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Graubünden kennt seine Forellen zu wenig

Das Mindest-Fangmass für Bachforellen soll dank einer Studie neu überprüft werden. Es fehlen «ausreichende Grundlagen», um ein sinnvolles Mindestmass bestimmen zu können, heisst es beim Amt für Jagd und Fischerei.

Südostschweiz
09.10.14 - 02:00 Uhr

24 Zentimeter lang muss eine Bachforelle sein, ehe sie in Graubünden von einem Fischer entnommen werden darf. Ein Mindestmass, das in den benachbarten Kantonen und Ländern teilweise deutlich höher liegt. Grund des aktuellen Fangmasses ist die Reproduktion der Forellen. Bisher ging das Amt für Jagd und Fischerei (AJF) davon aus, dass Forellen bereits einmal gelaicht haben, wenn sie 24 Zentimeter lang sind.

In einer aktuellen Mitteilung auf der Webseite räumt das AJF nun aber ein, zu wenig über das Wachstum der Forellen zu wissen, um ein für die Reproduktion sinnvolles Fangmass bestimmen zu können. Deshalb werden in den kommenden drei Jahren die Forellen in 50 Gewässerabschnitten des Kantons untersucht. Anhand von Alters- und Reifegradbestimmungen soll klar werden, ab welcher Grösse die Bachforellen in den einzelnen Flussabschnitten geschlechtsreif sind. Anschliessend sollen individuelle Fangmasse für die verschiedenen Gewässer eingeführt werden.

Differenzierte Masse sind wichtig

Das Mindestmass für Bachforellen in Graubünden führt unter den Fischern bereits seit Längerem zu Diskussionen. An der Delegiertenversammlung des Kantonalen Fischereiverbands vor einem Jahr wurde eine Erhöhung des Masses um zwei Zentimeter abgelehnt. Der entsprechende Antrag stammte von Fischern aus dem Engadin. Verbandspräsident Rudolf Gerhard ist aber zuversichtlich, dass höhere Schonmasse auf Zustimmung stossen würden, wenn sie nicht einheitlich gelten: «In einigen Bergbächen erreichen die Bachforellen selten eine Länge von mehr als 28 Zentimetern. In anderen Gewässern, wie etwa dem Inn, wäre eine Erhöhung hingegen sinnvoll.»

«Aufwand lohnt sich»

Weniger Chancen sieht Gerhard für eine drastische Erhöhung der Fangmasse. Eine solche könnte dazu führen, dass die Forellen zwei Mal laichen können, ehe sie entnommen werden dürfen. «Dazu müssten die Schonmasse wohl um 28 Zentimeter liegen. Dies würde die Fangzahlen in den ersten Jahren stark reduzieren und deshalb auf ziemlich starken Widerstand stossen.» Zudem funktioniere die natürliche Fortpflanzung der Fische in vielen Gewässern gar nicht. «Im Albulatal zum Beispiel verhindert die Restwasserproblematik sowie Schwall und Sunk die Eigenverlaichung. Im Hauptfluss findet die Fortpflanzung heute praktisch gar nicht statt.» In den Flüssen und Bächen, in denen die Situation ähnlich ist, wäre eine solche Erhöhung kaum sinnvoll.

Für die anstehende Untersuchung kann das AJF auf Synergien mit dem Wasserforschungsinstitut der ETH Zürich (Eawag) zurückgreifen. Das Eawag forscht ab diesem Herbst an den Bündner Gewässern. Diese Studie konzentriert sich auf den Geschiebehaushalt in den Flüssen, die Diversität innerhalb der Fischarten und die Auswirkungen der Wasserkraft auf Fische und Algen. Gemeinsam werden Eawag und AJF 50 Elektrobefischungen in den kommenden drei Wintern durchführen – zur Laichzeit der Bachforelle. Dafür werden pro Untersuchungsstelle zwischen 50 und 100 Fische gefangen und untersucht. Alle Jungfische sowie sämtliche Fische, die laichreif sind, werden danach zurückgesetzt. Nur einige wenige Fische sollen zur Bestimmung des Reifegrads getötet werden. marc melcher

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