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Mehr Besucher verstärken die Abfallprobleme im Kanton Glarus

An vielen Orten der Schweiz werden zurzeit Naturschutzgebiete überrannt. Vielerorts überlegt man sich laut, dagegen mit zusätzlichen «Rangern» anzukämpfen. Im Glarnerland ist das kein Thema – auch weil die besonders beliebten Gebiete keine Schutzgebiete sind.

Südostschweiz
09.08.20 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Menschen machen Müll: Dass Touristen in der Natur ihren Müll entsorgen, ist ein Phänomen, das in diesem Sommer besonders sichtbar ist. Bild: Keystone
Menschen machen Müll: Dass Touristen in der Natur ihren Müll entsorgen, ist ein Phänomen, das in diesem Sommer besonders sichtbar ist. Bild: Keystone

Die Ferien geniessen dieses Jahr viele Schweizerinnen und Schweizer in den heimischen Bergen, Seen und Wäldern. Dies hat auch negative Auswirkungen – auf die Natur. Gemäss der «NZZ am Sonntag» werden bestimmte Naturschutzgebiete und Naturgegenden regelrecht von Touristen überrannt.

Auch die Seen und Wanderwege im Kanton Glarus locken viele Naturbegeisterte an. Beliebte Reiseziele sind etwa der Klöntalersee in Glarus und der Obersee in Näfels. Wegen der vielen Touristen braucht es stärkere Massnahmen. Für das Klöntal wurde Anfang dieses Jahres ein umfassendes Konzept mit Vorsignalisationen erstellt, welches das erhöhte Verkehrsaufkommen regelt. «Es gab vor allem Probleme mit dem überhöhten Anspruch an Parkplätzen», sagt Sonja Kohler Müller, Leiterin der Standortförderung und Kommunikation bei der Gemeinde Glarus.

Das wilde Parkieren habe immer wieder zu Staus und Verkehrsblockaden geführt. Insbesondere bei Notfällen sei es zwingend, dass Blaulichtorganisationen frei durchfahren können. «Der Gemeinderat hat bewusst entschieden, bis auf Weiteres keine zusätzlichen Parkplätze zur Verfügung zu stellen.» Die Natur des Klöntals solle geschützt und eine Übernutzung verhindert werden.

«Es geht beim Verkehrskonzept um die Regulierung der Autos und damit der Parkplätze, nicht darum, generell den Zugang zum Klöntalersee zu verbieten», sagt Kohler Müller. An Spitzentagen sind im Auftrag der Gemeinde eine Sicherheitsfirma und Verkehrskadetten vor Ort, welche den Verkehr regulieren und bei einem erhöhten Besucheraufkommen eine Strassensperrung einleiten.

Die Besucheranzahl habe im Klöntal dieses Jahr stark zugenommen. Dies zeige sich auch in einer erhöhten Umweltbelastung. «Wir kämpfen mit massivem Littering. Der Unterhaltsdienst der Gemeinde räumt jeden zweiten Tag Abfall zusammen. Es mussten auch 10 zusätzliche WC-Kabinen rund um den Klöntalersee aufgestellt werden», sagt Kohler Müller. «Der Aufwand für den Unterhaltsdienst, alles zu reinigen, ist sehr gross.» Dadurch erhöhten sich die Kosten für die Gemeinde.

Mehr Personen unterwegs

Jakob Marti, Leiter der Abteilung Umwelt, Wald und Energie beim Kanton Glarus bestätigt die aktuellen Herausforderungen. Generell sei an vielen Erholungsorten in der Natur mehr Abfall vorzufinden. Jedoch hätten die Gemeinden ein genügend hohes Aufgebot an Aufsichtspersonen. «An den öffentlichen Orten wie dem Klöntalersee und dem Walensee gibt es weniger Regeln, die eingehalten werden müssen. Das liegt auch daran, dass sie keine Naturschutzgebiete sind», sagt Marti.

In den Naturschutzgebieten sind die Regeln zum Schutz der Umwelt strenger. Zu den Naturschutzgebieten im Glarnerland gehören zum Beispiel der Torfstichsee in Bilten und der Feldbach Mollis. «Doch dort sind keine speziellen Auffälligkeiten hervorgetreten», sagt Marti. Die Aufsichtspersonen seien von der Gemeinde angestellt. Sie führten periodisch Kontrollen durch. «Zum Beispiel entlang der Linth, im Gäsi und im Volksgarten Glarus. Die Naturschutzgebiete im Kanton Glarus werden jedoch nicht von Touristen überrannt», sagt Marti. Die nicht geschützten Gebiete seien davon stärker betroffen.

Strassen massiv überlastet

Auch das Oberseetal in Näfels ist überlastet. Die Gemeinde Glarus Nord ist gefordert, Massnahmen zum Schutz der Umgebung zu treffen. Wie im Klöntal, gilt auch im Oberseetal seit dem 10. Mai eine Parkplatzbeschränkung. Der zusätzliche Verkehr überlastet die Strasse. «Es gab schon in den vergangenen Jahren Belastungen, doch es war immer an der Grenze des Erträglichen. Seit dem Lockdown kam aber nochmals ein grosser Schub an Besuchern, weshalb eine Grenze erreicht ist», sagt Mirko Slongo, Leiter Kultur in Glarus Nord. Die Folge davon seien grosse Mengen an Abfall. Für die Abfallentsorgung stiegen die Kosten und der Arbeitsaufwand.

Rund um den Obersee würden Parkplätze markiert und Hinweistafeln aufgestellt. «Es war ein sehr grosser Aufwand, die Strassen zu markieren und die Verkehrstafeln umzustellen», sagt Slongo. «Überhaupt mussten in sehr kurzer Zeit viele Veränderungen vorgenommen werden. Das beanspruchte viel Zeit und hohe Kosten.»

Um die Zufahrtsbeschränkungen zu kontrollieren, ist auch hier ein Sicherheitsdienst tätig. «Zu Spitzenzeiten sind es schon mal 500 Autos am Tag. Davon müssen 350 abgewiesen werden, weil einfach kein Platz zum Parkieren da ist», so Slongo.

Tiere werden angelockt

Herumliegender Abfall locke auch Raubwild, wie Füchse, Dachse und Marder an, sagt Slongo. «Deswegen wurden Tafeln aufgestellt mit dem Hinweis an die Besucher, ihren Abfall wieder mitzunehmen.» Oftmals sei dann auch der Gemeindeunterhalt gezwungen, den Abfall einzusammeln.

Die Infrastrukturen konnten den Abfall nicht mehr aufnehmen. Die Anzahl der Toitoi-Kabinen am Oberseetal wurde laut Slongo mehr als verdoppelt. «Es geht nicht darum, den Kontakt zur Natur zu verwehren. Dennoch müsste den Besuchern klar werden, dass sie Verantwortung für ihren Abfall tragen», stellt Slongo klar. Dafür wurden Tafeln aufgestellt, die die Besucher anweisen, ihren Abfall wieder mitzunehmen.

In einigen Naturschutzgebieten in der Schweiz besteht gemäss der schon bald Kostenpflicht. Im Kanton Glarus ist das – abgesehen von den Parkgebühren – nicht der Fall. Auch Ranger gebe es im Kanton nicht. «Die Revierförster zum Beispiel können gegebenenfalls nur im Rahmen ihrer alltäglichen Tätigkeit intervenieren», sagt Slongo.

Nicht für jede Gemeinde sei es selbstverständlich, die Kapazitäten bereitzustellen, heisst es in der «NZZ am Sonntag». Manchen Gemeinden fehlen die finanziellen Möglichkeiten, um Infrastruktur, Aufsicht und Kontrolle bereitstellen zu können.

Im Kanton Glarus können die aktuellen Problematiken jedoch ohne zusätzliche Stellen angegangen werden. «Es kommt natürlich auf den Hotspot an, welcher kontrolliert werden muss», sagt Jakob Marti. «Grundsätzlich sind aber im gesamten Kanton Glarus die Kapazitäten vorhanden.»

Die Grenzen der Natur respektieren

Die Gemeinde Glarus Nord hat gezielte Massnahmen entwickelt, um das Oberseetal und weitere Naherholungsgebiete zu schützen.

«Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, welche sich um kurzfristige und notwendige Massnahmen kümmert. Zusätzlich wollen wir zukünftig in Beratungsfragen die Umwelt- und Tierschutzverbände miteinbeziehen» , sagt Mirko Slongo, Leiter Kultur bei der Gemeinde Glarus Nord.

Eine bereichsübergreifende Kooperation mit den Bereichen Bau und Umwelt, Wald und Landwirtschaft, Liegenschaften, den touristischen Organisationen und den Vertretern der diversen Interessensgruppen sei weiterhin geplant.

«Wir müssen langfristig denken. Das Oberseetal, wie auch die anderen Naherholungsgebiete, wird weiterhin von Tagesbesuchern und Einheimischen intensiv besucht werden», sagt Slongo. «Derzeit stellt sich die Frage, wie viel Kapazität noch vorhanden ist. Ökologie geht immer mit Ökonomie einher. Wir müssen dafür sorgen, dass die Natur am Schluss nicht der Verlierer ist», sagt er. (lho)

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Früher wurde der Müll entsorgt .Wir die alte und ältere Generation wurden damit von zuhause auf erzogen.Könnte auch ein Liedlein singen als ehemaliger Schul +Mehrzweckanlage Abwart.

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