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Die schnellste Skiliftfahrt aller Zeiten

Ein klein wenig Aufregung war schon dabei, als ich am vergangenen Samstag zum Rinerhorn hoch fuhr. Denn es sollte nicht ein gewöhnlicher Skitag werden, nein – ein Speedating am Skilift stand auf dem Programm.

Andri
Dürst
13.03.22 - 08:00 Uhr
Leben & Freizeit
So viel Andrang hatte der Nüllilift schon lange nicht mehr gesehen. 
So viel Andrang hatte der Nüllilift schon lange nicht mehr gesehen. 

Wie viele Male ich schon auf dem Rinerhorn war, lässt sich wohl nicht eruiren. Da ich aber schon als kleines Kind durch den Zwergenwald beim Trainerlift kurvte und seither jährlich mindestens zehn bis zwanzig Mal den Glariser Hausberg besuche, dürfte diese Zahl beachtlich sein. Ich kenne beinahe jeden Stein und könnte die Pisten beinahe blind runterfahren. Gut, vielleicht habe ich nun etwas übertrieben. Aber einige literarische Fanfaren sind schon nötig, um die Erlebnisse des vergangenen Samstags anzukündigen. Denn erstmals in meiner Geschichte und erstmals in der Geschichte des Rinerhorns wurde am Nülli-Lift ein Speed-Dating veranstaltet. Man hätte meinen können, dass die organisierende Dating-Plattform «nooi» bei der Ankündigung des Anlasses vor einem Monat den 5. März bei Petrus als Schönwettertag ­gebucht hat. Denn perfektes Skiwetter ­erwartete die Teilnehmenden.

Auf die Bretter, fertig los: Die Dating-Partner begeben sich auf eine amouröse Reise.
Auf die Bretter, fertig los: Die Dating-Partner begeben sich auf eine amouröse Reise.
zvg

Der Gipfel der Gefühle

Für den Anlass steckten «noii» und die Bergbahnen Rinerhorn unter einer Decke – so die Ankündigung. Es «steil gehendes Speed-Dating-Format» wurde angepriesen. Den Ablauf erklärte man folgendermassen: «Bei der Talstation des Nülli-Skilifts werden die Teilnehmenden paarweise für gemütliche ‹Flirt-Sessions› auf den Weg zum Gipfel der Gefühle (oder zumindest zur Bergstation) entsandt. Wenn im Schnee der Funke springt, wartet oben an der Nüllibar ein Drink – oder man entscheidet sich, eine weitere Runde mit einer anderen Person zu drehen».

Als bei mir klar war, dass ich am besagten Tag keine Verpflichtungen habe und das Wetter eine gute Falle machen wird, stand für mich nichts mehr im Wege, um mich für den Anlass anzumelden. Wie viele werden da wohl teilnehmen? Werde ich per Zufall mit einer Dame angebügelt, die ich bereits kenne? Und was für ein «Schlag» Menschen erwartet mich überhaupt? Diese Fragen trieben mich um, als ich mich gedanklich auf diesen Kuppel-Anlass vorbereitete. Meine Bedenken wurden zerstreut, als ich kurz vor 11 Uhr bei der Talstation Nülli eintraf. Klar war schon mal: Ich bin nicht alleine. Noch nie zuvor habe ich so viele Leute an dieser Liftanlage gesehen. Da es sich beim Nülli um einen Doppelskilift handelt, konnte der normale Skibetrieb und das Speed-Dating gut voneinander getrennt abge­wickelt werden. Die einsamen Herzen wurden zum Lift Nummer 2 auf der Hinterseite des Stationsgebäudes geleitet, wo sich der Anmelde-Tisch befand. Wer bereits im Voraus online ein Konto erstellt hatte, konnte sich sogleich ein ­Etikett auf seine Jacke kleben lassen, auf dem der Name und eine Nummer drauf stand.

«nooi» war mit einem gut aufgestellten Staff vor Ort. Hin und wieder blieb auch Zeit für ein Spässchen.
«nooi» war mit einem gut aufgestellten Staff vor Ort. Hin und wieder blieb auch Zeit für ein Spässchen.

Zehn Minuten vergehen schnell

Anschliessend wurde man in einen der fünf Wartebereiche eingewiesen. Aufgeteilt nach Alter standen die Teilnehmenden ein – und warteten. Denn bei meiner Alterskategorie, den 18- bis 30-Jährigen, war ein gewisser «Männerüberschuss» feststellbar. Nach ein paar Minuten Warten war aber dann auch für mich eine Dame bereit, und wir stürzten uns ins Abenteuer. Sogleich kamen wir ins Gespräch und unterhielten uns gut. Wohnort, Beruf, Hobbies und so weiter thematisierten wir – und schon nach kurzer Zeit erreichten wir die Bergstation. Die Fahrzeit von rund 10 Minuten verging wie im Fluge. So schnell war ich wohl noch nie auf dem Nülli oben. Meine Liftpartnerin und ich waren uns einig, dass wir gerne noch ein zweites Mal den Lift benützen wollen. Auch die zweite Fahrt ging schnell vonstatten. Da jedoch das Namens-Etikett meiner Mitfahrerin verloren gegangen war, und ich so ihre «nooi-»-Nummer nicht hatte, mussten halt die guten, alten Handynummern ausgetauscht werden. Denn eigentlich hätte man am Ende des Speed-Datings die Nummer seines favorisierten Skiliftpartners auf der «nooi»-Website eingeben können. Hätten beide Beteiligten die Nummern des anderen eingetippt, wäre ein Match entstanden, und die beiden hätten sich weiter unterhalten können.

Für jedes Alter geeignet: Auch Personen «in den besten Jahren» beteiligten sich am Speed-Dating.
Für jedes Alter geeignet: Auch Personen «in den besten Jahren» beteiligten sich am Speed-Dating.

Beteiligung beinahe überwältigend

Ich bedankte mich und stand nochmals an, um eine weitere Dame kennenzulernen. Auch bei ihr ging die Liftfahrt schnell, wenn auch das Gespräch nicht mehr ganz so flüssig lief wie bei Nummer 1. Trotzdem setzten wir zur erneuten Fahrt an. Ich zückte ein paar Fragekarten, die man mir zu Beginn in die Hand gedrückt hatte. Mit Fragen wie «Welches deiner Persönlichkeitsmerkmale bringt dich am häufigsten in Schwierigkeiten?» konnte man schnell und einfach wieder neue Diskussionen anregen. Auch Nummer 2 und ich trennten uns nach zwei Liftfahrten. Nach einer Mittagspause hätte ich gerne noch mit Nummer 3 eine Liftfahrt absolviert. Doch in meiner ­Alterskategorie war niemand mehr da. Ob sich alle Anwesenden bereits Hals über Kopf verliebt haben und gemein­same Stunden in einer ruhigen Ecke verbrachten? Ich würde es ihnen gönnen. So kurvte ich hinüber zum Getränkestand, der eigens für den Anlass aufgebaut worden war. Ich unterhielt mich mit Laura von «nooi», die massgeblich an der Organisation beteiligt war. Über 250 Personen hätten sich für das Dating angemeldet, erzählt sie mir. «Wir hatten noch etwas Bedenken, ob wirklich auch alle kommen, aber die Beteiligung war grandios», freute sie sich. Auch vor Ort hätten sich nochmals viele angemeldet. Für «nooi» – eigentlich eine Online-Dating-Plattform – war es der erste «Offline-Anlass». Dieser Start glückte aber offenbar, und so strahlte Laura über das ganze Gesicht. Doch ihr Tag war noch nicht zu Ende.

Am Abend stand eine «Single-Party» im Rotliechtli auf dem Programm. Auch dort war die Beteiligung gross. In der kleinen Bar drängten sich je länger je mehr Singles. Auch dort hatte «nooi» seine Finger im Spiel und versuchte, einsame Herzen zusammenzubringen. Amor hatte also am letzten Samstag alle Hände voll zu tun. Wie erfolgreich er war, bleibt aber wohl sein Geheimnis.

Andri Dürst, (alleinstehender) DZ-Redaktor

Wer sich näher kennenlernen wollte, hatte dazu verschiedene Möglichkeiten.
Wer sich näher kennenlernen wollte, hatte dazu verschiedene Möglichkeiten.
alle Bilder: zVg
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