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Sein Programm bringt den Bankschalter heim

Der Jungunternehmer und passionierte Biker Marcel Komminoth hat eine automatisierte Zahlungsplattform kreiert. Und spielt damit vorn im Markt mit.

Ursina
Straub
24.10.17 - 05:07 Uhr
Leben & Freizeit
Jungunternehmer Marcel Komminoth in seinem Maienfelder Büro.
Jungunternehmer Marcel Komminoth in seinem Maienfelder Büro.
OLIVIA ITEM

Alle paar Minuten knattert der Zähler in Marcel F. Komminoths Büro und die Fallblättchen rattern ein paar Ziffern weiter. «Das sind meine Follower auf Facebook», erklärt er. Die Anzeige addiert in Echtzeit die positiven Bewertungen seines Facebook-Profils Mr. Custom- bike. Custombike heisst Komminoths Handelsplattform für Motorräder. Seine Facebook-Site sei im Motorrad- bereich vermutlich weltweit die grösste, schätzt er. Wieder klickt der Zähler. 3 277 093 Likes sind es zu Beginn des Gesprächs.

Der 45-jährige Maienfelder Marcel F. Komminoth war schon als Bub ein Töfflifan. Motorräder jeder Art sind seine Leidenschaft. Vor sieben Jahren gründete er die Custombike AG. Auf deren Website können Biker Motor- räder, Quads, Roller und Mofas kaufen und verkaufen. Der Custombike Transportservice liefert das Motorrad von jedem noch so entfernten Ort auf der Welt direkt vor die Haustüre, Abwicklung der Zollformalitäten inklusive.

Etwas jedoch fehlte: eine gesicherte Zahlungsmöglichkeit. Bestehende Online-Bezahldienste kamen für den findigen Biker nicht infrage. «Sie bieten keinen Einlegerschutz», sagt Komminoth lapidar. Und die Zahlung müsse im Voraus getätigt werden.

So begann der einstige Finanzplaner, auf einem weissen Blatt Papier ein Sorgfaltspflichtkonzept für den transparenten Zahlungsverkehr aufzuzeichnen. Kaum stand das Konzept, lernte er den Volkswirtschafter Roland Rüttimann kennen. Ein Glücksfall. «Er kannte sich aus mit Musikplattformen und Streaming», erzählt Komminoth. Dieses Wissen war der letzte Puzzlestein für die technische Umsetzung.

Vor vier Jahren reichte Komminoth sein Konzept bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) ein. Der ganze Prüfungsprozess dauerte knapp ein Jahr. Denn: Es gab schlicht noch keine automatisierte Lösung für weltweite Geldtransaktionen, bei der die Kunden sich online identifizieren.

«Weil wir unzufrieden waren, haben wir eine Plattform für Zahlungen entwickelt, die weltweit einzigartig ist.»

Identifizierung passiert via Videostream

Anstatt am Bankschalter präsentiert man seine Identitätspapiere via Videostream und auch alle Dokumente, die das Geldwäschegesetz bei grösseren Beträgen verlangt. In Echtzeit können Käufer und Verkäufer mit Komminoths Software mitverfolgen, wie weit der Zahlungsprozess gediehen ist. Abgewickelt wird die Zahlung über eine sichere Bankverbindung, über ein Treuhandkonto von Komminoths CB Financial Services. Wobei Käufer und Verkäufer wiederum sofort sehen, wann die Zahlung abgeschlossen ist.

Nach monatelangem Warten konnte Komminoth sein Konzept schliesslich einem Finma-Ausschuss vorstellen – und er bekam grünes Licht. Die CB Financial Services AG war die erste Firma in der Schweiz, welche von der Finma die Bewilligung bekommen hatte, Kunden auf elektronischem Weg zu identifizieren und Zahlungen auszuführen. Die Prüfungsphase sei langwierig gewesen, erinnert sich Komminoth. «Doch ich habe von Anfang an daran geglaubt, dass unser Konzept genehmigt wird.»

Verkauft werden Einzelmodule

Aus diesem gesamten automatisierten Ablauf für den Zahlungsverkehr hat Komminoth nun einzelne Module herausgelöst und diese Finanzinstituten angeboten. Die drittgrösste Bank der Schweiz liess sich überzeugen. «Die Raiffeisen Schweiz ist sofort aufgesprungen», erzählt der Jungunternehmer. «Sie hat das Potenzial erkannt.» Einige Tausend Raiffeisenkunden, so schätzt Komminoth, haben seit letztem Sommer das digitale Onboarding genutzt, sich also digital identifiziert. «Banken sparen damit Kosten», sagt er, «und sie optimieren gleichzeitig den Prozess.»

«Ich habe von Anfang an daran geglaubt, dass unser Konzept genehmigt wird.»

Im Auge hat er deshalb in- und ausländische Finanzinstitute, Versicherungen und Handelsplattformen, die einen gesicherten Zahlungsservice abwickeln möchten, um Inkassokosten zu sparen. Nutzen sie Komminoths Software-Produkte, zahlen sie eine jährliche Lizenzgebühr.

«Weil wir unzufrieden mit den bestehenden Zahlungsmöglichkeiten waren, haben wir eine automatisierte Plattform für Zahlungen entwickelt, die zurzeit weltweit einzigartig ist», fasst Komminoth zusammen. So ist es ihm auch mit seiner Facebook-Seite ergangen. «Ich habe mit zwanzig Follower begonnen», sagt er. «Heute sind es 2000 Likes im Tag.» Wieder klickt der Zähler. Und die Anzeige springt auf 3 277 208.

5. Jungunternehmerforum: Plattform für Start-ups
Am Donnerstag, 26. Oktober, findet in der Aula der IBW in Chur das 5. Jungunternehmerforum Graubünden statt. Es bietet mit Referaten, Workshops und dem Start-up-Duell eine Plattform für Gründerinnen und Gründer, Jungunternehmen und KMU-Nachfolger im Kanton. So referiert etwa Barbara Laim, Geschäftsinhaberin «La Palausa, darüber, wie hochfliegende Ideen gelingen und es gibt Workshops zu Kundengewinnung, Unternehmensplanung und digitaler Transformation.
Im Final um das Jungunternehmen 2017 sind drei Start-ups: die energieingenieur.ch GmbH, deren Snora-System es ermöglicht, Schachtheizungen energieeffizient zu steuern. Die CB Financial Services AG in Maienfeld und die Eturnity AG, die Produkte zur Förderung erneuerbarer Energien entwickelt.

Ursina Straub schreibt als Redaktorin der «Südostschweiz» für den Regionalteil der Zeitung und für Online. Ihre Themenschwerpunkte sind Landwirtschaft, Alp, Jagd, Grossraubtiere, Natur; zudem berichtet sie regelmässig aus dem Grossen Rat. Die gelernte Journalistin, diplomierte Landwirtin und Korrektorin EFA ist auch Leiterin Qualität. Mehr Infos

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