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Vor 50 Jahren wurde Tram eingestellt

Zwei Drittel der Bevölkerung haben es nicht mehr selber erlebt: das Schwyzer Tram. Im Herbst 1963 lag diese Strassenbahn in ihren letzten Zügen, nach 60 Jahren zuverlässigem Betrieb.

Südostschweiz
18.09.13 - 02:00 Uhr

Von Josias Clavadetscher

Schwyz. – Man weiss bis heute nicht recht, ob es ein trauriger Tag oder ein Sprung in die Neuzeit gewesen ist. Damals aber hat sich das Ende abgezeichnet, Ende 1961 ist der Entscheid gefallen, am 14. Dezember 1963 hat das Schwyzer Tram seinen Betrieb eingestellt. Die Schwyzer Strassenbahnen AG hat noch den Rückbau besorgt und einen kleinen Autobusbetrieb geführt, dann aber definitiv 1964 mit der heutigen Auto AG Schwyz fusioniert. Das Tram war damit Geschichte.

Die ersten Ideen für eine dampfbetriebene Strassenbahn sind nach der Eröffnung der Gotthardbahn (1882) aufgetaucht. Man wollte den Hauptort mit der neuen Bahnlinie in Seewen verbinden. Das Ziel jedoch, zur Jahrhundertfeier 1891 mit einer «Tramway» aufwarten zu können, hat sich nicht erfüllt. Der Bund hatte zwar die Konzession für zwei Linien nach Seewen und Brunnen erteilt, aber in Schwyz lagen sich zwei Projekte in den Haaren, und in Richtung Süden gab es Widerstand. In Brunnen fürchtete man, dass die Dampfbahn Rauch und Unruhe in den Kurort bringen würde, die Gotthardbahn verweigerte die Querung der Bahnlinie, und die Bauern im Feld protestierten wegen der Gefährdung der Fuhrwerke und des Viehs. Der zweite Anlauf ab 1897 hatte dann Erfolg, nachdem nun der elektrische Antrieb möglich geworden war. 1900 nahm die Strassenbahn ihren Betrieb auf, allerdings erst auf der Strecke Schwyz–Seewen. Die Baukosten betrugen 204 000 Franken. Die zweite Linie nach Brunnen war dann 1914 erst möglich, als Hindernisse beseitigt waren: Nach dem Hochwasser von 1910 war die frühere gedeckte Holzbrücke in Ibach durch eine offene Betonbrücke ersetzt worden, und 1913 wurde in Brunnen der heutige Viadukt gebaut. Die Baukosten der neuen Linie hatten 680 000 Franken betragen.

Tram war immer rentabel

In all den Jahrzehnten danach hat die Strassenbahn stark zur wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung der Region beigetragen. Erstaunlicherweise hat sie mit Ausnahme der Jahre 1906 bis 1914 immer auch Dividenden ausbezahlt. Die Bahn war vom Start weg rentabel.

Mit der stark zunehmenden und komfortableren Motorisierung ist der «Schüttelbecher» jedoch immer mehr unter Druck geraten. Auch wurde das Tram in den Engnisssen der Schützenstrasse in Schwyz, auf der Muota-Brücke Ibach, dem Viadukt Brunnen und im Dorfzentrum Brunnen immer mehr zum Hindernis. Auch kam es immer wieder zu Karambolagen oder Staus.

Auf dem Kehricht gelandet

Vor 50 Jahren ist das Schwyzer Tram dann aus dem Strassenbild von Schwyz, Seewen, Ibach, Ingenbohl und Brunnen verschwunden. Allerdings gibt es noch heute Spuren und Relikte, die sichtbar sind. Am eindrücklichsten das ehemalige, viergleisige Tramdepot an der Schwyzer Schützenstrasse. Es wurde nach der Einstellung des Trambetriebs als Depot für die Busse der Auto AG Schwyz genutzt und nach dem Bau des neuen Bushofs im «Diesel» schliesslich an die benachbarte Victorinox AG verkauft. Vereinzelt sind noch bis heute entlang der einstigen Strecke Masten der Fahrleitung zu sehen. Oder dann wird das ehemalige Trassee durch den Felderboden heute als Radweg und Fussweg genutzt. Und bei Strassenerneuerungen kommt es auch immer wieder vor, dass im Unterbau Schienen auftauchen. Typisch in der Bahnhofstrasse Brunnen. Vom Rollmaterial sind zwei der Wagen noch für einige Jahre für die Birseckbahn gefahren, zwei wurden recht unwürdig auf der damaligen Kehrichtdeponie Bernerhöhe entsorgt, zwei weitere wurden auf Kinderspielplätzen aufgestellt (Kinderheim Erika Ingenbohl, Spielplatz Schwyz). Der Rest wurde verschrottet.

Quellen

Stefanie Wiget: «Schwyzer Strassenbahnen», Prellbock Druck & Verlag, Leissingen. 1999. Wilhelm Klein: «60 Jahre Schwyzer Strassenbahnen», Schwyz. 1960.

Verwaltungsratspräsidenten

1900–1909 C. Real, Arzt 1910–1911 Josef Landtwing, Major 1911–1914 Theodor Schuler-Real 1915–1916 Josef Gemsch, Ratsherr 1917–1922 Hans Koller, Arzt 1923–1943 Theodor Schuler-Real 1944 Caspar Weber, Schlosser 1945–1963 Carl v.Weber, Nationalrat

Betriebsleiter

1900–1914 Konrad ab Yberg 1915 Dominik Epp 1916–1919 Karl Lienert 1920–1957 Wilhelm Klein 1957–1963 Walter Gwerder

Linien/Betrieb

Schwyz–Seewen Eröffnung 7. Oktober 1900 Länge 1871 Meter

Schwyz–Ibach Eröffnung 12. Oktober 1914 Länge 1881 Meter

Ibach–Brunnen See Eröffnung 8. Mai 1915 Länge 3427 Meter

Gesamtstrecke ab 1936 7090 Meter grösste Steigung 63 Promille kleinster Radius 30 Meter Energie (ab 1914) 1000 V Gleichstrom

Anzahl Fahrgäste: 1900: 34 626 1915: 294 736 1945: (Rekord) 897 887 1963: 851 040

Rekordumsatz 1963: 293 000 Fr. Minimalumsatz 1900: 5711 Fr. Höchstbestand Pers. 1950: 20 Personen

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