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«Man braucht etwas, das einen antreibt – sonst wird man alt»

Biken, Skifahren, Reisen – das sind nur einige Hobbys von Walter Gisler. Der Eintritt in den Ruhestand hat das Leben des einstigen Piloten stark verändert. Ruhiger geworden ist es allerdings nicht.

Südostschweiz
21.07.12 - 02:00 Uhr

Von Lisa Koch

Glarus. – «Mein Mann ist noch unterwegs», sagt eine freundliche Stimme am Telefon. «Am besten, Sie versuchen es in zwei bis drei Stunden nochmals.» Es scheint nicht einfach, einen Interviewtermin mit Walter Gisler zu finden. «Er ist auf einer Velotour und das kann mehrere Stunden dauern», erklärt seine Frau.

Der 69-Jährige Gisler ist viel unterwegs und hat fast täglich Termine. «Diese Woche sieht es schlecht aus», sagt er später am Telefon. «Nur wenn Sie spontan Zeit haben, können Sie heute Abend vorbeikommen – sonst geht es erst nächste Woche wieder.»

Schlussstrich statt Aushilfsflieger

Einige Stunden später sitzt er gemütlich bei einem Glas Weisswein in seinem gepflegten Garten und erzählt von seinem Leben nach der Pensionierung. «Nach 30 Jahren als Pilot bei der Swissair habe ich mich damals für einen endgültigen Schlussstrich entschieden», sagt Gisler, während er sich eine Zigarre anzündet.

«Ich finde, man sollte im rechten Moment aufhören – gehen, so lange es noch schön ist.» Auch wegen der vielen Zwischenfälle im Flugverkehr entschied sich der damals 55-Jährige für den Ruhestand. Bis heute habe er dies nicht bereut.

Nicht nur die knallrote Brille, das trendige grüne T-Shirt und das neuste iPhone signalisieren, dass Gisler viel Wert auf ein jugendliches Erscheinungsbild legt. Auch körperlich sieht man ihm sein Alter kaum an. «Ich habe schon immer sehr auf meine Fitness geachtet», bestätigt der ehemalige Flieger. «Ich brauche den Sport als Ausgleich und um meine Energie loszuwerden».

Bis heute steht deshalb fast jeden Tag Sport auf dem Programm. «Bei gutem Wetter gehen wir im Winter Ski fahren, und im Sommer mache ich häufig Touren mit dem Bike», erzählt er. Um es mit dem Velo über den Klausenpass zu schaffen, trainiert er regelmässig – zuletzt sogar auf Sardinien und Mallorca.

Vom Flieger zum Immobilienhändler

«Die 30 Jahre als Flieger waren zwar eine wunderschöne Zeit, aber ich wollte dann auch mal etwas anderes ausprobieren», sagt er. An ein Leben ganz ohne Arbeit hat er dabei allerdings nie gedacht. So beginnt Gisler kurz nach der Pensionierung mit Immobilien zu handeln und ist darin bis heute erfolgreich.

Während Gisler von der Firmengründung erzählt, plätschert im Hintergrund ein Springbrunnen. Aus dem Pool erschallt lautes Gelächter. Mitten im Buchholz hat sich der Glarner gemeinsam mit seiner Frau ein kleines Paradies geschaffen.

«Ich bin gerne in guter Gesellschaft und empfange hier auch viele Besucher und Geschäftskunden. «Wegen der häufigen Langstreckenflüge war ich früher oft mehrere Wochen nicht zu Hause», erzählt Gisler. «Heute habe ich mein Büro im Haus – gleich über dem Garten», sagt er mit einem zufriedenen Lächeln.

«Ewig geht es sicher nicht so»

Fast täglich dokumentiert Walter Gisler neue Objekte für seine Firma, trifft sich mit Auftraggebern oder führt interessierte Kunden durch die Immobilien. «Um mich auf die Arbeit vorzubereiten, sitze ich oft bis spät in der Nacht am Schreibtisch.» Er sei ein Nachtmensch und brauche nicht mehr so viel Schlaf.

«Wenn man etwas hat, was einen antreibt, hält auch das jung», ist er überzeugt. «Natürlich bin ich mir auch darüber bewusst, dass man nicht bis 90 so aktiv sein kann», sagt er und wirkt zum ersten Mal etwas nachdenklich. Sein Wissen und die vielen Erfahrungen möchte er in den nächsten drei bis vier Jahren noch an seinen Nachfolger weitergeben – dann will er sich aus der Firma zurückziehen.

Angst vor Langeweile hat er aber nicht. «Vielleicht lege ich mich dann öfter zu meiner Frau an den Pool und lese ein gutes Buch.»

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