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Arbeit statt Knast: Kanton braucht neue Plätze

Im vergangenen Jahr wollten viele Verurteilte ihre Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit verbüssen. So viele, dass passende Arbeitsplätze langsam zur Mangelware werden.

Corinne
Raguth Tscharner
11.01.19 - 04:30 Uhr
Politik
Verurteilte können bei verschiedenen Institutionen gemeinnützige Arbeit leisten. Nun werden jedoch die Plätze Mangelware.
Verurteilte können bei verschiedenen Institutionen gemeinnützige Arbeit leisten. Nun werden jedoch die Plätze Mangelware.
SYMBOLBILD PIXABAY

Wer in Graubünden zu einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten, einer Geldstrafe oder einer Busse verurteilt wird, kann gemeinnützige Arbeit leisten, um diese zu verbüssen. Seit Anfang 2018 hat der Verurteilte die Möglichkeit, beim Vollzugs- und Bewährungsdienst (VBD) des Kantons ein Gesuch dafür einzureichen. Seit einem Jahr ist es auch der VBD und nicht mehr die Staatsanwaltschaft oder die Bündner Gerichte, der entscheidet, ob eine Strafverbüssung in dieser Form möglich ist. Zuvor konnte ein Verurteilter gar kein Gesuch für gemeinnützige Arbeit stellen und auch Geldstrafen und Bussen konnten nicht in dieser Form verbüsst werden.

Von der Gesuchwelle überrascht

34 Gesuche sind 2018 beim VBD eingegangen. Viel mehr, als die Verantwortlichen im Vorfeld erwartet haben. «Wir waren von der grossen Nachfrage überrascht», sagt Mathias Balzer, Leiter des VBD. «Bis 2017 war die gemeinnützige Arbeit bei uns eher eine Randerscheinung und jetzt ist plötzlich eine grosse Nachfrage vorhanden.» Das zeigen auch die Zahlen: 2017 haben in Graubünden beispielsweise acht verurteilte Personen ihre gemeinnützige Arbeit geleistet.

Die Möglichkeit, ein Gesuch zu stellen, bedeutet für den VBD auch deutlich mehr Aufwand. «Wir müssen die Gesuche sichten, prüfen und vor allem schauen, ob wir passende Arbeitsplätze organisieren können», so Balzer. Trotzdem sei die gemeinnützige Arbeit finanziell gesehen eine günstige Vollzugsform. An die Institutionen, bei denen Verurteilte eine Arbeitsstelle finden, wird kein Geld gezahlt. Sie profitieren aber von einer kostenlosen Arbeitskraft.

Es mangelt an Arbeitsplätzen

Von den 34 eingegangen Gesuchen im Jahr 2018 wurden neun abgelehnt oder zurückgezogen, zehn sind bereits vollzogen und 15 Fälle konnten noch nicht abgeschlossen werden oder wurden an andere Kantone abgetreten.

Je mehr Verurteilte gemeinnützige Arbeit leisten, desto mehr Arbeitsplätze müssen organisiert werden. Laut Gesetz ist der VBD verpflichtet, diese besondere Form der Strafverbüssung zu ermöglichen. «Deshalb sind wir auf zusätzliche gemeinnützige Institutionen angewiesen, die uns die Möglichkeit bieten, verurteilte Personen für wenige Tage oder Stunden zu beschäftigen und damit helfen, die Nachfrage zu bewältigen», so Balzer. Vor allem Plätze für kurze Arbeitseinsätze bis zu 40 Stunden sind gefragt.

Bis 2017 sei man mit den bestehenden Partnern wie dem Kantonsspital Graubünden, diversen Pflege- und Altersheimen, Forst- und Werkbetrieben oder Brockenstuben gut aufgestellt gewesen. Mittlerweile werde es aber eng und Mathias Balzer rechnet damit, dass die Anzahl eingehender Gesuche weiterhin steigen wird. «Damit geraten wir zunehmend unter Druck», so der Leiter des VBD.

Gemeinnützige Institutionen, die bereit sind, verurteilte Personen zu beschäftigen, können sich an den Leiter des Vollzugs- und Bewährungsdienstes beim Amt für Justizvollzug Graubünden wenden. Dies unter mathias.balzer@ajv.gr.ch.

Corinne Raguth Tscharner ist stellvertretende Chefredaktorin Online und Zeitung und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Zuvor erlernte sie das journalistische Handwerk als Volontärin in vier verschiedenen Redaktionen (Print, Online, Radio, TV) und war als Online-Redaktorin tätig. Mehr Infos

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Eine solche Regelung fehlt uns in Deutschland.

Hier werden teure Haftplätze durch jährlich 50..000 Ersatzfreiheitsstrafer mit hohen Rückfallquoten
fehlbelegt.

Hoffentlich macht das Beispiel Schule ….

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