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Früher zu viel, heute zu wenig Zeit

Während der Coronazeit haben sich Herr und Frau Schweizer total 110’000 Hunde gekauft. Was anfänglich «jöö» und «herzig» war, ist nach der Pandemie allerdings für viele eine zu grosse Belastung. 

Südostschweiz
11.08.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Herzig, aber zeitintensiv: Ein Hund sollte stets gefordert und bewegt werden. Allerdings wird dies für viele Herrchen und Frauchen nach der Pandemie zu viel.
Herzig, aber zeitintensiv: Ein Hund sollte stets gefordert und bewegt werden. Allerdings wird dies für viele Herrchen und Frauchen nach der Pandemie zu viel.
Bild Nicole Nett

von Andrea Sabadi und Nicole Nett

Während der Pandemie wurden gemäss der nationalen Hundedatenbank «amicus» 110’000 Hunde gekauft. 90’000 davon sind Welpen. Für diese gibt es Welpenschulen – eigentlich. In diesen werden Junghunde ausgebildet und das richtige Verhalten gelernt. Wegen der Pandemie konnten diese Kurse aber vielerorts nicht stattfinden. Das spürt auch Brigitte Kaiser, die seit neun Jahren eine eigene Hundeschule in Chur und Umgebung besitzt – wie sie gegenüber Radio Südostschweiz sagte: «Ich habe festgestellt, dass den jungen Hunden oftmals der Kontakt und das Vertrauen zu anderen Menschen und Hunden fehlt.» Sie selbst habe drei Hunde, wobei einer davon ein Welpe sei. Auch sie musste auf den Besuch einer Welpenschule verzichten. Die Hundetrainerin hat festgestellt, dass dieser Verzicht grosse Auswirkungen hatte.

Heute sind es Problemhunde

Sie bekamen zu wenig Hilfe: Werden Problemhunde erwachsen, kann das Verhalten kaum mehr verändert werden.
Sie bekamen zu wenig Hilfe: Werden Problemhunde erwachsen, kann das Verhalten kaum mehr verändert werden.
Bild Freepik

Wie Kaiser sagt, ist das fehlende Training für erwachsene Hunde kein Problem. Diese könnten auch nach längerer Zeit wieder einsteigen. Für Jungtiere allerdings, die sich in einer entscheidenden Entwicklungsphase befinden, kann das Training nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden: «Vor allem Ersthundehalter waren während der Coronazeit auf sich alleine gestellt. Sie bekamen zu wenig Hilfe.» Als Folge davon entwickelten viele Hunde Verhaltensstörungen und wurden so zu Problemhunden. Das problematische Verhalten kann gemäss Kaiser nicht so einfach behoben werden: «Problemhunde haben heute ein Defizit, das man verbessern, aber nicht wiedergutmachen kann», so die Hundetrainerin.

«Problemhunde haben heute ein Defizit, das man verbessern, aber nicht wiedergutmachen kann.»

Brigitte Kaiser, Hundetrainerin

Herrchen und Frauchen geben auf

Schnell gekauft, schnell verleidet: Ein Hund lebt 12 bis 14 Jahre. Doch so lange möchten sich viele nicht verpflichten.
Schnell gekauft, schnell verleidet: Ein Hund lebt 12 bis 14 Jahre. Doch so lange möchten sich viele nicht verpflichten.
Bild Freepik

Zu Kaisers Freude wird die Hundeschule nun wieder regelmässig besucht. Allerdings gebe es Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer, denen das alles zu aufwendig sei, sagt Kaiser. «Nach zwei bis drei Wochen brechen sie das Training schon ab, weil es zu viel Zeit beansprucht. Das ist schade.» 

Besitzt ihr einen Hund?

Auswahlmöglichkeiten

Lieber reisen statt spazieren

Der (Ferien-)Alltag ist zurück: Nun möchten viele Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer wieder verreisen. Doch was tun mit dem Haustier? Für dieses muss man ein vorübergehendes Zuhause finden – eine Kostenfrage.
Der (Ferien-)Alltag ist zurück: Nun möchten viele Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer wieder verreisen. Doch was tun mit dem Haustier? Für dieses muss man ein vorübergehendes Zuhause finden – eine Kostenfrage.
Bild Freepik

Jetzt, wo man wieder reisen und mehr unternehmen kann, hätten viele Herrchen und Frauchen kaum mehr Zeit und Lust für den Hund, stellt Kaiser fest. Auch geht die Haltung eines Vierbeiners ins Geld. Gehen Hundehalterinnen und Hundehalter in die Ferien, können sie ihren Vierbeiner vielleicht nicht mitnehmen. Dann muss ein Ferienplatz gesucht werden – der auch nicht gratis ist. «Dann ist der Hund plötzlich gar nicht mehr so willkommen, wie er einmal gewesen ist», sagt Kaiser.

«Dann ist der Hund plötzlich gar nicht mehr so willkommen, wie er einmal gewesen ist.»

Brigitte Kaiser, Besitzt selbst drei Hunde

Wie die Hundetrainerin aus eigener Erfahrung weiss, wurden die Züchter während der Coronazeit mit Anfragen überhäuft. Doch heute wollen sich viele nicht mehr für die nächsten 12 bis 14 Jahre verpflichten. 

Dranbleiben lohnt sich

Dem Tier eine Chance geben: Je mehr man sich mit einem Tier befasst, desto grösser wird die Bindung.
Dem Tier eine Chance geben: Je mehr man sich mit einem Tier befasst, desto grösser wird die Bindung.
Bild Freepik

Nun ist der normale Alltag wieder grösstenteils zurück – ohne Coronamassnahmen, dafür mit Auswirkungen auf die Vierbeiner. Denn Herrchen und Frauchen wollen ihre Hunde wieder loswerden: «Viele haben den Hund schon wieder abgegeben – zum Beispiel in einem Tierheim», sagt Kaiser. Das sei schade. Denn es lohne sich, dranzubleiben: «Je mehr Zeit in ein Tier investiert wird, desto enger wird die Bindung zwischen Mensch und Tier.»

«Je mehr Zeit in ein Tier investiert wird, desto enger wird die Bindung zwischen Mensch und Tier.» 

Brigitte Kaiser, Hundetrainerin

In keinem Fall sollte das Tier viel alleine sein, wie Kaiser betont. Ein Hund braucht Abwechslung, Aufgaben und Spaziergänge. Die Hundetrainerin rät deshalb allen potenziellen Hundehalterinnen und Hundehaltern, dem Tier eine Chance zu geben. Nutzt man diese Chance, so kann es sogar bis an die Weltmeisterschaften im Dogdancing gehen, an welcher Kaiser 2019 selbst teilgenommen hat – wie man im Video sieht:

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