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«In Graubünden ist das Rad nicht überdreht»

Seit acht Jahren wird teils auch an Bündner Kindergärten hochdeutsch gesprochen. Zu hitzigen Kontroversen wie in anderen Kantonen führt das kaum.

Südostschweiz
08.06.14 - 02:00 Uhr

Kindergärtler werden zur Hälfte in Hochdeutsch unterrichtet

Von Milena Caderas

Rüebli oder Karotten? Am 18. Mai haben die Aargauer Stimmbürger Hochdeutsch im Kindergarten verboten. In Aargauer Kindergärten darf künftig nur noch Schweizerdeutsch gesprochen werden: Mit 121 587:97 440 ist eine entsprechende Initiative der Schweizer Demokraten angenommen worden. Um diesen Disput bleibt es – neben den anderen Sprachenkonflikten – im dreisprachigen Graubünden erstaunlich ruhig.

<strong>Seit 2006 werden </strong>die Kindergärtler in Deutschbünden zur Hälfte in Hochdeutsch und Dialekt unterrichtet. Für die romanisch- oder italienischsprachigen Regionen gelten andere Regeln. Festgehalten sind die Sprachgrundsätze im «Konzept zur systematischen Förderung des Hochdeutschen in den Kindergärten des Kantons Graubünden», das von der Pädagogischen Hochschule unter der Leitung von Hans Studer ausgearbeitet worden ist.

Laut Andrea Caviezel, Leiter des Schulinspektorats Graubünden, steht die kindbezogene Sprachförderung im Vordergrund. Antwortet ein Kind beispielsweise anders als angesprochen, ist das Teil des spielerischen Umgangs mit Sprache und wird akzeptiert. Der Übergang in die Schule werde durch das langsame Annähern an die Standardsprache erleichtert, ist Caviezel überzeugt.

<strong>Beim Amt für Volksschule</strong> und Sport kann mittlerweile auf acht Jahre Erfahrung zurückgeblickt werden. «Unsere Erfahrungen seit der Einführung sind absolut positiv. Es sind null Reklamationen eingegangen», so Caviezel. Bestätigt wird dieser Eindruck von Christine Hügli–Hartmann, Co-Präsidentin des Vereins Kindergartenlehrpersonen Graubünden. «Weil zum Beispiel Eltern merken, dass wir den Dialekt nicht unterordnen, hat sich diese Lösung gut etablieren können», sagt Hügli-Hartmann.

Dass in Graubünden keine hitzige Diskussion geführt wird, erklärt sich Caviezel nicht zuletzt damit, dass der Kanton nie auf radikale Lösungen gesetzt hat und die geltende Regelung gut akzeptiert ist. «Das Rad ist in Graubünden nicht überdreht worden», sagt er weiter. Wo nicht zuletzt zugunsten fremdsprachiger Kinder ganz auf Hochdeutsch gesetzt worden sei, komme es jetzt halt zu einer Gegenbewegung. «Der Impuls für Hochdeutsch im Kindergarten ist von den Kindergärtnerinnen ausgegangen», betont Caviezel. Ihm ist wichtig, dass klar wird, dass der Wunsch nach Hochdeutsch im Kindergarten nicht von Behörden, sondern von den Lehrpersonen an der Front ausgegangen ist.

Ob Rüebli oder Karotten: In Bündner Kindergärten gibt man sich entspannt. Daran dürfte auch der jüngste Entscheid für mehr Schweizerdeutsch in Kindergärten aus dem Kanton Aargau nichts ändern.

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