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Remo Stoffel im Visier der Bündner Staatsanwaltschaft

Immobilienunternehmer Remo Stoffel muss sich im Sommer vor dem Bezirksgericht Maloja verantworten. Die Staatsanwaltschaft bezichtigt ihn, im Zusammenhang mit dem Konkurs des Café «Puntschella» Gläubiger geschädigt zu haben.

Südostschweiz
26.04.11 - 02:00 Uhr

Von Stefan Bisculm

Maloja/Pontresina. – Das ehemalige Café «Puntschella» mit Hauptsitz in Pontresina und diversen Ablegern im Oberengadin galt lange Zeit als Vorzeigeunternehmen. Nach seiner Gründung im Jahr 1995 legte das Kaffeehaus mit angeschlossener Bäckerei einen Blitzstart hin. Die Firmeninhaber beschäftigten in ihren besten Zeiten 88 Mitarbeiter und erzielten einen jährlichen Umsatz von rund 7,5 Millionen Franken.

Der Konkurs des Unternehmens im Jahr 2005 kam nach diesem schnellen Höhenflug für viele überraschend. Insbesondere für die Gläubiger, die durch den Konkurs des Café «Puntschella», der Puntschella Produktion Gianda AG sowie durch den Privatkonkurs des Cafébetreibers einen Verlust von über zwei Millionen Franken hinnehmen mussten.

Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Die Staatsanwaltschaft Graubünden ermittelte im Nachgang zwei Jahre lang und erhob schliesslich Anklage. Das Verfahren liegt jetzt beim Bezirksgericht Maloja. Ein Verhandlungstermin liegt zwar noch nicht vor. Das Gericht rechnet aber damit, dass der Prozess im Sommer stattfinden wird.

Im Zentrum der Anklage steht der schwerreiche Bündner Immobilienunternehmer Remo Stoffel, der sich gemäss Anklageschrift seit Juli 2004 um die Sanierung des Café «Puntschella» gekümmert hatte. Bereits unmittelbar nach Aufnahme seiner Tätigkeit stellte der 34-jährige Stoffel fest, dass sowohl das Café als auch die Produktionsfirma vor dem Konkurs standen. Daraufhin soll er dem Cafébetreiber als Einzelbevollmächtigtem geraten haben, sämtliche Debitorenguthaben sowie das ganze Inventar an die Ehefrau abzutreten, obwohl diese zu diesem Zeitpunkt über keinerlei offene Forderungen gegenüber der Firma verfügte. Der Cafébetreiber befolgte Stoffels Rat und erklärte ein halbes Jahr später, im Februar 2005, seine Zahlungsunfähigkeit, woraufhin der Konkurs über ihn eröffnet wurde.

Stoffel bleibt in Pontresina aktiv

Die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft gegen Stoffel und den Cafébetreiber lauten auf Gläubigerschädigung durch Vermögensverminderung, ungetreue Geschäftsbesorgung sowie Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers. Mit Verweis auf das laufende Verfahren verzichtete Stoffel auf Anfrage der «Südostschweiz» auf eine Stellungnahme.

Nach dem eingeleiteten Konkurs zog sich Stoffel nicht aus Pontresina zurück. Via die von ihm gegründete Café Gastro Confiserie AG übernahm in der Folge seine Mutter die Geschicke des Café «Puntschella». Das Lokal geniesst heute allerdings nicht mehr den Ruf vergangener Tage. Bezeichnenderweise wurde die von Kaffeeliebhabern so geschätzte Kolbenkaffeemaschine inzwischen durch eine vollautomatische Kaffeemaschine ersetzt.

Remo Stoffel engagiert sich seither in Pontresina auch als Immobilieninvestor. Von der Familie der Ehefrau des ehemaligen Cafébetreibers kaufte er die Puntschella-Wiese in der Nachbarschaft des Café «Puntschella». Auf der Parzelle lässt Stoffel derzeit vier Häuser mit insgesamt über 40 Eigentumswohnungen für rund 75 Millionen Franken bauen. Die Puntschella-Immobilien sind nur eines neben vielen anderen Projekten, die Stoffel in den vergangenen Jahren angestossen hat. Aktuell lässt er im Kanton Graubünden auch noch in Arosa und Lenzerheide grössere Wohnimmobilien bauen.

Blitzkarriere eines Banklehrlings

Experten schätzen den Wert von Remo Stoffels Immobilienimperium auf eine halbe Milliarde Franken. Seinen raketenhaften Aufstieg verdankt der ehemalige Banklehrling insbesondere dem günstigen Kauf der Immobilien- und Dienstleistungsgesellschaft Avireal AG im Zuge der Liquidation der nationalen Fluggesellschaft Swissair. Den Kaufpreis von 200 Millionen Franken, den Stoffel zusammen mit Partnern aufbrachte, bezeichnen Fachleute als Schnäppchen.

Derzeit läuft bei der Bündner Staatsanwaltschaft auch noch eine Untersuchung wegen Vermögensdelikten und Urkundenfälschung gegen Remo Stoffel. Der Churer Immobilienunternehmer kümmerte sich bis Ende 2006 als Verwalter um die Gemeinschaftskasse der Stockwerkeigentümer der Appartementhäuser Zervreila, Selva und Tomül rund um das Hotel «Therme» in Vals. In dieser Funktion soll er ein Bankdokument der Graubündner Kantonalbank (GKB) gefälscht haben, wie einem Revisorenbericht zu entnehmen ist. Das fragliche Bankdokument sollte den Eigentümern bestätigen, dass der gemeinsam geäufnete Erneuerungsfonds in Höhe von rund einer Million Franken wie vereinbart in Termingeldanlagen der GKB investiert ist.

Auf Nachfrage der misstrauisch gewordenen Revisoren stellte sich gemäss einem Bericht des Wirtschaftsmagazins «Bilanz» jedoch heraus, dass die Bank mit diesem Beleg nichts zu tun hatte. Wofür Stoffel das Geld tatsächlich verwendete, ist bis heute unklar. Nachdem die Sache aufgeflogen war, zahlte er die Summe umgehend zurück. Anfangs allerdings nur mit einigen Hundert Franken Zinsen, erst auf Druck des neuen Verwalters rückte er zusätzlich eine Summe von 41 000 Franken heraus. Die Stockwerkeigentümer erlitten durch das Manöver von Stoffel keinen finanziellen Schaden. Das Vertrauen war aber zerstört, und Stoffel wurde als Verwalter abgelöst, zumal die Revisoren schon vorher zwei seiner Jahresrechnungen wegen zu vieler Mängel beanstandet hatten.

Die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft in dieser Angelegenheit laufen seit rund zweieinhalb Jahren. Ob es zu einer Anklage kommt, ist noch offen. Untersuchungsrichter Maurus Eckert erklärte auf Anfrage die Länge der Untersuchung mit der Komplexität der Ermittlungen. «Dabei geht es nicht nur um die Fälschung von Dokumenten.» (bcm)

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