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Kanton spart am falschen Ort

HHappy Birthday, Frauenhaus Graubünden! Dieses Jahr wird das Haus, das Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind, schützt, 25 Jahre alt. Ein Grund zum Feiern?

Südostschweiz
25.11.14 - 01:00 Uhr

denise erni über das Frauenhaus Graubünden

Ja und nein. Ja, weil im letzten Vierteljahrhundert ganz viele Frauen und Kinder Schutz, Hilfe und Unterstützung erhalten haben. Weil sie durch die Hilfe des Frauenhauses aus einer Spirale der Gewalt entkommen konnten und die Chance hatten, ein neues Leben aufzubauen. Nein, weil es heute eigentlich keine Frauenhäuser mehr brauchen sollte. Leider sieht die Realität anders aus. Eine aktuelle EU-Studie zeigt, dass 22 Prozent aller Frauen Gewalt in der Partnerschaft erlebt haben oder erleben. Die Dunkelziffer wird sehr viel höher sein.

Seit 2004 ist häusliche Gewalt in der Schweiz ein Offizialdelikt. Die Öffentlichkeit ist dadurch zwar sensibilisiert worden. Doch eine Strafanzeige hat für die verängstigten Frauen, die kein Selbstbewusstsein mehr haben, mit grosser Überwindung zu tun und ist mit Ängsten verbunden. Rund 80 Prozent der Frauen ziehen die Strafanzeige im Bereich der häuslichen Gewalt wieder zurück. Angst vor dem Alleinsein, Angst vor der finanziellen Zukunft, Angst, die Familie auseinanderzureissen und die Hoffnung auf Besserung in der Beziehung zu ihrem Partner bewegen sie zu diesem Schritt.

In der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein gibt es 15 Frauenhäuser. Sie alle werden durch Beiträge von den Kantonen und durch Spendenbeiträge finanziert. So bekommt zum Beispiel das Frauenhaus St. Gallen vom Kanton rund 1,3 Millionen Franken jährlich, jenes in Basel-Stadt 880 000 Franken im Jahr und das Liechtensteinische, das vergleichsweise gleich gross ist wie jenes in Graubünden, 320 000 Franken pro Jahr. Das Frauenhaus Graubünden erhält schweizweit die tiefsten Kantonsbeiträge und muss den grössten Teil, rund 50 Prozent der Einnahmen, über Spenden finanzieren. Mit gerade einmal lächerlichen 85 000 Franken unterstützt der Kanton das Frauenhaus Graubünden. Vor einigen Jahren waren es immerhin einmal noch 200 000 Franken.

Hier spart der Kanton am falschen Ort. Ein jährlicher Beitrag von 200 000 Franken sollte ihm die Sicherheit von Frau und Kind wert sein. Denn gerade eine so wichtige Institution wie das Frauenhaus sollte von höchster Stelle gebührend anerkannt und finanziell unterstützt werden. Nötig wäre eine schweizweite Regelung, bei der jeder Kanton, prozentual zur Grösse des Hauses, verpflichtet wird, den gleichen Sockelbeitrag zu bezahlen. So, dass man sich nicht darum sorgen muss, ob Frauen und Kinder genügend Schutz bekommen, wenn sie diesen dann – leider – benötigen.

denise erni ist Regionalredaktorin, derni@buendnertagblatt.ch

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