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Düstere Wolken über dem Festivalsommer 2021

Als Erstes der hiesigen Open Airs sagt das Quellrock Bad Ragaz auch für dieses Jahr ab. St. Gallen und Bern folgen. Grund sind die befürchteten Auflagen. Die Kleinen sehen noch eine Chance.

Ruth
Spitzenpfeil
23.03.21 - 04:30 Uhr
Kultur
Schlechtes Wetter, aber bessere Zeiten: Am Chapella Open Air im Engadin im Jahr 2013 hatte der geringe Publikumsaufmarsch andere Gründe als jetzt die nach wie vor kritische epidemiologische Lage, welche die Durchführung der Rockfestivals infrage stellt.
Schlechtes Wetter, aber bessere Zeiten: Am Chapella Open Air im Engadin im Jahr 2013 hatte der geringe Publikumsaufmarsch andere Gründe als jetzt die nach wie vor kritische epidemiologische Lage, welche die Durchführung der Rockfestivals infrage stellt.
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Noch drei Monate sind es hin, bis das erste der Open Airs in der Region starten wollte. Das Quellrock in Bad Ragaz macht jeweils in der zweiten Junihälfte den Auftakt für den normalerweise bis in den September dauernden Festivalsommer. Jetzt sind die Organisatoren des seit mehr als 40 Jahren ununterbrochen durchgeführten Events auch die ersten, welche mit einer Absage an die Öffentlichkeit treten. Das Quellrock findet 2021 zum zweiten Mal nicht statt.

Schutzkonzept nicht machbar

«Die Situation ist so unsicher; es bringt jetzt einfach nichts, den Entscheid noch länger hinauszuschieben», sagte Andres Hartmann, OK-Präsident des Open Airs Quellrock, am Montag gegenüber Radio Südostschweiz. Im letzten Jahr hatte das Quellrock noch zu denen gehört, welche die Flinte nicht vorschnell ins Korn werfen wollten. Sie hatten wie die meisten anderen Veranstalter von Sommeranlässen mit grösserem Publikumsauflauf erst Ende April die Verschiebung des angekündigten Programms auf 2021 beschlossen.

Die für eine einigermassen kostendeckende Durchführung notwendige Anzahl Besucher ist auch jetzt das entscheidende Argument für Hartmann. «Unser Festival ist nur rentabel, wenn wir mindestens 2000 Personen einlassen dürfen. Und es ist klar, dass wir nicht die Ressourcen haben, auf dem Freudenberg aufwendige Schutzkonzepte mit Testungen vor Ort oder dem Einscannen von Impfpässen umzusetzen», erklärt Hartmann.

Die Frage, ob wie im letzten Jahr die engagierten Bands – etwa die Berner Mundartrocker Patent Ochsner – eins zu eins wieder ins Lineup für 2022 übernommen werden können, ist allerdings nicht so einfach zu beantworten. Es werde ihnen zwar angeboten, so Hartmann, sie wollten sich aber allenfalls selbst anders orientieren. Deswegen könnten Gagenforderungen für den ausgefallenen Auftritt durchaus heuer fällig werden. Existenzbedrohend sei das für das Quellrock allerdings nicht. «Wir sind da ganz entspannt», meint Hartmann. Denn bereits hätten die wichtigsten Sponsoren schon wieder die Verträge verlängert. Ausserdem sei mit dem Kanton bereits eine Vereinbarung über allfällige Ausfallentschädigungen getroffen worden.

Zwei Grosse sagen ab

Wenige Stunden, nachdem am Montagmorgen das Bad Ragazer Event seine Entscheidung den Medien mitgeteilt hat, folgen zwei Donnerschläge, welche schweizweit die nach einem «normalen» Sommer lechzende Festivalszene ernüchtern dürfte. Mit den Worten «U äbä doch nomau» sagt das Gurtenfestival ab, welches erfahrungsgemäss rund 20 000 Besucher pro Tag anzieht. Für derartige Dimensionen sei eine Durchführung mit Impfnachweisen oder Tests vor Ort logistisch unmöglich, heisst es aus Bern.

Kurz darauf meldet sich das mit rund 30 000 verkauften Tickets pro Tag noch grössere Open Air St. Gallen. Auch hier bemängeln die Macher, dass von Behördenseite die Rahmenbedingungen und Kriterien für Festivals derzeit fehlten. In St. Gallen wird allerdings noch ein kleines Festivalprogramm für das Wochenende Anfang Juli «geprüft». Details sollen später bekannt gegeben werden.

Kleine im Vorteil

Es zeigt sich, dass in der momentan weitgehend von Unsicherheit geprägten Lage, die kleineren Veranstalter im Vorteil sind. Das gleiche gilt für diejenigen, deren Festival erst später in der Saison stattfinden soll. So blicken beim Engadiner Open Air Chapella die Organisatoren zuversichtlich auf den Sommer. «Wir fahren mit unserer Planung fort, beobachten die Entwicklung der Pandemie aber sehr genau», erklärt Pascal Benesch, der beim Festival für die Finanzen und die Administration verantwortlich ist. «Mitte Juni werden wir dann definitiv entscheiden, ob das Festival Anfang August stattfinden kann oder nicht.» Benesch rechnet damit, dass rund 600 Besuchern Eintritt gewährt werden kann. «Da wir relativ klein sind, sind wir guten Mutes, dass wir das Open Air durchführen können.»

Gleich spät im Sommer wie das Festival im Engadin, nämlich am zweiten Augustwochenende, ist das Open Air Malans angesetzt. Armanda Capaul, die Präsidentin des Organisationskomitees, geht derzeit noch davon aus, dass der Anlass in kleinem Rahmen durchgeführt werden kann. Der finale Entscheid, ob weitermachen oder absagen, werde man erst Ende Mai oder Anfang Juni fällen. «Wir machen es davon abhängig, was die Politik uns für Auflagen macht, also welche Einlasskontrollen gemacht werden müssen, und die Anzahl Leute, die wir aufs Gelände lassen dürfen», fasst Capaul zusammen.

Am längsten warten können wohl die Planer vom eher winzigen Open Air Safiental mit einigen Hundert Besuchern. Sie werden bis knapp einen Monat vor dem Termin im Juli warten, so OK-Chefin Stefanie Buchli.

Und in der Val Lumnezia?

In Graubünden blickt man nach den prominenten Absagen in der Nachbarschaft natürlich nach Degen. Das Open Air Lumnezia steht von der Dimension her zwischen den ganz Grossen und den Kleinen. Entsprechend schwer fällt dem seit 35 Jahren verantwortlichen Macher Norbert Cavegn der Entscheid. Er vertröstet die Fans auf Ende März.

Ruth Spitzenpfeil ist Kulturredaktorin der «Südostschweiz» und betreut mit einem kleinen Pensum auch regionale Themen, die sich nicht selten um historische Bauten drehen. Die Wahl-St.-Moritzerin entschloss sich nach einer langen Karriere in der Zürcher Medienwelt 2017, ihr Tätigkeitsfeld ganz nach Graubünden zu verlegen. Mehr Infos

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Da nimmt man den jungen und jüngeren Leuten die Lebensfreude.Gar nicht gut für die Psyche der Jugendlichen .Das sagt ein alter Rockfan 79 aus dem Glarnerland.Wir müssen mit diesem Virus Leben auch in Zukunft.Da nützt es nichts:alles zu verbieten, sonst wird im Underground gefeiert ,wie damals bei der Prohibition in den USA.Es wurde zu tausenden Tonnen Alkohol vernichtet +dann wieder zu tausenden Alkohol von der Mafia schwarz gebrannt.

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