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Vom Fagottisten zum Furbaz-Sänger

Der Öffentlichkeit ist Gion Andrea Casanova vor allem als neues Mitglied der Gesangsgruppe Furbaz bekannt. Dabei ist der Laaxer auch Fagottist bei der Kammerphilharmonie Graubünden und Komponist romanischer Folklieder.

Südostschweiz
12.04.14 - 02:00 Uhr

Von Valerio Gerstlauer

Chur/Laax. – «Ich bin längst nicht mehr so bühnengeil wie früher», resümiert Gion Andrea Casanova und lacht herzhaft. Hier blitzt sie wieder auf, diese entwaffnende Mischung aus Offenheit, Demut und Humor, die bei auffallend vielen Rätoromanen zu beobachten ist und die den Eindruck erwecken kann, sie wären die natürlichsten Menschen überhaupt. Die Aussage des 41-jährigen Laaxers gilt es dennoch zu hinterfragen – eingedenk der nicht wenigen Projekte, bei denen der Musiker mitmischt. Doch da weiss Casanova sogleich zu unterscheiden und präzisiert: «Vom gemeinsamen Musizieren werde ich nie genug haben – die Frage ist bloss, wie viel davon nach aussen dringen muss.»

Bereits im Jahr 1989 mit Furbaz aufgetreten

Zurückgefahren hat Casanova seine Auftritte als Fagottist mit der Kammerphilharmonie Graubünden, der er 1997 beitrat. Dies wegen zeitlicher Engpässe, die zwei neue Aufgaben mit sich brachten: Vor zwei Jahren trat Casanova die Nachfolge von Gioni Defuns in der Bündner Gesangsgruppe Furbaz an und begann, an der Bündner Kantonsschule in Chur als Musiklehrer zu unterrichten. «Konzerte finden mit Furbaz ausschliesslich in der Adventszeit statt», erzählt Casanova. «Diese Zeit ist zwar sehr intensiv, aber vereinbar mit der Schule und anderen Projekten.» Er habe sich mittlerweile sehr gut in die Gruppe eingefügt. «Weil ich aus der Klassik komme, musste ich mich aber zunächst an technische Dinge wie Mikrofone und Monitore gewöhnen.»

Casanova begleitete die Furbaz am Klavier bereits bei deren Auftritt am Concours Eurovision de la Chanson 1989. «Uns verband eine freundschaftliche Beziehung seit meiner Zeit in der Disentiser Klosterschule», verrät Casanova. Als Defuns die Gruppe verliess, habe ihn dieser als Wunschnachfolger genannt. «Zunächst wollte ich jemand anderen vorschlagen, denn es war nicht so, dass ich damals Furbaz gehört hätte.» Dann habe er sich dennoch dafür entschieden, um neue musikalische Facetten kennenzulernen und aus dem Alltagsleben der Klassik auszubrechen. «Diesen Entscheid bereue ich bis heute nicht.» Mittlerweile könne er auch eigene Ideen in das Programm einbringen. So sollen künftig wieder ältere, romanische Furbaz-Lieder in neuem Kleid zu hören sein, und auch die Sänger sollen neben Marie Louise Werth Solopassagen erhalten.

«Dies kann durchaus jazzoid wirken»

Neben der Kammerphilharmonie Graubünden und Furbaz betätigt sich Casanova als Komponist rätoromanischer Folklieder. Für die Songtexte adaptiert er Werke romanischer Dichter wie Gian Fontana, Alfons Tuor und Gion Cadieli. «Diese wirkten allesamt um das Jahr 1900 und waren noch erheblich von der Romantik beeinflusst – sozusagen mit 50 Jahren Verspätung», erklärt Casanova. «Beim Komponieren achte ich dann darauf, das Lied mit dem Fluss des Textes zu verbinden, der Text gibt die Richtung vor.» Als Sänger und Pianist trägt Casanova die Lieder jeweils selbst auf der Bühne vor. Unterstützt wird er dabei von Violoncellist Mathias Kleiböhmer, Kontrabassist Rees Coray und Schlagzeuger Rolf Caflisch. Doch Auftritte dieser Formation finden erwartungsgemäss höchst selten statt, der nächste am 1. Mai im Rahmen der Konzertreihe «Weekly Jazz» in der Churer «Marsöl»-Bar. «Wir spielen keine Jazzmusik, aber an den Konzerten nehmen wir uns die Freiheit, in den Stücken auszubrechen – dies kann durchaus jazzoid wirken.»

Seine Folkformation rief Casanova vor fünf Jahren ins Leben, ungefähr zur gleichen Zeit hob er an, auch für Brassbands zu komponieren. Dabei entstehen Werke für verschiedene Stärkeklassen. Seinen Stil umschreibt Casanova mit «symphonischer Dichtung», die in Richtung Filmmusik geht. Aktuellstes Projekt ist allerdings ein Lied für Tenor Solo und sinfonisches Orchester mit Texten von Gian Fontana. Involviert ist dabei der Bündner Tenor Rinaldo Camathias. Dazu entstand ein Musikvideo, das in der Region Foppa gedreht wurde, der Heimat von Casanova und Fontana. Doch dies sei eine reine Herzensangelegenheit, meint Casanova. Das Video wird nicht veröffentlicht – ein Auftritt ist erst recht nicht geplant.

«Desideris – romanische Lieder von Gion Andrea Casanova zu Texten von Gian Fontana». Donnerstag, 1. Mai, 20.30 Uhr. «Marsöl»-Bar, Chur.

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