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Rastplatz-Sex bleibt gefährlich

Auf Autobahn-Rastplätzen treffen sich hetero- und bisexuelle Männer, die im Schutz der Anonymität Sex mit anderen Männern suchen. Die St. Galler Aids-Fachstelle will hier ihre HIV-Prävention verstärken – nicht zum ersten Mal.

Südostschweiz
19.06.14 - 02:00 Uhr

Von Marion Loher

St. Gallen. – Sie sind als Treffpunkt für anonymen Gelegenheitssex beliebt und bekannt: Die Autobahn-Rastplätze. Vor allem hetero- oder bisexuelle Männer – und weniger die geouteten Homosexuellen – kommen hierher, um sich mit anderen Männern zu vergnügen. Und das oft ungeschützt, wie Jürg Bläuer von der St. Galler Fachstelle für Aids- und Sexualfragen weiss.

Bläuer leitet den Bereich «Männer, die Sex mit Männern haben» (MSM) bei der St. Galler Aids-Fachstelle. Er weiss: Die «Rastplatz-Klientel» tut sich schwer mit Tests, eine Ansteckung werde gegenüber der Partnerin oft verschwiegen. Deshalb sei auf Rastplätzen das Risiko für die Verbreitung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten wie Syphilis gross.

«Bei hetero- und bisexuellen Männern ist Präventionsarbeit nötig.» Bei den Homosexuellen sei die Sensibilisierung weiter fortgeschritten.

Aus diesem Grund hat die Fachstelle in den vergangenen Tagen in den Männertoiletten der im Kanton meist frequentierten Rastplätze Gossau, Rorschach und Kriessern Tafeln montieren lassen. Sie sollen die Männer auf anonyme Testangebote des Kantonsspitals St. Gallen hinweisen. «Die Tests dienen dem Schutz der Betroffenen selber und können die Ansteckungsgefahr vermindern.»

Nicht der erste Versuch

Diese Hinweistafeln sind aber nicht der erste Versuch der St. Galler Fachstelle für Aids- und Sexualfragen, die «Rastplatz-Klientel» über die Gefahren und Auswirkungen von ungeschütztem Sex aufzuklären.

Vor sieben Jahren bot man den Männern direkt auf dem Rastplatz an, sich testen zu lassen. Das Angebot sei von einigen zwar genutzt worden, sagt Bläuer. Die positiv Getesteten dann aber für eine medizinische Behandlung zu motivieren, sei schwierig gewesen. «Die meisten verschwanden wieder in der Anonymität.»

Es müsse mehr Vertrauen geschaffen werden können, um erfolgreich zu sein, sagt Bläuer. Dafür wäre aber eine hohe Präsenz vor Ort nötig, und hierfür fehlten der St. Galler Fachstelle die finanziellen Mittel.

Dies ist auch der Grund, weshalb eine weitere Idee zur Prävention bislang nicht umgesetzt worden ist: jene des «Rastlos-Mobils». Das Fahrzeug ist mit dem nötigen medizinischen Material ausgerüstet und kommt nachts auf den Rastplätzen zum Einsatz – und das in der ganzen Schweiz.

Damit könnten die Kosten für die einzelnen Regionen gesenkt werden. Die St. Galler Fachstelle hat das Konzept vor zwei Jahren bei der Aids-Hilfe Schweiz eingereicht. Vom Tisch ist es dort nicht, wie deren MSM-Programmleiter Andreas Lehner auf Anfrage sagt.

Das Projekt befinde sich allerdings noch in einer frühen Phase. Zunächst müssten verschiedene Fragen geklärt werden, unter anderem jene nach der Finanzierung. Lehner bezeichnet die Idee des «Rastlos-Mobils» aber auch heute noch als «gut und wichtig». Eine Präsenz der regionalen Aids-Hilfen auf Schweizer Raststätten und Rastplätzen sei nach wie vor erforderlich.

«Auf spürbarem Niveau»

In St. Gallen hat sich die Situation in den vergangenen Jahren nicht verschärft, wie Jürg Bläuer sagt. Sie sei «konstant auf spürbarem Niveau». Dies bestätigt auch die Kantonspolizei St. Gallen. Reklamationen gebe es nur ganz selten, sagt Mediensprecher Gian Andrea Rezzoli. Es mache durchaus Sinn, solche Präventionskampagnen am Ort des Geschehens durchzuführen.

Wie wirkungsvoll diese neuen Hinweistafeln jedoch sind, ist schwierig abzuschätzen. «Wichtig ist uns vor allem», so Bläuer, «dass das Angebot solcher Tests wahrgenommen wird.» Die Fachstelle werde weiterhin Kondome verteilen und das Gespräch suchen. «Wir werden diskret präsent sein.»

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