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Gefallen 1916 an der Dreisprachenspitze

Der Emser Veterinärstudent Georg Matheu Cathomas gilt als einziger Schweizer Soldat, der im Ersten Weltkrieg einer Kugel zum Opfer gefallen ist. Die Anteilnahme an diesem tragischen Tod war in seinem Heimatort gross.

Südostschweiz
20.09.14 - 02:00 Uhr

claudio willi

Der «grosse Krieg», wie der Erste Weltkrieg genannt wurde, fand sozusagen auch vor der Bündner Haustüre statt, hautnah erlebten die Truppen am Umbrail die jahrelangen erbitterten Kämpfe und den Stellungskrieg zwischen Italien und Österreich im Hochgebirge. Wenn die Schweiz auch vom direkten Kriegsgeschehen verschont blieb, waren es auch schwierige Zeiten für unser Land, und gegen Kriegsende verstarben zahlreiche Menschen an der grassierenden Grippe.

Aber auch durch das Kriegsgeschehen war ein Todesopfer zu beklagen. Der Emser Georg Matheu Cathomas, geboren 1893, fand als Aussenposten am 4. Oktober 1916 an der Dreisprachenspitze einen tragischen Tod Er ist der einzige Schweizer Soldat, der bei der Ausübung seiner Dienstpflicht von feindlichen Kugeln getötet wurde. Schauplatz war die Dreisprachenspitze in der jahrelang erbittert umkämpften Hochgebirgsregion im Gebiet Umbrail-Stilfserjoch: Im Osten Österreich-Ungarn, im Westen Italien, und dazwischen diese Ausbuchtung des Schweizer Staatsgebiets. So kam es auch vor, dass sich die beiden Staaten Österreich-Ungarn und Italien sprichwörtlich über die Köpfe der Schweizer Grenzsoldaten bekriegten. Grenzposten lagen in der Schussbahn der italienischen Geschütze. So auch am 4. Oktober 1916, als rund 30 Schüsse auf Schweizerboden einschlugen. Durch einen der ersten Schüsse wurde Füsilier Cathomas vom Bataillon 91 tödlich getroffen. Cathomas leistete im Herbst beim Bat.85 Dienst, um im Winter sein Studium in Fribourg fortsetzen zu können. Am 4. Oktober, anlässlich des Namensfestes des Kaisers, hätten die österreichischen Truppen ihre Fahnen gehisst, was den Italienern «Anlass zu einem lebhaften Bombardement gegeben» habe, wie berichtet wird. Cathomas ist einer Kugel zum Opfer gefallen. Der Schuss durchquerte Oberarm und Brustkorb, der Tod traf unverzüglich ein. Cathomas war «ein sehr guter Soldat und Kamerad», hält der Glarner Bataillonskommandant in seinem Rapport fest.

Grabgeleit mit militärischen Ehren

Bestürzung und Trauer über den tragischen Vorfall fanden weit über Ems hinaus ihren Widerhall. Besonders eindrücklich das Grabgeleit am 6. Oktober 1916 auf dem Friedhof Sogn Gion, wo der Gefallene mit allen militärischen Ehren zu Grabe getragen wurde. «Kein Auge blieb trocken», als der Feldprediger des Regiments 36, Hauptmann Cahannes, die ergreifende Abschiedsrede gehalten und aus einem Brief des Sohnes an seine kranke Mutter zitiert habe, schilderte die Presse die ergreifende militärische Beisetzung. Die Familie des Kriegsopfers sollte finanziell etwas entschädigt werden, um zumindest so Mutter Katharina Cathomas-Baschnonga, die seit Jahren als Witwe in kargen finanziellen Verhältnissen lebte, den schmerzlichen Verlust lindern zu helfen. Der Bundesrat wurde gebeten, sich beim italienischen Staat für eine Entschädigung einzusetzen. Sohn Georg hätte «die Stütze der Familie» werden sollen. Mit Cathomas sei einer «unserer besten Kreisgenossen und Schweizer Eidgenossen getroffen worden», heisst es in dem Schreiben des Kreispräsidenten an Bundesrat Felix Calonder nach Bern. Der Bundesrat intervenierte erfolgreich in Rom, die Familie des Kriegsopfers erhielt später vom italienischen Staat eine Entschädigung.

Gedenktafel auf Sogn Gion

Seit Dezember 2004 erinnert eine Gedenktafel im Vorhof zur Friedhofskirche Sogn Gion an diesen tragischen Vorfall. «Zum Gedenken an unseren Mitbürger Georg Matheu Cathomas, Stud. med. vet, geboren in Domat/Ems 1893, im Dienste des Vaterlandes stehend, ist er am Umbrail am 4. Oktober 1916 einer verirrten italienischen Kugel zum Opfer gefallen», lautet die Inschrift. Diese Gedenktafel steht in der Ehrengalerie in einer Reihe mit anderen Persönlichkeiten – von Fidel Crufer, Hauptmann der päpstlichen Armee (1820–1884) bis zu Ständerat Georg (Gieri) Willi (1884– 1946) – die das Andenken an verschiedene Persönlichkeiten wach halten. Es war der frühere Bürgerpräsident Pieder Cathomas-Jörg (1926–2005) , der über seinen Vorfahren recherchierte, den Briefwechsel mit Bern und Rom auswertete und noch für die Aufstellung der Ehrentafel im Jahre 2005 gesorgt hatte.

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