×

Graubünden sagt Nein, die Schweiz auch

Die Schweiz hat am Sonntag über die sogenannte Zersiedelungsinitiative befunden. «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung» heisst die Initiative der Jungen Grünen. Mehr als einen Achtungserfolg erreichte sie aber weder in Graubünden noch im Rest der Schweiz.

Südostschweiz
10.02.19 - 14:45 Uhr
Politik

Ticker

PRESSEBILD

8100 Besucher an der Passiun

Am Sonntagabend ist die vierte Ausgabe der Passiun, der Messe für Jäger, Fischer und Schützen, zu Ende gegangen. 8100 Besucher fanden während den drei Ausstellungstagen den Weg in die Stadthalle Chur, teilen die Veranstalter mit. Bündner Meisterschaften im Schützendorf, die Sonderschau Fischotter, zahlreiche Fachvorträge und Präsentationen sowie über 60 Aussteller haben zu einem erfolgreichen Messewochenende beigetragen, heisst es in der Mitteilung weiter. Laut Messeleiter Marco Engel ist die Besucherzahl sehr
erfreulich. Die nächste Passiun findet voraussichtlich vom 5. bis 7. Februar 2021 statt.

Auch der HEV ist erfreut

Der Hauseigentümerverband (HEV) Graubünden ist erfreut, dass das Stimmvolk des Kantons Graubünden die Zersiedelungsinitiative mit einem Nein-Stimmenanteil von rund 72 Prozent abgelehnt hat. Laut einer Mitteilung konnte damit der absolute Einzonungsstopp abgewendet werden. Es zeigt aber auch, dass Bündnerinnen und Bündner keinen Stillstand wollen. Die Anstrengungen des Kantons zur Umsetzung des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) werden damit von der Bevölkerung gewürdigt, schreibt der HEV weiter.

SVP: Weiteres Bürokratiemonster verhindert

Die SVP Graubünden zeigt sich über die deutliche Ablehnung der Zersiedelungsinitiative «sehr erfreut». Wie die Partei in einer Mitteilung schreibt, nimmt sie mit grosser Genugtuung zur Kenntnis, «dass die Bündnerinnen und Bündner bei der Zersiedelungsinitiative der Parole der SVP gefolgt sind und die Volksinitiative der jungen Grünen deutlich, nämlich mit rund 72 Prozent, abgelehnt haben.» Die Abstimmenden haben erkannt, dass die Initiative in vielen Bereichen weit über das Ziel hinaus schiesst und eine verheerenden Bürokratie zur Folge gehabt hätte, heisst es weiter.

Bündner CVP ist erfreut

Die CVP Graubünden nimmt das deutliche nationale Abstimmungsergebnis mit Genugtuung zur Kenntnis und wertet dieses auch als Absage an eine zentralistische Raumordnungspolitik ohne Rücksicht auf kommunale und kantonale Eigenheiten. Wie die Partei in einer Mitteilung schreibt, sei das Abstimmungsresultat eine Bestätigung dafür, dass die Raumplanung bei den Gemeinden und Kantonen in guten Händen ist. Auf nationaler Ebene setzt sich die CVP deshalb dafür ein, dass die Kantone wieder mehr Kompetenzen in der Raumplanung erhalten.

SCHWEIZ ABSTIMMUNG ZERSIEDELUNGSINITIATIVE
Luzian Franzini, Co-Präsident Zersiedselungsinitiative, verfolgt die Abstimmungsresultate.
PETER SCHNEIDER / KEYSTONE

«Wichtige und spannende Diskussion angestossen»

Nach der Ablehnung der Zersiedelungsinitiative setzen die Verlierer vor allem auf eine konsequente Umsetzung des Raumplanungsgesetzes (RPG). Auch für die Sieger ist der Weg mit dem RPG vorgespurt. Für Luzian Franzini, Co-Präsident der Zersiedelungsinitiative, ist das Resultat zwar enttäuschend. Für die Jungen Grünen gebe es aber auch Erfolge zu verbuchen: «So haben wir eine wichtige und spannende Diskussion angestossen», sagte er. Franzini sieht viel Arbeit auf sich zukommen. «Wir werden uns weiterhin aktiv in die Diskussionen um das Raumplanungsgesetz einbringen.»

Volk und Stände sagen Nein

Nein zur Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen: Gemäss Hochrechnung der Forschungsanstalt gfs.bern ist die Vorlage mit 64 Prozent abgelehnt worden. Damit wird die Gesamtfläche der Bauzonen in der Schweiz nicht auf dem heutigen Stand eingefroren.

Dermont: «Bündner Gemeinden wollen sich nicht dreinreden lassen»

Für Clau Dermont, Politexperte von Radio Südostschweiz, ist das Resultat sehr deutlich ausgefallen. «Schweizweit haben bisher nur um die zehn Gemeinden der Initiative zugestimmt. Und mit Ausnahme von Lausanne ist keine grössere Gemeinde darunter.» Dass in Graubünden alle Gemeinden die Initiative ablehnten überrascht Dermont aber doch. «Die Bewahrung der Landschaft ist in einem Tourismuskanton wohl essentiell. Anscheinend sehen das die Bündner Gemeinden anders», so Dermont. «Man sehe eher das umgekehrte, weil neben Graubünden auch der Kanton Wallis die Initiative sehr deutlich abgelehnt hat.» Laut dem Politexperten dürfte die Zweitwohnungsinitiative in den Regionen ihre Spuren hinterlassen haben. «Offenbar mag man es nicht, wenn von Aussen in die Raumplanung der Bündner Gemeinden dreingeredet wird.»

Eine deutliche Abfuhr

Mit 32'114:12'529 Stimmen hat das Bündner Stimmvolk die Zersiedelungsinitiative deutlich bachab geschickt. Das entspricht einem Neinstimmenanteil von knapp 72 Prozent. Die Stimmbeteiligung betrug 32,6 Prozent. Mit 86 Prozent am deutlichsten abgelehnt wurde die Initiative in Samnaun.

Hier gehts zur interaktiven Karte.

RSO-Politexperte Clau Dermont.
RSO-Politexperte Clau Dermont.
YANIK BÜRKLI

Bündner Politexperte: «Das Resultat ist klar»

Clau Dermont, Politexperte von Radio Südostschweiz: «Es ist 12.05 Uhr und das Resultat ist klar.» Das Thema ist nicht ganz einfach, sagt Dermont. «Und nach den Umsetzungsschwierigkeiten der Zweitwohnungsinitiative ist eine gewisse Vorsicht bei Projekten zu spüren, bei denen man nicht genau weiss, was für Folgen sie haben können.» Dazu komme laut Dermont, dass die Zweitwohnungsinitiative insbesondere das Berggebiet getroffen habe. Von der Zersiedelungsinitiative wäre aber auch das Mittelland betroffen, was auch dort für Skepsis und die wahrscheinliche Ablehnung sorgen dürfte.

Dreiviertelmehrheit dagegen

In Graubünden sind 100 der 106 Gemeinden ausgezählt. Und das Verdikt ist klar: Mit über 73 Prozent lehnen die bisher ausgezählten Gemeinden die Zersiedelungsinitiative klar ab. Nur 26,9 Prozent der Stimmberechtigten haben ein Ja eingelegt. Die Stimmbeteiligung beträgt bislang 33,2 Prozent.

In den Regionen Albula, Bernina, Engiadina Bassa/Val Müstair, Imboden, Landquart, Maloja und Moesa beträgt der Nein-Stimmenanteil zwischen 63,5 und 78,7 Prozent.

Noch fehlen die Resultate aus Chur, Davos, Fideris, Ilanz, Lohn und Mathon.

Hier gehts zur interaktiven Karte.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.

Den Hauptfehler der Initianten sehe ich darin, Naturschutz zu fordern, ohne Wohnen-Menschenschutz mitzuliefern. Das Wohnen ist heute schon tendenziell ein gesundheitliches Desaster bis eine Katastrophe, da stehen Fans weiterer Verdichtung im Bauen/Wohnen unrealistisch, unempathisch schräg in der Betonwüste.
Möglich wäre der Wohnen-Menschenschutz, sogar mit einfachen Methoden - ich schreibe seit Jahren darüber - aber wo kein Wille (in der Politik) da kein Weg.
Siehe meinen Kommentar:
https://www.suedostschweiz.ch/politik/2019-02-10/ja-ich-teile-die-sorge…

Mehr zu Politik MEHR