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«Polizischt Weber» tritt ab

Er hat Generationen von Kindern auf die Gefahren der Strasse aufmerksam gemacht. Nach 43 Dienstjahren – davon 30 als Verkehrsinstruktor – tritt «Polizischt Weber» in den Ruhestand. Eine Frage bereitet ihm dabei besonderes Kopfzerbrechen.

Milena
Caderas
20.12.18 - 09:21 Uhr
Leben & Freizeit
Bald zum letzten Mal: «Verkehrspolizist Weber» erklärt Drittklässlern in Kaltbrunn die Verkehrstafeln.
Bald zum letzten Mal: «Verkehrspolizist Weber» erklärt Drittklässlern in Kaltbrunn die Verkehrstafeln.
MARKUS TIMO RÜEGG

Verkehrsinstruktor Peter Weber präsentiert verschiedene Verkehrstafeln. Rote und blaue. Was bedeutet welches Zeichen? Die Buben und Mädchen hängen dem Mann in blau-schwarzer Uniform an den Lippen. Weber stellt das Allgemeine Fahrverbot vor. Hier darf nicht gefahren werden. «Womit kann man diese Strasse durchqueren?», fragt der Joner. Da hebt ein blondes Mädchen die Hand. «Mit Pferden.» Der erfahrene Verkehrsinstruktor grinst anerkennend. «Mit einem Pferd darf man tatsächlich durch ein Fahrverbot», bestätigt er. Der Verkehrsunterricht in der 3. Klasse von Kathrin Ziegler in Kaltbrunn ist einer der allerletzten Schulbesuche von «Verkehrspolizist Weber».

Seit 1988 ist Weber Verkehrsinstruktor für das Linthgebiet und das Toggenburg. In 30 Jahren Verkehrsunterricht hat er über 10 000 Schulklassen mit rund 200 000 Schüler besucht, wie er selbst vorrechnet. Nun ist der Moment für den Abschied gekommen. Morgen hat Weber seinen letzten Arbeitstag. «Es ist genau der richtige Zeitpunkt, um in Pension zu gehen.»

Viele tragische Unfälle erlebt

Polizist zu werden, sei ein «Kindergartenwunsch» gewesen. 1975 absolvierte der 63-jährige Brillenträger die Polizeischule in St. Gallen. Nach einem kurzen Intermezzo auf den Polizeistationen Eschenbach, Rapperswil und Kaltbrunn folgte ein 10-jähriger Einsatz auf dem Polizeistützpunkt Schmerikon. Diese Zeit mit Schwerpunkt Autobahn hat den Töff-Liebhaber geprägt. «Wenn ich durch die Region fahre, kann ich genau sagen, wo ich einen tödlichen Unfall aufgenommen habe.» Besonders tragisch seien jene Fälle, wo Kinder ums Leben gekommen seien.

«Mittlerweile kennen mich bereits die Eltern der Kinder, weil sie schon bei mir in der Schule waren.»

In der Ausbildung erste Sporen verdiente er sich schon damals ab. Für straffällig gewordene Kinder und Jugendliche leitete Weber den sogenannten Belehrungsnachmittag. Als Ende der Achtzigerjahre eine Verkehrsinstruktorenstelle frei wurde, lag eine Bewerbung auf der Hand. Dass ein Ausbildner weder Nacht- noch Sonntagsdienst leisten muss, überzeugte den jungen Ordnungshüter endgültig davon, sich um einen von acht Verkehrsjobs im Kanton St. Gallen zu bemühen. Mit Erfolg.

USB-Stick statt Hellraumprojektor

Als Verkehrsinstruktor besucht Weber Schüler von der 1. bis zur 6. Klasse. Die Instruktionen dauern jeweils zwei bis drei Stunden. Nachdem die jungen Verkehrsteilnehmer die Veloprüfung bestanden hätten, seien sie für den Strassenverkehr gerüstet.

Seit den Anfängen hat sich viel getan. In Sachen technischer Ausrüstung zum Beispiel. Angefangen habe er mit Folien auf dem Hellraumprojektor. Heute sei das ganze Informationsmaterial auf einem USB-Stick abgespeichert.

Die Schüler sind älter geworden. «Mittlerweile kennen mich bereits die Eltern der Kinder, weil sie schon bei mir in der Schule waren», erzählt Weber.

Er sei immer gerne zur Arbeit gegangen, betont der Verkehrspolizist. Das Unterrichten mit den Kindern habe ihm immer grossen Spass gemacht. Mühsame Klassen gehörten halt dazu – damals wie heute. Sein Einsatz wird geschätzt.

Entwicklungen die Sorgen bereiten

Als Dankeschön habe er auch schon Bilder oder Ähnliches geschenkt bekommen. Die Zeichnungen hängt er in seinem Büro auf, dem ehemaligen Polizeiposten in Kaltbrunn. Auch für den netten Kontakt zu den Lehrern sei er sehr dankbar. In der Regel bekommt er im Lehrerzimmer einen Kaffee angeboten, wie der 63-Jährige erzählt.

Regelmässig muss Weber auch den Schulweg überwachen. Dabei kann er allerlei beobachten. Eine Entwicklung, die er zur Kenntnis nimmt, und die ihm gar nicht gefällt, sind die vielen Elektrofahrzeuge wie etwa Hoverboards, einer Art elektronischer Skateboards. Auch von «getunten» Fahrzeugen und ihren Lärm-Emissionen hält der Familienvater nichts. Etwas hat die Schule «Polizischt Weber» gelernt: Geduld.

Herausforderungen als Rentner

Worauf er sich als Rentner am meisten freut? Natürlich auf die neu gewonnene Freiheit und mehr Zeit für den Männerchor. und den Jassclub. Als Pensionär dürfte er auch nicht mehr so unter öffentlicher Beobachtung stehen.

Dann lacht Weber und sagt: «Darauf, dass ich am Morgen auch mal liegen bleiben kann, darauf freue ich mich auch.» Aber nach dem Aufstehen stehe er künftig vor einem Problem, witzelt Weber weiter. «Was soll ich denn anziehen?» Schliesslich bleibt die Uniform ab dem neuen Jahr im Schrank.

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