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Mit wenig Geld kann in Bangladesch viel geholfen werden

Silvia Jenal aus Scharans engagiert sich für die Landbevölkerung im Norden von Bangladesch. Das Bündner Vokalensemble Incantanti hilft mit.

Südostschweiz
10.02.11 - 01:00 Uhr

Von Ueli Handschin

Scharans. – Der Laptop auf dem Küchentisch im umgebauten alten Holzhaus in Scharans gibt Einblick in eine völlig andere Welt: Silvia Jenal zeigt Fotos aus dem nach Malta am dichtesten bevölkerten Land der Erde – Bangladesch. Im Mündungsgebiet der Ströme Ganges und Brahmaputra drängeln sich 150 Millionen Menschen auf einer Fläche, die nur vier mal grösser ist als die Schweiz. Eigenbrötler sollten das Land meiden.Die Menschenmassen sorgten für so viel Verkehr, dass es regelgewohnten Schweizern erst einmal die Sprache verschlage, erzählt Jenal. Die Strassen seien rappelvoll mit Menschen und Rikschas, mit Autos und Lastwagen, mit von Männern oder Vieh gezogenen, unglaublich überladenen Karren. «In den Zentren herrscht Rushhour rund um die Uhr.» Leergefegte Strassen kenne das tropische Land, in dem sich das Leben im Freien abspielt, zu keiner Jahreszeit und Stunde.

Benachteiligte Minderheit

Bettler, erzählt Jenal, gebe es überall, denn sie würden oft besser verdienen als die Heerscharen, die mit dem Zerklopfen von Steinen zu Kies, mit der Herstellung von Ziegeln oder dem Transport von Baustoffen mit blossen Händen ihr karges Auskommen erkämpfen. Auf den ersten Blick scheine blanker Hunger selten, auf den zweiten seien Armut und Not aber allgegenwärtig. «Die grössten Probleme sind der Mangel an sauberem Wasser, die schlechte medizinische Versorgung, das mangelhafte Bildungswesen», so Jenal.Insbesondere von Missständen betroffen ist das Volk der Mahali, eine der wenigen Minderheiten neben den Bengalen, die weit über 90 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die Mahali leben verstreut im Norden des Landes, sind mehrheitlich Analphabeten und werden von den Bengalen stark ausgegrenzt.

Bauland für 5000 Franken

Marcus, der Älteste der drei Kinder der Familie Jenal, hat Umweltwissenschaften studiert und arbeitete im Auftrag der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) des Bundes zwei Jahre lang in Bangladesch. Die Eltern besuchten ihn und seine Frau Anke zusammen mit den beiden jüngeren Geschwistern im Februar 2010. Es war ein Besuch mit Folgen.Ihr Sohn machte Silvia Jenal mit David R. Murmu bekannt, dem Leiter der Stiftung Adivasi Education & Socio-Cultural Development Foundation, welche die Lebensumstände der Mahali verbessern will. Die Stiftung betreibt mehrere Schulen und eine Gesundheitsstation. Als Nächstes geplant ist der Bau eines einfachen Spitals. Das dazu nötige Land ist für knapp 5000 Franken zu haben.

Gastfreundschaft ist heilig

Von der im Vergleich mit hiesigen Preisen lächerlichen Summe kann die Stiftung nur 1500 Franken aufbringen. Die restlichen 3500 Franken will Jenal nun in der Schweiz zusammenbringen. Tatkräftig unterstützt wird sie vom Vokalensemble Incantanti mit einem Benefizkonzert (siehe Kasten). Jeder Franken werde ohne jeden Abzug dem Projekt zugutekommen und das Geld persönlich überbracht, garantiert Jenal allen Spenderinnen und Spendern.Als Präsidentin der Amtsvormundschaft Hinterrhein kennt Jenal auch Not und Armut in unseren Breitengraden. Dass sie sich nun im Fernen Osten engagiert, liegt nicht zuletzt an der Herzlichkeit der Leute. Trotz aller Armut und Widrigkeiten sei ihre Gastfreundschaft nicht zu überbieten, erklärt die Scharanserin. Den geplanten Zustupf aus der Schweiz versteht sie deshalb auch als ein nachträgliches Gastgeschenk an liebenswerte, unvergessliche Menschen.

Das Bündner Vokalensemble Incantanti unter der Leitung von Christian Klucker gastiert am kommenden Samstag im Saal der Stiftung Scalottas in Scharans. Das Benefizkonzert der elf Sängerinnen und neun Sänger beginnt um 19 Uhr und dauert rund eine Stunde. Die Kollekte geht vollumfänglich an eine Stiftung in der Region von Damkura nahe der Millionenstadt Rajshahi im Nordwesten von Bangladesch. Die Hilfsorganisation wird die Spenden für den Kauf von Land zum Bau eines Spitals verwenden.Incantanti präsentiert einen bunten Strauss von Melodien, darunter die «Yugoslav Folk-Songs» des Komponisten Matyas Seiber sowie Bündner Volkslieder von Tumasch und von Benedetg Wolf. Weiter sind Kostproben aus dem aktuellen Konzertprogramm des 20-köpfigen Chors zu hören. (han)

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