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Gleiche Rechte für Mann und Frau nach der Scheidung

Gestern hat der Ständerat Neuerungen im Sorgerecht beschlossen. Ein Väter-Vertreter sieht nun neue Möglichkeiten.

Südostschweiz
05.03.13 - 01:00 Uhr

Von Karen Schärer

Bern. – Oliver Hunziker legt die Arme auf die Brüstung und lehnt sich auf seinem Stuhl weit vor, sodass er von seinem Platz aus auf der Zuschauertribüne Ost Bundesrätin Simonetta Sommaruga im Blickfeld hat. Sie erörtert im Ständeratssaal die Positionen des Bundesrats bezüglich des vorgeschlagenen neuen Rechts über die elterliche Sorge.

Sie spricht seine Worte

Die Justizministerin sagt, dass die elterliche Sorge aus Rechten und Pflichten der Eltern gegenüber den Kindern bestehe; sie spricht von der Gleichwertigkeit der Mutter-Kind- und der Vater-Kind-Beziehung; sie erwähnt die «elterliche Verantwortung». Hunziker beugt sich herüber, flüstert: «Das ist unser Vokabular! Es ist schön, diese Begriffe von bundesrätlicher Warte aus zu hören!»

Die Elternorganisation «Verantwortungsvoll erziehende Väter und Mütter» (VEV Schweiz), die Oliver Hunziker präsidiert, hat die Revision des Sorgerechts eng begleitet. Im Frühling 2011 sorgten Interessenorganisationen mit der Aktion «Schick en Stei», welche Hunziker mitinitiierte, dafür, dass die Vorlage über die gemeinsame elterliche Sorge nicht verschoben wurde.

Gesetzesrevision als Etappenziel

Gestern befasste sich der Ständerat nun als zweite Kammer mit der Gesetzesrevision, und Hunziker konstatiert: «Wir sind mit unserer Argumentation angekommen.» Dabei ist Hunziker mit seinen Positionen keineswegs aufdringlich. Der 47-Jährige sagt denn auch: «Ich bin kein Lobbyist, sondern ich habe ein Anliegen, für das ich mich mit Herz und Seele einsetze.»

Der Ständerat hat gestern bestätigt, was der Nationalrat vor ihm beschlossen hatte: Nach einer Trennung oder Scheidung soll das gemeinsame Sorgerecht zum Regelfall werden. Seit zehn Jahren arbeitet Hunziker auf dieses Ziel hin. Für den Aargauer ist es indes nur ein Etappenziel: «Die gemeinsame elterliche Sorge stärkt Väter und gibt ihnen neue Möglichkeiten.» Indem Väter und Mütter nach einer Trennung oder Scheidung neu dieselbe Ausgangslage haben, könnten Väter ihre Anliegen und Ansprüche besser formulieren, sagt Hunziker. So könnten sie zum Beispiel eher erreichen, dass sie ihre Kinder gleichberechtigt betreuen dürfen, anstatt sie nur alle 14 Tage zum Besuch zu empfangen. «Das heutige System ist einseitig, das neue Gesetz hingegen ermöglicht fairere Verhandlungen zwischen den Eltern.»

Der Ständerat hat gestern in zwei gewichtigen Punkten eine Differenz zum Ständerat geschaffen: Bereits geschiedene Väter und Mütter, die auf das Sorgerecht verzichten mussten, sollen nach Inkrafttreten des Gesetzes das gemeinsame Sorgerecht nur dann beantragen können, wenn die Scheidung nicht mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Nationalrat hatte dafür keine zeitliche Limite gesetzt.

«Zügelverbot» gelockert

Und zweitens soll das kontrovers diskutierte sogenannte «Zügelverbot» nur das Kind betreffen: Wollte der Nationalrat, dass bei einem Umzug eines Elternteils der jeweils andere zustimmen muss, lockert der Ständerat nun diese Bestimmung. Nur wenn der Aufenthaltsort des Kindes geändert wird, muss der andere Elternteil die Zustimmung geben.

Hunziker, der Vorkämpfer für die Gleichstellung, begrüsst diese Regelung: «Damit liegt der Fokus auf dem Kind, und dort gehört er auch hin.» Leider könne damit aber nicht verhindert werden, dass der andere Elternteil wegziehe, was aus Sicht des Kindes schade sei.

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