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«Natürlich ist das eine unangenehme Angelegenheit»

Bauunternehmer Roland Conrad nimmt Stellung zu den Vorwürfen der Preisabsprachen. Und Jon Domenic Parolini erklärt, wieso er als Scuoler Gemeindepräsident den Hinweisen auf ein Kartell nicht nachgegangen ist.

Südostschweiz
17.05.14 - 02:00 Uhr
Wirtschaft

Von Gion-Mattias Durband

Chur. – «Dann sind Sie der, der diesen Saich geschrieben hat?» Roland Conrad ist Bauunternehmer. Er ist Geschäftsführer der Foffa Conrad AG in Zernez, welche zusammen mit anderen Firmen Gegenstand der laufenden Untersuchung der Wettbewerbskommission (Weko) ist. Konkret geht es um angebliche Abreden zwischen Unternehmen zur Aufteilung von Bauprojekten und Kunden (siehe Kasten). Sein Name beziehungsweise seine Firma erscheinen auf verschiedenen Dokumenten, welche auf Absprachen zwischen den Bauunternehmern hinweisen und welche der Ramoscher Bauunternehmer Adam Quadroni Jahre vor Beginn der Weko-Untersuchung im Herbst 2012 auch Vertretern des kantonalen Tiefbauamts sowie der Scuoler Gemeinde unterbreitete. Dazu später.

«Wahrscheinlich illegal»

Quadroni hatte Anfang der Woche mitgeteilt, dass der Linard Quadroni AG der Konkurs drohe und er mit der Quadroni und Partner GmbH eine neue Unternehmung gegründet habe. In diesem Zusammenhang erhob er schwere Vorwürfe gegen verschiedene Bauunternehmen (Ausgabe vom Mittwoch). Und Unternehmer Conrad ist mit dem Bericht absolut nicht einverstanden. Quadronis Behauptung, die Preise seien aufgrund der Absprachen zwischen 20 und 25 Prozent höher ausgefallen, sei «total unrealistisch», sagt Conrad. Primäres Ziel der Absprachen sei es gewesen, «die Arbeit vernünftig zu verteilen, die Preise stabil zu halten und Unterangebote zu vermeiden», sagt er. Die entsprechenden Sitzungen seien vom Graubündnerischen Baumeisterverband (GBV) organisiert worden. Nach einer Rüge vonseiten der Weko um das Jahr 2000 «konnte man dort aber nicht mehr über Preise sprechen», sagt Conrad. Bis 2006 hätten im Unterengadin dennoch solche – «wahrscheinlich illegalen» – Preisabsprachen stattgefunden. Wie stark dieses Verhalten vom damals schon gültigen Kartellgesetz abwich, sei Gegenstand der laufenden Weko-Untersuchung, so Conrad.

Sieht er kein Problem darin, gleichzeitig in Chur als Volksvertreter Gesetze zu erlassen und mit Preisabsprachen gegen das Kartellgesetz zu verstossen? «Natürlich ist das eine unangenehme Angelegenheit, zu der man aber stehen muss.» Dass er – wie übrigens auch sein Geschäfts- und Grossratskollege Georg Fallet (CVP) – diesen Sonntag nicht zur Wiederwahl antritt, habe aber nichts mit der laufenden Weko-Untersuchung zu tun, beteuert er.

Beim GBV ist dazu nichts zu erfahren. Weil er erst in den Neunzigerjahren beim Verband angefangen habe, könnte er zur früheren Praxis keine Auskunft geben, sagt Andreas Felix, Geschäftsführer beim GBV. Und das, was danach geschah, sei Gegenstand eines laufenden Verfahrens der Weko. «Dazu werden wir Stellung nehmen, wenn die Ergebnisse der Untersuchung auf dem Tisch liegen.»

«Hat mich nie erreicht»

Gemäss Unternehmer Quadroni wurden dem Tiefbauamt bereits 2009 Unterlagen zu den angeblichen Preisabsprachen vorgelegt. «Ein Schreiben oder ein Hinweis, dass etwas Substanzielles vorgefallen wäre, hat mich nie erreicht», ist sich der damalige Vorsteher des Bau-, Verkehrs- und Forstdepartements, Stefan Engler, sicher. Hätte er konkrete Anhaltspunkte zu den genannten Vorwürfen gehabt, hätte man etwa eine Meldung an die Weko erwogen, wie dies im Zusammenhang mit Belagsarbeiten im Strassenbau auch schon vorgekommen sei. «Die sorgfältige Preisanalyse ist eine ständige Aufgabe des Tiefbauamts.» Auffälligkeiten im Preisniveau würden somit rasch erkannt. «Dass Preisabsprachen mit Wissen der Behörden erfolgt sein könnten, schliesse ich aus», zeigt sich der heutige CVP-Ständerat überzeugt.

Auch Jon Domenic Parolini wurde als Scuoler Gemeindepräsident um 2009 von Quadroni mit entsprechenden Unterlagen konfrontiert. Quadroni sagt, Parolini habe ihm von der Abgabe der Dokumente abgeraten – dies mit dem Hinweis, dass darin erwähnte Personen im Gemeinderat sitzen. Gemäss Parolini hingegen wollte Quadroni die Unterlagen auch auf sein Drängen hin nicht herausrücken. «Hätten wir die Unterlagen gehabt, wären wir in der Verantwortung gestanden. Aber so …» Preisabsprachen seien daraufhin im Gemeinderat und auch mit den betreffenden Firmen thematisiert worden, und es sei klar- gemacht worden, dass dies nicht toleriert würde, so Parolini. Man sei danach auch davon ausgegangen, dass solche Absprachen nicht mehr stattfinden würden. Wieso keine Meldung an die Weko? Zumal die Unterlagen nicht Aufträge der Gemeinde Scuol betroffen hätten, sei es «nicht meine Aufgabe als Gemeindepräsident, die Weko wegen Vorfällen anzurufen, die Jahre zurückliegen», sagt Parolini.

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