann:
https://www.youtube.com/watch?v=IXNgOEISHFA
Todernst eines Komikers:
https://www.youtube.com/watch?v=4PtnMEtWz-c
Wieso bemerke ich, dass ausgerechnet die "Anbeter der Schöpfung" ebendiese so oft so wenig respektieren (sonst wären wir doch gesünder und glücklicher) worldwide?
Im vorliegenden Fall stimme ich den "geschlossen stimmenden" FDP-Gemeinderäten zu.

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