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Wie wir das Klima retten können

Bis 2020 wollte der Kanton Glarus 30 Prozent CO2 einsparen – und er wird das Ziel weit verfehlen. Wo wir das Klimagas produzieren und was wir dazu tun können, damit die Klimaerwärmung weniger heiss wird. Eine Auslegeordnung.

Fridolin
Rast
02.03.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Strom aus Sonnenenerie ist gut für die Umwelt, hat aber auch seine Nachteile.
Strom aus Sonnenenerie ist gut für die Umwelt, hat aber auch seine Nachteile.
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Die Schüler gehen für den Klimaschutz auf die Strasse. Die Grünliberalen wollen den Klimanotstand ausrufen lassen. Die FDP ringt gerade um ihre interne Klima-Wende, um das Kabarettistenwort von der «Fuck de Planet»-Partei wieder loszuwerden. Und der Regierungsrat hat diese Woche aufgezeigt, wie sich das Glarner Klima bereits erwärmt hat und weiter erwärmen wird. Und wie sich das besonders auf die Naturgefahren im Kanton auswirken wird. Der Regierungsrat hat dabei auch zugegeben, dass er die eigenen Ziele bis 2020 nicht erreichen wird.

Der Kanton Glarus hat sich in seinen Energieplänen von 2012 für das Jahrzehnt von 2010 bis 2020 vorgenommen, das Klimagas CO2 aus Brennstoffen um 30 Prozent pro Einwohnerin und Einwohner zu reduzieren. Bei seiner Zwischenbilanz für 2017 kommt der Kanton erst auf 14,6 Prozent und damit ungefähr die Hälfte dieses Pro-Kopf-Ziels.

Immer noch 70 Prozent fossil

Das Klimagas CO2 entsteht aus der Verbrennung von fossilen Brenn- und Treibstoffen. Die Reduktion setzt beim grössten Energie-Brocken an: Erdöl und Erdgas decken rund 40 Prozent.

Weiter werden 30 Prozent in Form von Strom verbraucht, nochmals knapp 30 Prozent für den Verkehr – mehrheitlich als Benzin und Diesel. Was den Rest angeht, stammen 7 Prozent der (Heiz-)Energie aus CO2-neutralem Holz oder aus Umgebungswärme.

Aus der Verteilung ergeben sich Hinweise, was die einzelne Glarnerin, der einzelne Glarner tun kann, wenn ihm oder ihr auch künftig an einem kühlen Kopf in einem erträglichen Klima gelegen ist. Die vorläufige Bilanz des Regierungsrats macht klar: Die Politik ist damit nicht aus der Verantwortung. Sie soll im Gegenteil faire Gesetze erlassen, damit alle ihren Beitrag leisten.

Energiequellen

Der Kanton Glarus setzt sich zum Ziel, weniger CO2 zu produzieren. Einerseits muss er dafür bei der Energieeffizienz ansetzen (siehe unten). Anderseits hat er sich das Ziel gesetzt, mehr erneuerbare, klimaneutrale Energien zu nutzen. Als Potenziale für zusätzliche Produktion ohne CO2 nennt das Energiekonzept 2012 an erster Stelle Solar- und Windstrom. Sie könnten zusammen 60 Prozent des heutigen Strombedarfs decken.

STROM AUS SONNENENERGIE

Vor allem für Solarstrom gibt es langfristig ein grosses Potenzial. Die Fachstelle Energie beziffert die mögliche, wirtschaftlich sinnvolle Produktion allein auf den bestehenden Dachflächen auf 127 Millionen Kilowattstunden jährlich. Das entspricht mehr als einem Drittel des Glarner Stromverbrauchs.

Gut ist:

  • Blick in den Solarkataster, er zeigt das Potenzial im bewohnten Gebiet
  • Förderbeiträge nutzen
  • Auf jedes Haus eine Photovoltaik-Anlage. Perfekt ist je ein Feld nach Osten, Westen und Süden (etwa über einer Veranda oder einem Wintergarten)
  • Hausdach allenfalls mit dem Bau der Solarenergie-Anlage erneuern
  • PV-Anlagen auch auf Dächern und an Fassaden von bestenden Häusern
  • Mit einem Elektro-Auto kombinieren, das den nicht im Haus gebrauchten Strom speichern und im Idealfall zurückspeisen kann
  • Eigenverbrauchsgemeinschaften bilden
  • Leistung der Solarpanels auf den eigenen Strombedarf abstimmen
  • Wärmepumpe und Warmwasserboiler mit Solarstrom betreiben, Sonne auch thermisch nutzen

Schlecht ist:

  • Eine zu kleine Anlage
  • Eine ungenügende Abgeltung durch den Netzbetreiber
  • Vorurteile über den Preis, der im Zug der Massenproduktion aber wesentlich gesunken ist

STROM AUS WINDENERGIE

Für die Windenergie geht das Energiekonzept davon aus, dass in der Linthebene bis 2020 zwei Windturbinen erstellt werden. Würden sie schon drehen, so könnten sie laut dem Energiekonzept etwa 7 Millionen Kilowattstunden jährlich liefern. Heute ist allerdings unsicher, ob die Anlagen gebaut werden können. Die Daten über die Umweltverträglichkeit des Windparks «Linthwind» sind noch nicht bekannt, und es gibt massive Opposition. Im Energiekonzept ist das Potenzial der Windenergie auf über 70 Millionen kWh beziffert.

Gut ist:

  • Die Nutzung von Windenergie in geeigneten und für den Transport der Anlagen erschlossenen Lagen
  • Die Orientierung an funktionierenden Anlagen in ähnlichen Lagen, etwa Haldenstein (Graubünden)
  • Auch kleine Anlagen in Betracht ziehen
  • Abwägen zwischen positiven Wirkungen auf das Klima und den lokalen Nachteilen

Schlecht ist:

  • Undifferenzierte Opposition statt nüchternes Abwägen
  • Windenergie aus dem kantonalen und kommunalen Richtplan kippen

STROM AUS WASSERKRAFT UND MEHR

Auch noch einige weitere Kleinwasserkraftwerke könnten zur Stromproduktion beitragen. Bereits 2020 könnten sie dank dem Ausbau um rund einen Drittel 200 Millionen Kilowattstunden liefern. Das ist gegen ein Viertel des totalen Glarner Wasser-Stroms (ohne Pumpstrom).

Gut ist:

  • Trinkwasserkraftwerke bauen, sie haben keinen Einfluss auf Bäche
  • Leistung vorhandener Turbinen erhöhen, Fischgängigkeit und Restwasser gesetzeskonform sanieren
  • Energieholz-Wärmeverbünde als stromliefernde Wärme-Kraft-Kopplung auslegen • Weitere Nutzer an die KVA-Fernwärme anschliessen

Schlecht ist:

  • Für das Restpotenzial die letzten Bäche fassen

HEIZUNG UND WARMWASSER

Gut ist:

  • Minergie-Isolation
  • Aktive und passive Sonnenenergie-Nutzung
  • Auf erneuerbare, CO2-neutrale Energie setzen, auf eine Wärmepumpe und auf entsprechenden Strom dafür
  • Niedertemperatur-Bodenheizung macht Solar- und Wärmepumpenheizung effizienter
  • Thermostatventile an den Radiatoren

Schlecht ist:

  • • Räume überheizen
  • Heizöl kaufen statt Isolieren

MOBILITÄT

Gut ist:

  • Wann immer möglich zu Fuss und bis fünf oder zehn Kilometer mit dem Velo gehen – es ist auch noch gesund
  • Den ÖV nutzen
  • Wohnen und Arbeiten so einrichten, dass das möglich ist
  • Lokal einkaufen
  • Ein Elektrovelo kaufen
  • Mobility-Angebote nutzen
  • Ein möglichst kleines und entsprechend leichtes Auto mit mittlerer Leistung kaufen. Das Gewicht ist der entscheidende Faktor
  • Und zwar möglichst eines mit Elektroantrieb, es ist etwa dreimal so effizient wie ein Benziner, sollte aber wegen des Produktionsaufwandes auch keine allzu grosse Batterie haben
  • Und wenn nicht, dann mit Hybrid-Antrieb, möglichst Plug-In-Hybrid
  • Sparsam fahren
  • Für kurzfristige Spezialbedürfnisse ein grösseres Auto mieten.

Schlecht ist:

  • Fliegen!
  • Ein grosses, schweres Auto, das die meiste Zeit doch nur von einer Person genutzt wird

POLITISCHE ENTSCHEIDE

Gut ist:

  • Verantwortung übernehmen
  • Ans Klima denken, das wir Kindern und Enkeln hinterlassen
  • Für erneuerbare Energie abstimmen und CO2-freundliche Politiker und Politikerinnen wählen
  • Für Energiesteuern stimmen und damit Effizienzsteigerungen fördern

Schlecht ist:

  • Die Augen verschliessen vor der Aufgabe
  • Sich vor dem eigenen, schweizerischen Teil der Aufgabe drücken und denken, der andere oder das Ausland, solle mit den Massnahmen anfangen

GEWERBE UND INDUSTRIE

Gut ist:

  • E-Geschäftsautos kaufen
  • Noch brachliegende Effizienzpotenziale ausschöpfen
  • Dach- und Fassadenflächen für CO2-neutralen Solarstrom nutzen

ESSEN

Gut ist:

  • Auf regionale und saisonale Produkte setzen
  • Importe vorziehen, die mit dem Schiff oder der Bahn kommen statt mit dem Flugzeug
  • Mässig Fleisch aus naturnaher und möglichst regionaler Produktion essen

Energieeffizienz

Die Energie soll so wirksam wie möglich eingesetzt werden. Vermeiden, wo möglich, ist das Eine. Effizientere Methoden anwenden, ist das andere. Würden etwa alle bestehenden Bauten nach Minergie-Standard erneuert, so könnte das ihren Wärmebedarf um zwei Drittel reduzieren und damit auch die CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen um 57 000 Tonnen pro Jahr. Auch bei der Mobilität muss die CO2-Reduktion ansetzen. Denn mit einem Drittel des gesamten Energieverbrauchs steht sie weit oben auf der Klimasünderliste. «Beim motorisierten Verkehr ist ein wesentlicher Punkt die Effizienz der Fahrzeuge», so das Energiekonzept.

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