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Eine Würdigung der Ära Ragettli

Neulich hat der Heimatschutz seinen langjährigen Präsidenten und Geschäftsführer Jürg Ragettli verabschiedet, der nun in Buchs als Bauverwalter wirkt.

Südostschweiz
06.11.11 - 01:00 Uhr

Vier Sätze aus seinen Jahresberichten mit kurzem Kommentar sagen, wie und weshalb der Verein eine Stimme der Architektur, Planung und Baukultur in Graubünden geworden ist.

«Die Generalversammlung hat beschlossen, dass der Bündner Heimatschutz für die Erweiterung und Renovation der Villa Garbald in Castasegna ein Wettbewerbsverfahren finanziert, um damit für das vorbildliche Projekt auch eine qualitätsvolle bauliche Lösung zu erreichen (2001).» Frühzeitig einmischen, nicht erst wenn Unverstand zerstört hat. Mittel dazu ist der Architekturwettbewerb. Für die Villa Garbald, für den Kiosk in der Viamala, für das Bahnmuseum in Bergün.

«Über die Zukunft dieses höchst zentralen Ortes im Hintergrund von Kathedrale und Hof ist eine grundsätzliche Diskussion notwendig (2001).» Im Kampf um die Kantonsschule in Chur zog Ragettli alle Register politischer Arbeit, von der architektonischen Studie übers Reden schwingen, Leserbriefe und Inserate texten bis zum Organisieren der Architekten, so breit, dass auch die, die sonst nichts miteinander zu tun haben, auf einem Flugblatt Platz fanden. Die Kantonsschule ist nicht abgebrochen, sie steht in reparierter Frische.

«Der wichtigste Beitrag zum Jubiläumsjahr ist der Tatendrang, mit dem die aktuellen Geschäfte vorangetrieben werden (2005).» Die Jahresberichte zählen weit über hundert auf. Von der grossen Einmischung in den Bahnhof Chur bis zum kleinen Beitrag an die Monografie der «Sprecher-Häuser», vom verlorenen Streit um den Gipfel des Aroser Weisshorns bis zur wirkungslosen Stellungnahme zur Revision des kantonalen Richtplans. Dank einer Erbschaft gibt es genügend Kapital, das vielfältig eingesetzt wird.

«Ein tiefes, grosses Wurzelwerk gibt einem Baum Halt und Kraft für eine mächtige Gestalt. In der Architektur ist die Kenntnis der Vergangenheit Basis für neue grosse Werke (2005).» Dieser Präsident hat mit seinem Vorstand zum Blühen gebracht, was seine Vorgängerinnen und Vorgänger mit einem Putsch gegen die alte, stockkonservative Garde bereitet haben: einen profilierten, wachen Heimatschutz, der sich einmischt und so kulturpolitischen Erfolg will und findet.

Köbi Gantenbein ist Chefredaktor von «Hochparterre». Er lebt und arbeitet in Zürich und Fläsch und ist Mitglied des Bündner Heimatschutzes.

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