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«Wenn das Feuer erlöscht, ist das eine Katastrophe»

Nach 81 Jahren wird der Kalkofen in der Val Zuort bei Tarasp heute wieder angezündet. Sieben Tage und sieben Nächte muss das Feuer brennen. Hilfe bei der Überwachung gibts von den Arbeitslosen.

Südostschweiz
14.02.13 - 01:00 Uhr

Von Fadrina Hofmann

Tarasp. – Der 26-jährige Joannes Wetzel aus Pradella bei Scuol ist ein leidenschaftlicher Maurer. Seine grösste Passion ist allerdings die alte Putztechnik Sgraffito. «Sgraffito ist aus der Kalk-Kultur heraus entstanden», erzählt Wetzel. Und ein schönes Sgraffito kann seiner Meinung nach nur mit Kalk geschaffen werden. Nun hat sich Wetzel ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Er möchte ein Sgraffito vom Anfang bis zum Schluss selber machen, begonnen mit dem eigenhändigen Kalkbrennen.

13 Arbeitslose helfen mit

Im vergangenen Sommer hat Wetzel die Mauern des Schlosses Tarasp nach alter Tradition mit Kalk restauriert. Hier ist er mit dem Schlossverwalter Jon Fanzun ins Gespräch gekommen. Schon bald entstand die Idee, den alten Kalkofen der Val Zuort bei Tarasp wieder zu benutzen, der sich in Besitz der Bürgergemeinde Tarasp befindet. Das letzte Mal wurde der Ofen 1932 angezündet. Heute um Punkt 17 Uhr soll es wieder so weit sein. Bereits im Herbst wurden 100 Ster einheimisches Holz zum Kalkofen transportiert. Hilfe erhielten Wetzel und Fanzun vom RAV. Durch ein Beschäftigungsprogramm packten insgesamt 13 Arbeitslose bei diesem Projekt mit an. Seit dem 7. Januar haben Wetzel und seine Helfer die 42 Kubik Dolomiter Kalksteine aus S-charl in den Ofen eingemauert – alles trocken, also ohne Mörtel. Zwei Schichten und viel Detailwissen waren bei diesem Unterfangen notwendig. Die grösste Herausforderung bestand laut Wetzel darin, den Bogen so zu mauern, dass genügend Luft innerhalb des Ofens zirkulieren kann. Schliesslich muss die Temperatur während sieben Tagen und sieben Nächten konstant bei über 1000 Grad bleiben.

Die Kalk-Kultur aufleben lassen

Für Wetzel ist es klar, dass er während des gesamten Brennprozesses vor Ort sein wird. Hilfe erhält er wieder von den Arbeitslosen der Region. Ihre Aufgabe wird es sein, die Asche wegzuputzen und das Feuer am Brennen zu halten. «Wenn das Feuer erlöscht, ist das eine Katastrophe», sagt Wetzel. Ihm ist es ein Herzensanliegen, dass das Projekt gelingt. Schliesslich möchte er mit dem selbst gebrannten Kalk danach auch arbeiten können. Ein Teil der rund 150 Fässer Kalk soll verkauft werden, um die Kosten wieder decken zu können. «Mir ist es wichtig, die Kalk-Kultur wieder aufleben zu lassen», sagt Wetzel. Im nächsten Jahr kann der Maurer seine neu erworbenen Fähigkeiten in der Val S-charl einsetzen. Zum Jubiläum 100 Jahre Nationalpark Schweiz werden auch die alten Kalköfen reaktiviert.

Der Kalkofen wird heute Abend um 17 Uhr angezündet. Am Sonntag, 17. Februar, findet ab 18 Uhr ein Apéro für die Bevölkerung statt. Die Schulen können sich am Montag, 18. Februar, vor Ort informieren lassen.

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