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Schutz für wenige kostet viel Landschaft

Hierzulande gibt es 450 000 Zweitwohnungen. Für die dicht besiedelte Schweiz ist das viel. Zu viel! Denn die mit Beton umhüllten Kapitalanlagen beanspruchen viel Platz und Material, verschlingen viel Energie und verschandeln viel Landschaft.

Südostschweiz
22.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Hanspeter Guggenbühl

Ihr Gegenwert hingegen ist gering: Zweitwohnungen bieten relativ wenig Menschen ein Dach über dem Kopf, denn die meiste Zeit stehen sie leer. Pro Bett und Quadratmeter Landverschleiss bringen sie dem Tourismus weit weniger Gäste als Hotels oder Pensionen.Mit einem Anteil von zwölf Prozent am Schweizer Wohnungsmarkt dienen Zweitwohnungen nur einer Minderheit, bestehend aus Eigentümern, Bauwirtschaft und Banken. Diese Minderheit, so findet der Einzelkämpfer Franz Weber, sei nicht schützenswert. Deshalb lancierte er eine Initiative, die einen Baustopp für Zweitwohnungen in jenen Gemeinden vorschreibt, in denen der Anteil der Zweitwohnungen höher ist als 20 Prozent des ganzen Wohnungsbestandes. Damit will Weber die Landschaft schützen, die der Mehrheit nützt und allen gehört.Das Parlament aber, das von der Mehrheit des Volks gewählt wurde, schützt weiterhin die Minderheit: Es lehnt die Initiative, die zusätzliche Zweitwohnungen in den meisten Tourismusorten faktisch verhindern würde, strikte ab. Um dem Volksbegehren den Wind aus den Segeln zu nehmen, beschloss der Ständerat im Juni einen Gegenvorschlag, der den überbordenden Boom von Zweitwohnungen zumindest etwas bremsen könnte. Doch der Nationalrat strich gestern alle noch halbwegs griffigen Vorschriften im Gegenentwurf. Gleichzeitig öffnete er noch eine Hintertüre, um das Bauen ausserhalb der Bauzone zu erleichtern.Der Entscheid ist dumm und dreist. Aber er schafft wenigstens eine klare Ausgangslage zur Abstimmung über die Initiative von Franz Weber: Das Volk kann entscheiden, ob es die Landschaft und damit auch den Tourismus schützen will. Oder ob es dem Schutz einer Minderheit von Zweitwohnungs-Profiteuren Vorrang gibt.

zentralredaktion@suedostschweiz.ch

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