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Schüler sprechen ungehemmt über Sex, Liebe und Aids

Einmal eine ganz andere Art des Unterrichts im Fach Individuum und Gemeinschaft erlebten am Dienstag die Schüler der 3. Oberstufe in Uznach. Im Mittelpunkt standen die Sexualität, Liebesbeziehungen und Aids.

Südostschweiz
19.05.11 - 02:00 Uhr

Von Thomas Geissler

Uznach. – In durchaus mit einer Prise Humor gewürzten, aber dennoch ernsthaften Weise stiegen die Jugendlichen in die Gruppenarbeit ein. Gemeinsam mit den beiden Sexualpädagogen der Fachstelle für Aids- und Sexualfragen St. Gallen und später auch im Gespräch mit einer betroffenen Person konnten sie offen diskutieren und sicher noch einiges dazu lernen.

Die Erwartungen der Schülerschaft waren im Vorfeld recht hoch und das Interesse gross. Zwar fühlen sich die Jugendlichen generell gut informiert, doch hatten sie einige offene Fragen, auf die sie sich Antworten von den Sexualpädagogen erhofften. «Beispielsweise konnten wir im Unterricht nicht klären, welche Infektionsgefahr beim Küssen vom Speichel ausgeht», erklärte Ricardo Welchen.

Sex und auch Aids seien zwar Thema bei den Jugendlichen untereinander, konnte sein Schulkollege Nemanja Vranjes bestätigen, doch auch wenn man meint, bereits viel zu wissen, merkt man erst, dass es noch Lücken gibt, wenn man offen darüber redet.

Dies stellte auch Klassenlehrer Rolf Suter fest. «Auch wenn Sexualität heute permanent gegenwärtig zu sein scheint, ist das Gefühl, bereits alles zu wissen, oft trügerisch.» Entgegen der Klagen gegenüber der medialen Überpräsenz sexueller Inhalte konnte Suter in diesem Umstand auch einen positiven Effekt erkennen: «Die neue Offenheit führt dazu, dass einfacher über solche Themen kommuniziert werden kann.»

Bestätigt wurde dieser Wandel vom Sexualpädagogen Dominique Brühlmann, der die Erfahrung gemacht hat, dass die Jugendlichen nach einem lockeren Einstieg mehrheitlich sehr gut mitmachen und sehr interessiert sind. «Dies ist etwas, was sich in positiver Weise verändert hat und nicht immer so war», so Brühlmann.

Der soziale Aspekt der Sexualität

Von den Schülern wurde als gut bewertet, dass sich die Jungen und Mädchen in getrennten Gruppen dem Thema annehmen und somit ganz ungehemmt und offen sprechen konnten. Auch ein Grund, warum Suter als «Alltagslehrer» bewusst nicht teilnahm. «Es ist wichtig, dass mal ein Aussenstehender über so ein spezielles Thema spricht und andere Aspekte mit einbringt», erklärte er. So sollte weder die Angst, die Eltern könnten von irgendwelchen Aussagen erfahren, noch die Tatsache, dass eine Person anwesend ist, die üblicherweise Noten vergibt, eine Hemmschwelle aufbauen.

Schon im Kindergarten beginnen

Schliesslich stand bei diesem besonderen Unterricht nicht wie in der 1. Oberstufe vor allem die biologische Ebene der Sexualität im Vordergrund, sondern der soziale Aspekt und die Gefahren. Letztere beschränken sich nicht nur auf die Infektionsgefahr mit dem HI-Virus, sondern decken ein breites Spektrum vom eigenen sexuellen Selbstbewusstsein, den medialen Inhalten und dem Gebrauch des Internets, Pornografie und den verschiedenen sexuellen Praktiken ab.

Wie wertvoll diese Art des Unterrichts ist, wusste auch Sexualpädagogin Simone Schneider zu erzählen. «Grundsätzlich sollte schon im Kindergarten damit begonnen und altersgerecht weiter an dem Thema gearbeitet werden.» Stehen dabei zunächst die Gefühle im Mittelpunkt, werden später die Veränderung des eigenen Körpers und der Unterschied zwischen der Sexualität und der Liebesbeziehung immer wichtiger.

Die Zusammenarbeit mit der Fachstelle für Aids- und Sexualfragen ist für die Oberstufe Uznach noch neu. «Die Aufklärung hat zwar schon immer einen bedeutenden Stellenwert im Unterricht eingenommen, doch ist es wichtig, auch externe Fachpersonen zu Wort kommen zu lassen», freute sich Suter, dass es mit Hilfe der Regionalen Beratungsstelle Uznach möglich war, die Sexualpädagogen einzuladen.

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