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Hofers Engel schützen weltweit ihre Besitzer

Der Bildhauer Andreas Hofer haucht Holz neues Leben ein. In Davos schafft er Schutzengel-Skulpturen – zwischen wenigen Zentimetern und 15 Metern hoch.

Südostschweiz
30.04.12 - 02:00 Uhr

Von Daniel Knep

Davos. – Sein Leben war immer dem Werkstoff Holz verpflichtet. «Tatsache ist aber auch, dass Holz nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es ist Träger der Skulptur, gibt einer Idee Raum», sagt der Davoser Andreas Hofer. «Dennoch darf ich nie den Respekt vor dem Holz verlieren, denn nur durch es lässt sich das umsetzen, was in meinem Kopf gewachsen ist.» Hofers Grossvater war Zimmermann, Schreiner und Säger. «Der Zugang zum Holz war ein natürlicher, es war automatisiert. Ich arbeite auch mit Granit, aber Holz als warmer, lebendiger Werkstoff ist mir das Liebste.» Der 41-jährige Hofer verwendet für seine Engel-Skulpturen die in Davos heimische Lerche. Passend zu den Engeln ist der Werkstoff: «Holz stirbt eigentlich nie, verändert sich mit dem Klima. Der Nachteil ist, dass es mit der Zeit vergeht.» Doch meist überleben Hofers Skulpturen ihre Besitzer, die auf der ganzen Welt verteilt sind. «Ich arbeite da, wo ich gebraucht werde.»

Prägender Schicksalsschlag

Hofer will mit seinen Engeln mehr positive Kraft in die Welt bringen. So hat er im baden-württembergischen Stuttgart sogar einmal die schwäbische Kehrwoche überlistet und dabei eine Schwarzkiefer gerettet. Der Baum nadelte und sollte gefällt werden, denn die 72-jährige Brigitte Gackstatter kam kaum nach, die Nadeln zusammenzukehren. Heute ragt der Baum in Form eines meterhohen Schutzengels über ihr Haus. Daneben steht eine weitere Figur aus Hofers Hand. «Umarmung» heisst das Kunstwerk, bei dem Hofer behutsam mit Hammer und Meissel gearbeitet hat.

Schutz und Friedenssymbolik sind Hofers Steckenpferd. «Das Thema hat mich immer begleitet», sagt Hofer, der in Brienz im Berner Oberland die Holzbildhauer-Schule absolvierte. Dort lernte er die Basis seines Berufs, das Handwerk: Die Kunst aber reizte ihn schon früh. Der gelernte Zimmermann fand auf Umwegen zu seiner Passion, Schicksalsschläge drängten ihn, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Ein schwerer Unfall liess Hofer nicht mehr weiterarbeiten in seinem gelernten Beruf – er musste zur Berufsberatung. Dort stiess er auf einen Prospekt der Holzbildhauer-Schule Brienz. Er schlug ihn auf und ein Relief sprang ihm ins Auge. Es prangt über dem Eingang seiner Grundschule in Davos. «Da war ich mir sicher, dass mein Weg in die Bildhauerei führt. Ich wusste, dass es die richtige Entscheidung ist.» Bereut hat er diese bis heute nicht, wenngleich am Beginn seines Berufslebens ein Schock steht.

Mit seinem Bruder, Hufschmied hatte dieser gelernt, wollte Hofer künstlerisch arbeiten. Doch der Bruder starb kurz vor der Aufnahme von Andreas Hofer in Brienz. Hofer biss die Zähne zusammen. Er arbeitete selbst das Grabmal seines Bruders aus. «Es wird nie mehr eine schwerere Aufgabe geben. Damals war mir klar, dass ich mir keine Sorgen machen muss, weil nichts Schlimmeres mehr passieren kann», sagt Hofer. Und tatsächlich, so berichtet er, gab es in seinem Berufsleben bis heute keine grössere Herausforderung.

Langer kreativer Prozess

Hofers Engel haben heute metallene Flügel. Das erinnert an seinen Bruder. Das Metall ist grob und unbearbeitet: «Wenn er wiederkommen sollte, hat er viel Arbeit.» Hofer ist ein gläubiger Mensch, aber auch einer, der behutsam mit seinen Überzeugungen umgeht: «Der Schutzengel ist ein Symbol für die heutige Zeit. Er hilft Menschen zu fühlen, dass sie auf ihrem Weg nicht alleine und geschützt sind. Das spricht auch die an, die nicht über Gott und Jesus Zugang zum Glauben haben.»

Die Engel sind Hofers Leidenschaft, doch er führt auch Auftragsarbeiten aus, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Ein Engel aus Hofers Hand kostet rund 4000 Franken. Erschaffen sind die Skulpturen recht schnell: «Ich bin ja Profi.» Doch der Handwerksleistung geht ein langer kreativer Prozess voraus. «Wer heute günstig und bis ins Detail perfekte Ornamente möchte, sollte auf im Computer hergestelltes Material zurückgreifen. Ich sehe aber mittlerweile eine Gegenbewegung hin zum Handwerk, es gibt immer mehr Menschen, die diese Art des Arbeitens schätzen.»

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