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Wie Italiener ihre Migration ins Glarnerland erleben

Glarner Imigranten erzählen ihre Geschichten: Am Sonntag zeigt Wortreich den Film «In Nome del Padre» über die italienische Emigration. Die Filmemacher und die porträtierten Glarner Gastarbeiter sind anwesend.

Südostschweiz
28.09.11 - 02:00 Uhr

Von Claudia Kock Marti

Glarus. – Ausgebleichte Fotos vom Volksgarten. Vom Sonntagsspaziergang an der Linth im blütenweissen Hemd und Krawatte. Von Kajüttenbetten in der Wohnbaracke. Dazu erzählen die Fotografierten, wie es ihnen erging, als sie vor 50 Jahren nach Glarus kamen.

Hoffnung auf Arbeit in der Schweiz

Der Einstieg für Aldo Crevena aus Bergamo war nicht leicht. Ohne zu werten, eher nüchtern-realistisch blickt der heute in Netstal wohnende wie die anderen auch zurück. Zu siebt oder acht wohnten die jungen italienischen Männer in einer Baracke: drei Kochplatten, keine Heizung und schon gar kein Bad.

60 Minuten Spannung

«Wir kamen hungrig und träumten von einem besseren Leben», sagen diese Migranten heute. Als junge Männer verschlug es sie Mitte der Fünfzigerjahre oder Anfang der Sechzigerjahre ins Glarnerland.

«Früher war es bei uns wie in der Dritten Welt», beschreibt einer die Situation, die sie die Heimat aufgeben liess, um in der Schweizer Industrie oder auf dem Bau ein Auskommen zu finden.

Severino Mauro emigrierte aus Belluno (Venetien), Donato Rizzo und Luigi Colluto kamen aus Castiglione (Lecce) nach Glarus, wo nicht nur kulturelle Barrieren zu den Schweizern, sondern auch zwischen Nord- und Süditalienern zu überwinden waren.

Im 60-minütigen Dokumentarfilm von Donato Nuzzo und Fulvio Rifuggio blicken die inzwischen ergrauten Herren auf ihr Arbeitsleben zurück. Aber auch darauf, wie die meisten mit den Kindern, die locker zwischen Schweizerdeutsch und Italienisch switchen, auch heimisch wurden.

Ein schwerer Unfall habe die Wahrnehmung der Schweizer über die Gastarbeiter, aber auch das Bewusstsein der Italiener in der Schweiz verändert, lautet eine Aussage im Film. Beim Bau des Mattmark-Staudamms 1965 im Wallis kamen 88 Menschen, darunter 57 italienische Gastarbeiter, ums Leben. Von dem Moment an hätten sich die Migranten in eigenen (Kultur-)Vereinen besser organisiert.

Nach 1975 kam eine weitere Generation von Italienern in die Schweiz. Sie seien besser gebildet gewesen als ihre Eltern oder Vorgänger, erzählen sie im Film. Die Bilder aus dem Familienalbum vor dem Springbrunnen im Volksgarten von Glarus sind nun farbig.

Guter Mix von Porträts und Analyse

«Man hat Arbeitskräfte gerufen und es kamen Menschen», zitiert Dieter Bachmann den bekannten Satz von Max Frisch im Film. Der Publizist und Schriftsteller leitete von 2000 bis 2003 das «Istituto Svizzero di Roma». Er kommentiert und analysiert aus Schweizer Sicht immer wieder scharfsinnig die wirtschaftlichen Verhältnisse und das politische Umfeld von damals: «Der Saisonnier hatte nur das Recht auf Arbeit.» Am Schluss bilanziert er, dass es doch «eine Geschichte mit gutem Ausgang für alle Seiten» war.

«So war es» – gekonnt verknüpfen die Filmemacher um den Produzenten Isidore Colluto die persönlichen Erinnerungen der Gastarbeiter und Bachmanns Analyse und untermalen sie zugleich liebevoll mit italienischer Musik.

Niemand wird im Film besser oder schlechter gemacht, als er war oder ist. Und so berühren die Geschichten und das Lebensgefühl der Ausgewanderten und in der Schweiz Gebliebenen. Einer sagt für viele: «Ich kann nicht mehr zurück. Ich bin noch Italiener, aber etwas von mir gehört der Schweiz.»

Sonntag, 2. Oktober, 19.30 Uhr, Buchhandlung Wortreich, Glarus, danach Gesprächsrunde und Livemusik aus dem Soundtrack.

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