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Humor hat, wer trotzdem singt

Gestern hat es an der diesjährigen Schlagerparade in Chur wie aus Kübeln geregnet. Trotzdem haben sich rund 14 000 Zuschauer die Partyfreude nicht nehmen lassen und sich über den Umzug mit 25 Hossamobilen gefreut.

Südostschweiz
26.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Magdalena Petrovic (Text) und Theo Gstöhl (Bilder)

Chur. – Wenn Passanten einmal im Jahr mit bunten Strumpfhosen, blumigen Anzügen, schrägen Sonnenbrillen, mit Blumen in den Haaren und eigenartigen Perücken die Churer Strassen bevölkern, dann wissen alle: Die Schlagerparade ist wieder da.Samstagnachmittag am Postplatz, mehrere Hundert Personen – ob jung oder alt – stehen am Strassenrand und blicken in Richtung Bushaltestelle Malteser. Punkt 14 Uhr geht der Umzug los. Während zweier Stunden sorgen 25 Hossamobile für gute Laune auf den Strassen. Zuvorderst fährt ein Volkswagen – wie ihn die meisten aus den Siebzigerjahre kennen – mit der Aufschrift «Wir sind alle Hippies». Die Seitentür des Wagens ist geöffnet, und plötzlich springt ein Mann heraus. Er trägt bunte Schlaghosen, eine schwarze Perücke und eine grosse Plastiksonnenbrille. Die kleinen Kinder auf dem Trottoir blicken ihn zunächst etwas unsicher an. Als der verkleidete «Hippie» aus seiner Tasche eine Handvoll Süssigkeiten herausholt und in die Kindermenge wirft, stürzen sich die Kleinen lachend auf die «Zückerlis» und winken ihm als Dankeschön freudig zu.

Tanzen trotz Regen

«Ein bisschen Spass muss sein ...» klingt es aus 20 Metern Entfernung. Es folgt der Dolce-Vita-Anhänger. Die Leute auf dem Wagen hüpfen zur Musik nahezu um die Wette und scheinen sogar die Zuschauer am Strassenrand anzustecken. Während die einen lauthals mitsingen, legen die anderen ihre Regenschirme auf den Boden, greifen sich unter die Arme und beginnen im Takt der Musik zu tanzen.Ein kleines Mädchen in einem pink-farbigen Regenanzug und rosaroten Gummistiefeln steht ganz ruhig neben seinem Vater. Jeder VW-Käfer, Umzugwagen und jedes Motorrad hält bei ihm an und drückt ihm Süssigkeiten in die Hand. Sichtlich zufrieden isst es seine Schokolade und Bonbons, während es sich um den Lollipop in der anderen Hand kümmert, verpasst die Kleine die vorbeiziehende Schlagerparade. Wahrscheinlich ist die Schlagerparade einer der wenigen Anlässe im Jahr, wo Kinder unkontrolliert Süssigkeiten essen können, ohne dass die Eltern durchdrehen.

Schlagerparade für Jung und Alt

Vor der Pizzeria «Mamma Mia» haben sich noch mehr Leute auf dem Trottoir versammelt und betrachten das Geschehen. Eine etwas ältere Dame in Mantel und Schal eingepackt, steht mit dem Schirm in der Hand allein etwas weiter weg. Sie wirft dem ganzen Umzug einen kritischen und abschätzenden Blick zu. Als ein Mann in einer Elvis-Presley-Verkleidung die Dame entdeckt, geht er auf sie zu, nimmt ihre Hand, gibt ihr einen Handkuss und schenkt ihr eine Blume aus Plastik. Binnen Sekunden verändern sich die Gesichtszüge der Frau, und ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Die Schlagerparade scheint nicht nur mit Süssigkeiten die kleinen Besucher zufriedenzustellen, sondern auch Kritiker zu begeistern.Nun fährt ein roter VW-Käfer vorbei, bleibt vor den Zuschauern stehen. Während der Beifahrer die Fensterscheibe runterkurbelt, lässt die Fahrerin das Lied «Er hat ein knallrotes Gummiboot ...» aus dem Kassettenrekorder laufen. Nun klatscht die ganze Zuschauermenge in die Hände, sogar die Dame mit dem kritischen Blick wippt leicht mit.Gegen 16 Uhr ist Schluss mit dem bunten und musikalischen Umzug. Die einen machen sich auf den Weg, um am Abend weiterfeiern zu können. Die anderen gehen «pflutschnass» nach Hause. Spätestens in einem Jahr heisst es wieder für alle Fans und auch Kritiker: Die Schlagerparade ist da!

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